Die verratene Nacht
schlimm ist es denn normalerweise? Sie haben einen Motor zertrümmert, ein paar Pistolen gefunden, haben etwas in großen Fässern mitgenommen und haben jedes Haus von oben bis unten durchsucht. Aber es wurde niemand verletzt oder mitgenommen.“ Seine Stimme troff vor Bitterkeit.
„Dann ist es ja gut.“
„Dann ist es ja gut ? Ist das normal? Wie oft kommt so was denn vor?“
An Theo hatte sich etwas verändert. Er schien vor ihren Augen zu altern – natürlich nicht im wörtlichen Sinn, aber etwas an seinem Blick. Sie erwiderte, „es passiert oft genug. Ein paar Mal im Jahr. Die Dinge, die sie mitnehmen – das ist zu unserem eigenen Schutz, es ist wie eine Art Frühjahrsputz–“
„Das ist jetzt ein Scheißwitz von dir, oder?“, sagte Theo mit einer tiefen, gefährlichen Stimme. „Die kommen einfach rein und nehmen Sachen mit? Durchsuchen? Zerstören Dinge? Und es ist zu eurem eigenen Schutz ?“ Seine Augen funkelten vor Zorn und Entsetzen. „Erklär mir, wie das zu eurem eigenen verdammten Schutz ist!“
Selena wusste erst gar nicht, was sie sagen sollte; ihr Gehirn war immer noch Brei von dem Schock. „Nun“, begann sie und suchte nach Worten, die ihm helfen würden zu verstehen. „Es ist so das Beste. Waffen sind gefährlich. Sie sind noch von vor dem Wechsel übrig – heute stellt niemand sie mehr her – und die Welt vorher war voller Gewalt. Damals haben alle sie benutzt und es wurden ständig Leute getötet. Sie sind unvorhersehbar und tödlich und wir brauchen sie jetzt einfach nicht.“ Die Worte purzelten aus ihr heraus, Worte, die sie wieder und wieder gehört hatte. Worte, an die sie sich zwang zu glauben, und – noch wichtiger – die sie Sam auch eingebläut hatte.
Es war sicherer so.
Theo starrte sie gerade an, als hätte sie drei Köpfe. „Glaubst du das denn oder ist das etwas, was man dir gesagt hat?“, flüsterte er. Sein Gesicht sah rau und mitgenommen aus. „Ich hatte keine Ahnung...“ Er schüttelte den Kopf und fuhr sich wüst mit einer Hand durchs Haar, was es wieder zu Stacheln aufspringen ließ. „Kommen sie je hierher?“
„Manchmal. Schon eine Weile nicht mehr. Da gibt es einen, der sich vor mir ein bisschen gruselt.“
„Was meinst du damit? Meinst du, weil du die Todeslady bist? Oder das andere...“
„Die kamen einmal her, vor ein paar Jahren. Vier von ihnen. Einer von ihnen hatte eine Todeswolke um ihn herum, die gerade blau wurde – aber es schien ihm nichts zu fehlen. Ich war wütend, dass sie hier waren, alle bei der Arbeit störten und alles absuchten, und ich habe ihnen gesagt, dass der Mann jeden Augenblick sterben würde. Als der Anführer – er heißt Seattle und er ist ein –was? Kennst du ihn?“
„Oh ja, ich kenne den Wichser. Er ist derjenige, der mir die verdammte Kugel in die Brust gejagt hat und mich fast getötet hätte.“
„Nun, genau genommen hat er dich getötet.“
„Stimmt.“ Ein bisschen Humor blitzte da in seinen Augen auf, aber es war auch sogleich wieder verschwunden. „Was ist mit dem Typen mit der blauen Wolke passiert?“
„Er ist natürlich gestorben. Und das, während sie hier waren – obwohl ich das nicht erwartet hatte. Es war nur Zufall. Er hatte einen Herzanfall oder so etwas Ähnliches und ist einfach tot zusammengebrochen. Die Snoopies sind kurz danach aufgebrochen und wir haben seither nicht das Vergnügen eines Besuchs von ihnen gehabt. Ich denke, dass Seattle sich davor fürchtet, dass ich seinen Tod voraussage“, fügte sie trocken hinzu.
„Aber Frank hat dann dennoch – mit dieser Türattrappe – Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um sicher zu gehen, dass sie die Sachen in den Arkaden nicht finden. Und ... was versteckt er denn hinter dem Haus?“
Selena fühlte, wie ihre Augen ganz groß wurden. „Du weißt also davon?“
Theo nickte. „Jep. Wenn ich raten müsste, würde ich annehmen, dass er da hinten etwas anbaut und nicht will, dass die das entdecken.“
„Du würdest richtig liegen“, sagte sie. „Diese großen Fässer, wegen denen die Snoopies gekommen sind – die sind für Kakaobohnen. Die Leute von Yellow Mountain haben die Aufgabe erhalten, für die Elite Kakaobäume anzupflanzen, und das ist die Ernte. Ich denke, es ist für etwas–“
„Schokolade. So kriegen sie die Schokolade“, sagte Theo. „Sie benutzen sie manchmal als Bestechung. Die Fremden. Ich habe sie dabei gesehen. Wo ist das alles denn? Ich habe hier nirgends Schokolade gesehen.“
„Wir bekommen nichts
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