Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
hatten. Obwohl sie durch Zeit und Raum weit von den Ursprüngen der Menschheit entfernt waren, ließen sich diese Syndiks mit den uralten Bewoh-nern einer kleinen Insel vergleichen, die zum ersten Mal ein Schiff zu sehen bekamen. Und dann waren diese Schiffe auch noch Kriegsschiffe ihrer Erzfeinde!
Desjani stand stocksteif neben ihm, während sie mit reglo-ser Miene beobachtete, wie diese Fremden an Bord ihres Schiffs kamen.
Als Geary den Mann wiedererkannte, mit dem er über die Videoverbindung gesprochen hatte, ging er auf ihn zu. »Willkommen an Bord des Flaggschiffs dieser Allianz-Flotte. Wir müssen Sie alle bewachen, außerdem ist ein Kriegsschiff nicht dafür ausgelegt, viele Passagiere an Bord zu nehmen, weshalb Ihre Quartiere recht beengt ausfallen werden.«
Der Mann nickte. »Ich bin der Bürgermeister von … nun, ich war einmal der Bürgermeister von Alpha. Wir haben keinen Anlass, uns über die Bedingungen zu beklagen. Es ist warm, wir können atmen. Ehrlich gesagt wussten wir nicht, ob unsere Lebenserhaltungssysteme bis zum Eintreffen Ihrer Shuttles durchhalten würden.« Den Augen des Mannes war anzusehen, dass ihm die Erinnerungen an ein quälendes Warten noch immer zu schaffen machten. »Aber wenigstens wussten wir, Sie waren auf dem Weg zu uns. Seit der Konzern sich zurückgezogen hat, ist kein Schiff mehr zu uns gekommen. Bevor Ihre Nachricht uns erreichte, waren wir im Begriff auszulosen, wer die Kuppel verlassen und wer bleiben sollte. Allerdings mein-ten einige, die Alteren sollten gar nicht erst Hölzchen ziehen, weil wir ohnehin nicht so lange durchhalten würden.«
Man konnte sich nur zu gut vorstellen, was diese Leute empfunden haben mussten. »Warum wurden Sie nicht evakuiert, als alle anderen das System verließen?«
Diesmal reagierte der Bürgermeister mit einer ratlosen Geste. »Das wissen wir nicht. Wir alle haben für Subunterneh-men des gleichen Konzerns gearbeitet, und unsere Vorgesetzten verließen unseren Planeten mit dem letzten Schiff, das von einer anderen Gesellschaft geschickt worden war. Man sagte uns, die nächsten Schiffe würden bald eintreffen, aber danach geschah nichts mehr.«
»Wir bringen Sie nach Cavalos, also nehme ich an, dass Ihre Schiffe letztlich doch noch eingetroffen sind.«
Der Bürgermeister grinste nervös. »Besser spät als gar nicht, so sagt man doch. Sie erwähnten, dass Sie Captain John Geary sind, stimmt das? Wir kennen den Namen aus unseren Ge-schichtsbüchern, allerdings steht in denen wahrscheinlich etwas anderes geschrieben als in Ihren. Sind Sie sein Enkel?«
»Nein, ich bin es selbst«, antwortete er kopfschüttelnd und fügte hinzu: »Das ist eine lange Geschichte, aber lassen Sie sich gesagt sein, dass ich bei Grendel die erste Schlacht dieses Krieges ausgetragen habe, und wenn die Lebenden Sterne es wollen, werde ich auch noch die letzte Schlacht dieses Krieges miterleben.«
Der Mann wich unwillkürlich vor ihm zurück und sah ihn mit großen Augen an. Neben ihm stand eine Frau, die unablässig zwischen ihm und Geary hin und her schaute und dann wieder zu den drei Kindern sah, die sich an ihr festklammer-ten. Der älteste Junge bemerkte, wie sein Vater leicht zurück-zuckte, und warf daraufhin Geary einen trotzigen Blick zu.
»Wagen Sie es ja nicht, meinem Vater was anzutun!«
Bevor Geary etwas erwidern konnte, bemerkte er, dass Desjani neben ihm stand. Sie betrachtete den Jungen, wobei ihr Gesicht zwar noch immer keine Regung zeigte, während ihre Augen von einer unerklärlichen Traurigkeit erfüllt waren. »Deinem Vater wird auf meinem Schiff nichts geschehen, wenn er nichts unternimmt, was meinem Schiff schaden könnte.«
Der Junge schob sich zwischen Desjani und seine Mutter.
»Wir können Ihnen nicht glauben. Wir wissen, was Sie getan haben.«
Zu Gearys Verwunderung kniete sich Desjani hin, damit sie auf Augenhöhe mit dem Jungen war. »Junger Mann von den Syndikatwelten«, sprach sie den Jungen an, als wäre er bereits so alt wie sein Vater. »Unter dem Kommando von Captain John Geary greift die Allianz-Flotte nicht länger die Unschuldigen oder die Hilflosen an. Und selbst wenn er sein Kommando abgeben sollte, würden wir nicht wieder so handeln, weil er uns daran erinnert hat, was die Ehre von einem Krieger verlangt. Du musst deine Familie nicht vor uns beschützen.«
Dem Jungen fehlten die Worte, weil er nicht glauben konnte, dass sie ihn ernst genommen hatte, und er nickte nur stumm.
Desjani stand auf, sah den Jungen
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