Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
als so völlig profillos erwiesen, dass Geary Mühe hatte, sich das Gesicht des Mannes einzuprägen.
Unter idealen Umständen hätte er die drei längst ausgetauscht, aber wenn eine Flotte um ihr Leben rannte, da sie sich auf feindlichem Territorium befand, lagen ganz sicher keine idealen Umstände vor - erst recht, wenn die Flottenpolitik Gearys Kommando an einem seidenen Faden hängen ließ und er es sich nicht leisten konnte, zu sehr von oben herab zu agieren. Einige Offiziere würden als Folge solcher Entscheidungen nur noch vehementer gegen ihn agieren, während sich bei anderen der Eindruck festigen würde, Geary sei auf dem besten Weg, in die Rolle des Diktators zu schlüpfen, was manche von ihnen erhofften, andere dagegen befürchteten.
Er legte die Stirn in Falten. »Ich möchte nicht auf mehrere größere Schiffe verzichten, nur weil die drei Schlachtschiffe Probleme verursachen könnten.«
»Wenn im Wrack der Audacious tatsächlich unsere Leute gefangengehalten werden«, betonte Desjani, »dann werden alle verfügbaren Shuttles benötigt, um sie von dem Schiff zu holen. Außerdem werden dann Schiffe gebraucht, die geräu-mig genug sind, um die befreiten Gefangenen zumindest vo-rübergehend an Bord zu nehmen.«
»Gutes Argument.« Damit blieb aber immer noch das Problem von zwei Schiffskommandanten, denen es nicht gefallen würde, bei den Hilfsschiffen zu bleiben und sich nicht an den Kämpfen beteiligen zu können. Kommandanten, die einen Weg finden würden, seinen ausdrücklichen Befehl zu ignorieren. Wenn sie das taten, um sich ins Kampfgetümmel zu stürzen, würden die meisten anderen Befehlshaber ihnen das nicht einmal übel nehmen, und sie würden auch nicht Geary den Rücken stärken, wenn er den Befehlsverweigerern die Hölle heiß machte, weil sie ihre Aufgabe als Eskorte für die Hilfsschiffe vernachlässigt hatten. Die Doktrin des Angriffs um jeden Preis war diesen Leuten in Fleisch und Blut überge-gangen und ließ sich so leicht nicht austreiben. Er warf einen Blick nach hinten, wo Co-Präsidentin Rione saß und dem Geschehen mit ausdrucksloser Miene folgte. »Madam Co-Prä-
sidentin, ich würde Sie gern um einen Ratschlag bitten, wie man einen Befehl formulieren könnte, um …«
»Ich habe Sie gehört«, unterbrach Rione ihn. »Vielen Dank, dass Sie so gnädig sind, mich in Ihre Diskussion einzubeziehen.« Sie ließ eine Pause folgen, die gerade lang genug war, um ihre Worte wirken zu lassen. »Sie schicken diese Schiffe los, um sicherzustellen, dass unsere Leute, die vor Kurzem in Gefangenschaft geraten sind, befreit und in Sicherheit gebracht werden. Wenn ein Syndik-Kriegsschiff in die Nähe des Wracks der Audacious gelangt, könnte diese Rettungsmaßnahme ge-stört werden und sogar dazu führen, dass einige dieser Gefangenen gelötet werden. Welche Rechtfertigung benötigen Sie noch? Was kann für ein Schiff ehrenvoller sein als der Auftrag, für eine sichere Rettung unserer Leute zu sorgen?«
Geary nickte. »Sehr treffend formuliert, Madam Co-Präsidentin.« Damit blieb die Frage unbeantwortet, wen er losschicken sollte. Er ließ seinen Blick über das Display wandern und versuchte zu entscheiden, wem er vertrauen konnte und wer nicht über alle Maßen daran Anstoß nehmen würde, wenn ihm diese eigentlich ehrenvolle Aufgabe übertragen wurde, auch wenn sie ihn nicht an vorderster Front agieren ließ. Ihm war bereits die Meinung zu Ohren gekommen, er würde bestimmte Offiziere bevorzugt behandeln, und es half ihm nicht, wenn er diesen Eindruck noch verstärkte, auch wenn der in vieler Hinsicht sogar der Wahrheit entsprach. Er konnte verschiedene Commander besser leiden als andere, weil sie fähig und zugleich aggressiv waren, intelligent und tapfer, und weil ihre Loyalität der Allianz galt und sie nicht aus politischem Kalkül heraus handelten, um ihre Karriere voranzu-treiben. Beispielsweise Captain Cresida …
Deren Schlachtkreuzer Furious gehörte zusammen mit der
Implacable zu den letzten Uberlebenden der Fünften Schlachtkreuzerdivision. Sie benötigte genau zwei Schiffe. »Ich schicke Cresida hin. Ihr Schiff und die Implacable.«
Desjani zuckte kurz mit den Augenbrauen. »Sie ist es gewöhnt, sich im dicksten Kampfgetümmel aufzuhalten.«
»Ganz genau. Sie hat unter Beweis gestellt, dass sie fähig ist, diese Aufgabe zu erledigen.«
»Da bin ich aber froh, dass ich nicht diejenige bin, die ihr das verkünden wird, Sir«, meinte sie ironisch.
»Wir sind fast eine
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