Die Verschollene Flotte Der Hinterhalt
befehlen.«
»Das ist eigenartig«, merkte Geary an. »Ich habe mit einigen Marines gesprochen. Sie sagen, sie müssen erst die Individuen entmenschlichen, die sie töten sollen, damit sie kämpfen können. Und sie machen sich Sorgen, dieser Prozess könnte zu weit gehen und sie könnten dabei Individuen töten, von denen eigentlich keine Bedrohung ausgeht. Auf der anderen Seite sind da die hochrangigsten Offiziere, die nie einem einzelnen Feind gegenübergestanden haben, und sie müssen sie gleich zu Hunderttausenden oder noch mehr entmenschlichen.«
»Manchmal frage ich mich«, sprach sie nach einer kurzen Pause, »ob die Aliens recht haben, dass die Menschheit sich eines Tages selbst auslöschen wird.«
»Ich will es nicht hoffen. Wie es scheint, hat es bei vielen Leuten in dieser Flotte einen tiefen Eindruck hinterlassen, dass sie mitansehen mussten, was sich bei Lakota abgespielt hat. Man kann sich innerlich nicht von einem Ereignis distanzieren, bei dem man miterlebt hat, wie eine bewohnte Welt mit einem einzigen Schlag so entsetzlich verwüstet wird.«
»Ja, das scheint tatsächlich Wirkung gezeigt zu haben. Und was ist mit Captain Cresida? So wie sie Tulev angesehen hat, verbindet die beiden irgendwas. Stammte sie auch von Elyzia?«
»Nein, aber ihr Ehemann war Flottenoffizier. Sie waren gerade mal ein Jahr verheiratet, als er bei einem Gefecht getötet wurde.«
»Wie lange ist das her?«
»Zwei Jahre.«
Rione nickte. »Auch nach zehn Jahren rechne ich immer wieder damit, doch noch irgendwann meinen Mann wiederzusehen. Würde Captain Cresida meine Beileidsbekundung annehmen?«
»Ich glaube schon. Sie hat mit mir nie darüber gesprochen, aber Sie beide haben den gleichen Verlust erlitten.«
Ihr Seufzer klang wie der letzte Atemzug eines sterbenden Marathonläufers. »Ich weiß nicht, ob die lebenden Sterne Sie tatsächlich geschickt haben, John Geary, aber es gibt Momente, da denke ich über diesen Krieg nach und bete mit aller Kraft, dass sie Sie wirklich geschickt haben und dass Sie dem Ganzen ein Ende bereiten können.«
Dann ging sie, und Geary saß da und starrte auf die geschlossene Luke.
Drei
Heradao.
Als die Schiffe der Allianz-Flotte von Dilawa kommend den Sprungraum verließen, war Gearys erster Gedanke, dass es bis nach Hause nur noch drei Sprünge waren.
Sein zweiter Gedanke galt der Frage, wie schwierig es wohl würde, das Heradao-Sternensystem zu durchqueren. Die Antwort darauf sollte er schon bald bekommen.
Die Sensoren der Flotte, die empfindlich genug waren, um auch winzige Objekte über Entfernungen von mehreren Lichtstunden zu erfassen, suchten die Umgebung ab und aktualisierten hektisch das vor Geary befindliche Display.
»Sie sind hier«, stellte Desjani gelassen fest, auch wenn ihre Augen aus Vorfreude auf das bevorstehende Gefecht aufblitzten. »Aber nicht in unserer unmittelbaren Nähe.«
Geary zwang sich ruhig und gleichmäßig zu atmen, während auf seinem Display immer mehr Lichtpunkte aufleuchteten, die feindliche Schiffe darstellten. Die Hauptflotte der Syndiks, die ihre gewohnte Kastenformation eingenommen hatte, war fast vier Lichtstunden entfernt und hielt sich in einem Orbit um den Stern Heradao selbst auf. Eine zweite, deutlich kleinere Flotte befand sich mit rund fünf Lichtstunden noch etwas weiter von den Allianz-Schiffen fort. Wie Desjani bereits gesagt hatte, konnte man nicht von einer unmittelbaren Nähe zu seiner Flotte reden. Selbst wenn die größere Syndik-Flotte sofort aufbrach und auf einen Abfangkurs zu den Allianz-Schiffen ging, würde immer noch mehr als ein Tag vergehen, ehe die beiden Streitkräfte sich einander so weit angenähert hatten, um den Kampf zu beginnen. »Ich dachte, wir würden hier auf mehr Verteidigungsanlagen stoßen, wo wir doch so dicht an der Grenze sind.«
Desjani machte eine vage Geste. »Ja und nein. Es war eigentlich zu erwarten, dass sie mehr und größere Kriegsschiffe in dieses System schicken, um uns aufzuhalten. Diese kleinere Flotte dürfte wohl die Streitmacht darstellen, die üblicherweise Heradao bewacht. Aber es wundert mich nicht, dass hier keine festen Verteidigungseinrichtungen zu entdecken sind. Wir sind noch immer zwei Sprünge von einem an der Grenze gelegenen Syndik-System entfernt. Die Grenzsysteme haben bei der Verteidigung Vorrang. Ganz bestimmt würden die Syndiks auch die weiter von der Grenze entfernten Systeme besser ausstatten, aber sie stehen vor dem gleichen Problem wie wir: die nötigen
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