Die Verschollene Flotte Fluchtpunkt Ixi
Eine gute Offizierin, die ihren Posten nicht verlassen wollte. »Ich sagte ihr, sie solle gehen. Ich gab ihr den direkten Befehl, doch sie wollte nicht auf mich hören.« Er atmete tief durch und fühlte mit einem Mal wieder all das, was damals auf ihn eingestürmt war. »Ich sagte ihr, sie würde gebraucht. Ich sagte, dass die Allianz gute Offiziere braucht, um sich gegen die Syndiks zur Wehr zu setzen und Vergeltung zu üben für diesen Überraschungsangriff. Ich machte ihr klar, dass ihre Ehre von ihr verlangte, das Schiff zu verlassen. Dann endlich ging sie.«
Desjani nickte betrübt. »Wissen Sie, was aus ihr geworden ist?«
»Ja. Vor einem Monat konnte ich mich endlich dazu durchringen, die offiziellen Aufzeichnungen der Gefallenen durchzusehen.« Schon eigenartig, welche Überwindung es ihn gekostet hatte, ihren Namen einzutippen und herauszufinden, was aus Lieutenant Commander Decala und all den anderen Besatzungsmitgliedern geworden war. »Sie starb fünf Jahre nach Grendel, als ihr Schiff beim Angriff auf ein Syndik-Sternensystem zerstört wurde.« Vor fünfundneunzig Jahren, als Geary im Kälteschlaf gelegen hatte.
Desjani ließ den Kopf sinken. »Mein Beileid, Sir. Seit damals ruht sie sicher in Ehren im Kreise ihrer Vorfahren.«
»Das sage ich mir auch.« Er riss sich zusammen. »Danke, dass Sie gefragt haben, Tanya. Das gehörte mit zu den Dingen, denen ich mich früher oder später werde stellen müssen.«
Sie nickte, salutierte und verließ den Raum.
Schließlich stand Rione auf und kam zu ihm. Sie wirkte ungewohnt niedergeschlagen. »Es gibt Dinge, die werde ich nie in dem Maß verstehen, das eigentlich erforderlich ist.«
»Es gibt Erinnerungen, die sollte kein Mensch haben«, erwiderte Geary. »Aber so ist nun mal der Krieg.«
Einen Moment lang schloss sie die Augen. »Ich habe jetzt ein paar mehr von diesen Erinnerungen, darum weiß ich genau, was du meinst. Sag mir die Wahrheit, John Geary. Glaubst du, unsere Flotte schafft es noch, dieses System zu verlassen?«
»Ich weiß es nicht. Bei meiner Ehre, Victoria, ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nur, wir müssen es versuchen.«
Ungefähr sieben Tage hatte es gedauert, von dem Sprungpunkt, der von Ixion ins System führte, zum Sprungpunkt nach Branwyn zu gelangen. Nun waren sie auf dem Rückweg und flogen wieder einen Bogen durch das Lakota-System. Geary hatte die Flotte zunächst eine Stunde lang in Richtung Sprungpunkt nach Seruta fliegen lassen, um die größte Syndik-Flotte dorthin zu locken. Dann befahl er eine Kursänderung, um seine Schiffe in die Nähe des Sprungpunkts nach Ixion zu bringen.
Wie befürchtet hatte die Syndik-Formation Bravo mit gut zwanzig Lichtminuten Abstand begonnen, der Allianz-Flotte zu folgen. Damit waren die Syndiks nahe genug, um alles zu beobachten und notfalls einen Satz nach vorn zu machen. Gleichzeitig blieben sie so weit entfernt, dass sie sofort den Rückzug antreten konnten, sollte Geary auf die Idee kommen, eine Attacke zu befehlen.
Das einzig Gute an der momentanen Situation war, dass seine Flotte wieder ein wenig an Kampfstärke zulegen konnte, da die Reparaturen an der Warrior, der Orion und der Majestic so weit abgeschlossen waren, dass sie als Begleitung für die unersetzlichen Hilfsschiffe zum Einsatz kommen konnten. Deren Schicksal in die Hände von Schiffen zu legen, die sich in der Schlacht nicht bewährt hatten, bedeutete zwar einen immensen Vertrauensvorschuss, aber die Moral der Crews musste genauso wiederaufgebaut werden wie die Kampfkraft ihrer Schiffe.
Am Ende des ersten Tages wurde deutlich, dass die Syndik-Flotte Delta, die durch das Hypernet-Portal gekommen war, mit der Verfolgung der Allianz-Flotte begonnen hatte, und das mit Nachdruck. »0,15 Licht«, las Desjani ab. »Sie nähern sich 0,2 Licht.«
Normalerweise hatte eine so schlechte Nachricht auch ihre gute Seite. Bei dieser Geschwindigkeit erzeugten die relativistischen Verzerrungen kleine Wahrnehmungsfehler der Umgebung der Schiffssensoren. Auf die große Entfernung hochgerechnet, die die Syndik-Flotte Delta zurücklegen musste, konnten selbst winzige Fehler zu großen Ungenauigkeiten führen. Doch in diesem Fall befand sich die Bravo-Flotte unmittelbar hinter den Allianz-Schiffen, und wenn die ihre Geschwindigkeit auf 0,1 Licht anpasste, war die Delta-Flotte in der Lage, akkurate Daten zu empfangen.
»Sie werden uns definitiv eingeholt haben, bevor wir den Sprungpunkt nach Ixion erreichen«, fuhr Desjani
Weitere Kostenlose Bücher