Die Verschollene Flotte Fluchtpunkt Ixi
dahintersteckte, ließ Geary darüber nachdenken, warum die lebenden Sterne Rione so etwas angetan hatten. »Okay, Sie müssen nicht weiterreden.«
»Doch, das muss ich. Nachdem ich seinem Andenken zehn Jahre lang treu geblieben war, gebe ich mich Ihnen hin, und dann muss ich erfahren, dass er vielleicht doch noch lebt.« Sie schob Geary von sich weg und schaute zur Seite. »Das Schicksal kann schon grausam sein, nicht wahr? Ich dachte, ich hätte mich richtig verhalten, John Geary. Ich dachte, ich hätte meinen toten Ehemann geehrt und das getan, was er von mir erwarten würde. Und jetzt muss ich feststellen, dass ich ihn womöglich entehrt habe. Ich mich selbst auch, aber vor allem ihn.«
»Nein«, antwortete er ohne nachzudenken, weshalb er innehalten musste, um erst das zu ordnen, was er sagen wollte. »Sie haben niemanden entehrt. Antworten Sie ehrlich: Wenn wir ihn im nächsten Sternensystem in einem Arbeitslager entdecken sollten, werden Sie sich dann wieder für ihn entscheiden, oder werden Sie bei mir bleiben?«
»Ich würde mich für ihn entscheiden«, gab sie ohne zu zögern zu. »Es tut mir leid, John Geary, aber das ist die Wahrheit, und daran wird sich auch nie etwas ändern. Ich habe Ihnen gesagt, wem mein Herz immer gehören wird.« Rione atmete wieder tief durch, um ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. »Desjani weiß es auch. Sie entdeckte den Namen meines Mannes auf der Liste und kam zu mir, weil ihr Pflichtgefühl von ihr verlangte, es mir zu sagen. Ihre Captain Desjani ist ein sehr pflichtbewusster Mensch. Sie fühlte auch mit mir, obwohl ich ihr das zu dem Zeitpunkt nicht abnehmen wollte. Und sie war schockiert, als ich erwiderte, dass ich seinen Namen ebenfalls gesehen, aber Ihnen noch nichts davon gesagt hatte.« Sie sah ihm in die Augen. »Sie fand, ich sollte es Ihnen nicht verschweigen. Sie wollte nicht, dass Ihnen wehgetan würde, wenn Sie es herausfänden.«
Es gab keinen Grund, Riones Worte anzuzweifeln. Es hörte sich exakt nach dem an, was Desjani tun würde. »Und als Sie sich weigerten, es mir zu sagen …«
»Sie wollte mein Geheimnis nicht verraten. Nicht die ehrbare Captain Desjani.« Rione verzog kopfschüttelnd den Mund. »Sie verdient es nicht, dass ich so von ihr rede. Sie hat nur versucht, Sie zu beschützen. Tanya Desjani ist eine ehrbare Frau. Wenn es eine Frau gibt, die Sie verdient hat, dann sie.«
»Was?« Die Unterhaltung hatte deutlich zu schnell eine andere Richtung eingeschlagen. »Die mich verdient hat? Sie ist eine von meinen Untergebenen. Sie hat noch nie auch nur die leiseste Andeutung gemacht, dass …«
»Und das wird sie auch nicht«, unterbrach Rione ihn. »Wie ich sagte: Sie ist ehrbar. Selbst wenn sie ihre eigene Ehre aufs Spiel setzen müsste, würde sie Ihre Ehre niemals in Gefahr bringen. Ich dagegen bin eine Politikerin. Ich benutze Leute. Ich habe Sie auch benutzt.«
»Sie haben mir keine Versprechen gegeben«, wiederholte Geary ihre Worte. »Verdammt, Victoria, soll ich mich jetzt betrogen fühlen? Sie sind doch diejenige, die von ihren Gefühlen zerrissen wird.«
»Sie wurden von mir dazu verleitet, das Bett mit einer Frau zu teilen, deren Ehemann vielleicht noch lebt!«, fuhr Rione ihn an und verlor abermals die Beherrschung. »Ich habe Ihre Ehre besudelt und Sie für Ihre Feinde angreifbar gemacht! Warum können Sie sich darüber nicht aufregen?«
»Wer weiß noch davon?«, fragte er erschrocken.
»Ich …« Rione machte mit einer Hand eine wütende Geste. »Sie, ich, die ehrbare Captain Desjani. Das ist jedenfalls sicher. Andere könnten auf die gleiche Information gestoßen sein und warten jetzt darauf, sie dann öffentlich zu machen, wenn sie Ihnen am meisten schaden wird. Davon müssen Sie ausgehen. Und Sie müssen damit rechnen, dass früher oder später Ihre Ehre meinetwegen infrage gestellt werden wird.«
»Ich glaube mich daran erinnern zu können, wie Sie mir sagten, Sie könnten selbst auf Ihre Ehre aufpassen. Ich kann das auch.«
»Meinen Sie?« Rione atmete tief durch. »Wenn ich dafür als Beispiel dienen soll, dann geben Sie kein sehr überzeugendes Bild ab. Warum versuchen Sie, mich zu verteidigen?«
»Weil kein Mann, der etwas taugt, Ihnen diesen Fehler vorhalten wird …«
»Kein Mann? Sprechen Sie jetzt auch für meinen Ehemann, John Geary?« Rione sah ihn finster an. »Was sollte ich ihm sagen? Was soll ich meinen Vorfahren sagen? Seit ich davon erfuhr, habe ich nicht mehr mit ihnen gesprochen. Wie könnte ich
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