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Die Verschollene Flotte Fluchtpunkt Ixi

Die Verschollene Flotte Fluchtpunkt Ixi

Titel: Die Verschollene Flotte Fluchtpunkt Ixi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Campbell
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ich tun würde, und jetzt gehst du mit dir genauso hart ins Gericht. Vielleicht sogar noch härter. Ich glaube, deine Vorfahren können dir gar nicht vergeben, solange du dich weigerst, dir selbst zu vergeben.«
    Lange Zeit herrschte Stille, dann stellte er fest, dass Rione eingeschlafen war. Sogar im Schlaf war ihr Gesicht von Sorgenfalten durchzogen.
    Als man Geary auf die Dauntless gebracht und ihn aufgeweckt hatte, da war er zu benommen gewesen, um von den Leuten in der Flotte richtig Notiz zu nehmen, von den Nachfahren jener Menschen, die er noch gekannt hatte. Als er dann das Kommando über die Flotte übernahm, da wurden ihm schnell die Veränderungen deutlich, die im Lauf von hundert Jahren eingetreten waren; hundert Jahre, die zudem von einem ebenso langen Krieg geprägt worden waren. Er hatte unter dem Eindruck gestanden, von Fremden umgeben zu sein, von denen keiner so fühlte oder dachte wie er. Die Wochen vergingen, und er brachte mehr über diese Menschen in Erfahrung, und schließlich gelangte er zu der Ansicht, dass er zu hart über diese Leute geurteilt hatte und in Wahrheit grundlegende Dinge mit ihnen teilte.
    Jetzt jedoch kamen ihm erneut Zweifel. Die Ehre konnte eine Last und ein Schwert sein. Sie ließ sich allzu leicht missbrauchen. Und wie es schien, benutzten die Menschen in dieser Gegenwart - die hundert Jahre von seiner eigenen entfernt war - die Ehre als eine Waffe, die sie gegen sich selbst richten konnten. Ehre war für sie so unerbittlich und unbeugsam, dass sie ihnen genauso schaden konnte wie ihre Feinde.
    Geary seufzte und zog sich leise an. An der Tür blieb er stehen und sah zu Rione hinüber. Ich habe so viele Schmerzen erlitten, weil ich wusste, dass jeder tot war, den ich einmal gekannt und geliebt hatte. Aber wie vielen Menschen in der Allianz ergeht es so wie Victoria Rione? Wie viele von ihnen wissen nicht, ob geliebte Menschen noch leben oder schon tot sind? Wie viele von ihnen sind von dieser Ungewissheit innerlich zerrissen? Zum ersten Mal wurde ihm deutlich, dass die grausame Gewissheit, mit der er sich hatte abfinden müssen, zumindest einen Vorteil hatte: Er musste nicht zweifeln, er musste nicht hoffen. Er wusste, alle waren tot.
    Er streifte durch die ruhigen Gänge und Abteile der Dauntless, grüßte die Besatzungsmitglieder, die in der tiefen Schiffsnacht ihren Wachdienst verrichteten, und versuchte, Trost in den Ritualen seines Kommandos zu finden.
    Als er um eine Ecke bog, musste er feststellen, dass Captain Desjani genau das Gleiche machte wie er.
    »Captain Geary?« Sie machte keinen Hehl aus ihrer Verwunderung. »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, mir geht es gut.«
    Sein Tonfall und sein Gesichtsausdruck mussten etwas anderes über ihn aussagen, da Desjani den Mund verzog. »Haben Sie mit Co-Präsidentin Rione gesprochen?«
    Er nickte nur.
    »Ich hatte gedacht …« Desjani hielt inne und fing noch einmal von vorn an. »Ich war sehr wütend auf sie, was Sie ja auch gemerkt haben. Ich dachte, sie wollte es Ihnen nicht sagen, weil es ihr an Ehre mangelt. Ich wusste nicht, dass sie in Wahrheit von ihrer Ehre innerlich zerrissen wurde.«
    »Wie ist es wirklich gelaufen? Haben ihre Vorfahren sie tatsächlich verstoßen?«
    Desjani ließ den Kopf sinken und dachte nach. »Ich habe etwas gespürt. Ich weiß nicht, was es war. Aber sie waren dort. Doch ich glaube, sie wollte das nicht akzeptieren.«
    »Ja, den Eindruck hatte ich auch.«
    »Sie … ähm …« Desjani wirkte verlegen und verärgert zugleich. »Vor Kurzem sah ich sie wieder. Sie hatte getrunken, und sie sagte ein paar Dinge.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Sir, ich hoffe, ich habe nichts getan oder gesagt, das Sie auf den Gedanken bringen könnte, ich würde …«
    Er hob eine Hand, um ihren Redefluss zu unterbrechen. »Sie haben sich absolut professionell verhalten. Ich könnte mir keinen besseren Offizier vorstellen.«
    Dennoch wirkte Desjani beunruhigt. »Selbst wenn Sie keine wichtige Mission zu erfüllen hätten, selbst wenn die lebenden Sterne Sie nicht in der Stunde unserer größten Not zu uns geschickt hätten, wäre es dennoch verkehrt von mir, wenn ich …«
    »Captain, bitte.« Geary hoffte, dass er sich nicht so aufgewühlt anhörte wie sie. »Ich verstehe das schon. Wir müssen das nicht wieder diskutieren.«
    »Es kursieren Gerüchte, Captain Geary«, presste sie heraus. »Gerüchte, die Sie und mich betreffen. Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden.«
    »Gerüchte, die jeglicher Grundlage

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