Die verschollene Symphonie
Juda.
»Das waren Wagners Worte nach der ersten Aufführung des Ring- Zyklus«, sagte Maddox. »Was hat er damit gemeint, Ludwig? Steckt in diesen Worten eine tiefere Bedeutung?«
Herr Schwan nickte zustimmend. »Ein Herz kann die ganze Welt verändern. Ragnarök ist nicht das Ende.«
»Ich denke, das reicht«, sagte Juda und trat einen Schritt vor. In einer fließenden Bewegung packte er den alten Mann an der Kehle und brach ihm das Genick.
Einen Augenblick lang waren die anderen wie gelähmt vor Entsetzen, Doktor Syntax eingeschlossen. Dann stürzten sie sich auf den Mathematiker und warfen ihn zu Boden. Marisa kniete nieder, um Herrn Schwans Puls zu fühlen, doch der blutige Speichel, der aus seinem offenen Mund rann, ließ keinen Zweifel zu. Er war tot.
»Warum, um Himmels willen, haben Sie das getan, Juda?«, brüllte Galen. »Er stellte keinerlei Bedrohung für Sie dar!«
»Das glauben Sie«, sagte Juda gedämpft unter den Körpern der Männer, die ihn zu Boden drückten. »Er war eine größere Bedrohung für mich, als ich Ihnen verraten kann oder will.«
»Nein, das stimmt nicht, Vierzehn«, sagte Doktor Syntax ernst, sehr zu Judas Überraschung. »Es gibt nichts, das er hätte enthüllen können, das sie nicht auf anderem Wege herausfinden könnten!«
Marisa, Galen und Maddox wechselten verwirrte Blicke. Vierzehn?
»Aber«, stammelte Juda, »er war der Einzige, der den Zusammenhang hätte erkennen können…«
»Nein, nein und nochmals nein«, zischte Doktor Syntax. »Du hättest mir die Initiative überlassen sollen. Schließlich habe ich beinahe die gesamte Schlaufe durchlebt und bin nicht einfach nur hineingesprungen…«
»Aber es ist meine Schlaufe«, widersprach Juda.
»Ja«, sagte Doktor Syntax, »aber du hast sie nur bis zu diesem Punkt durchlebt und kannst daher nicht wissen, dass es hier noch jemanden gibt, der über dieselben Informationen verfügt wie Ludwig. Du weißt genauso gut wie ich, dass wir die anderen nicht einfach umbringen können – sie sind zu wichtig. Und Maddox hat sowohl Wagner als auch Ludwig gut gekannt. Er kann den anderen all das erzählen, was du vor ihnen geheim halten wolltest. Es war ein sinnloser Mord.«
Juda verdrehte die Augen. »Es tut mir Leid. Ich dachte, das würde die ganze Sache vereinfachen.«
»Nun, du hast dich geirrt.« Doktor Syntax bedeutete den anderen, Juda loszulassen. »Keine Sorge, er wird niemandem mehr wehtun. Ihnen hätte er ohnehin nichts getan.«
»Hätten Sie die Güte uns mitzuteilen, was um alles in der Welt hier vorgeht?«, sagte Marisa. »Warum hat er Herrn Schwan umgebracht? Und warum haben Sie ihn ›Vierzehn‹ genannt?«
»›Schwachkopf‹ wäre wohl das passendere Wort gewesen«, erwiderte Doktor Syntax. »Man kann nicht einfach in der Welt herumlaufen und jeden umbringen, der Wagner gekannt hat – das ist einfach keine Lösung.«
Juda wandte sich Maddox zu. »Sie haben also Wagner ebenfalls gekannt? Nicht nur Liszt?«
»Ich hatte einen nicht unwesentlichen Anteil daran, dass er das Licht der Welt erblickt hat«, sagte Maddox.
»Puh«, stöhnte Juda. »Das konnte ich nicht ahnen.«
»Und was noch wichtiger ist«, sagte Doktor Syntax, »er hat Ludwig gekannt.«
»Was hätte Ludwig uns erzählen können, Juda?«, fragte Galen mit geballten Fäusten. »Was war so verdammt geheimnisvoll, dass Sie beschlossen haben, ihn umzubringen?«
Mit dem Anflug eines Lächelns schüttelte Juda den Kopf. »So einfach geht das nicht, Galen. Wenn ich über Ihren Freund Maddox mehr gewusst hätte, hätte ich gar nicht erst so viel verraten. Ich habe Ihnen den Weg gewiesen – wenn Sie ihm weiter folgen wollen, müssen Sie das ohne meine Hilfe tun.«
»Ich finde, die Einsicht kommt ein wenig spät«, sagte Doktor Syntax vorwurfsvoll.
»Wie Sie wollen«, sagte Galen. »Maddox, der Doktor hat gesagt, Sie würden ebenfalls über die Informationen verfügen, die Juda geheim halten möchte. Was hätte Ludwig uns erzählen können?«
»Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«, entgegnete Maddox. »Ich bin nicht sein Hausdiener gewesen. Wir haben einige Abende zusammen verbracht, und damals war er bereits in fortgeschrittenem Alter. Woher soll ich wissen, welche von seinen unzähligen Lebensdaten uns weiterhelfen können?«
»Aber Sie haben zur gleichen Zeit gelebt wie er«, sagte Marisa. »Sie sollten eher in der Lage sein, Wichtiges von Nebensächlichem zu unterscheiden.«
»Da haben Sie vermutlich Recht. Zumindest wissen wir, wonach
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