Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
Mutter hat gerade panisch angerufen und etwas von Creutzfeldt-Jakob geplappert. Sie ist einmal auf dem Weg zum Gartencenter in Quorn mit dem Auto durch das besonders schwer betroffene Dorf Queniborough gefahren und ist jetzt überzeugt, dass sie sich als nächstes Opfer in die Schar der Unglückseligen reihen wird, die sich die tödliche Krankheit dort geholt haben. Seit Iwan Braithwaite mit seinem zwanghaften Sterilisieren von Schneidebrettchen und Besprühen der Hundedecke mit Sagrotan in unser Haus gezogen ist, hat sie sich zum Hypochonder entwickelt.
Ich bemühte mich, ihre Ängste zu zerstreuen, doch sie war geradezu hysterisch und flehte mich um Vergebung an. »Wofür denn?«, fragte ich, weil ich nicht sofort wusste, welches ihrer diversen elterlichen Verbrechen ich ihr verzeihen sollte. »Für die billigen Rindfleischburger, die ich früher dreimal die Woche auf den Tisch gebracht habe«, sagte sie. »Ich wusste doch nicht, dass die aus altem Rückenmark und Sägemehl gemacht werden, Aidy.«
Ich tröstete sie, dass ich die Rindfleischburger meiner Kindheit so durch und durch ekelhaft gefunden hatte, dass ich sie immer heimlich an den Hund verfütterte. Sobald meine Mutter eine Packung dieser widerlichen Dinger aus
dem Eisfach holte, bezog das Tier unter dem Tisch Posten. Ich persönlich warte nur auf den Lebensmittelskandal, der fertigen Kabeljau in Buttersauce aus dem Kochbeutel betrifft. Ich muss ganze Schwärme davon vertilgt haben. Und dann waren da noch die Rinderbraten-Fertiggerichte mit Beilagen, die wir früher immer sonntags verzehrten. Die ganze Alufolie kann uns auch nicht sonderlich gutgetan haben. »Von jetzt an esse ich nur noch 100 % Bio«, erklärte meine Mutter.
»Aber du weißt doch mit richtigen Lebensmitteln gar nichts anzufangen«, erinnerte ich sie, worauf sie entgegnete: »Aber ich hab doch Delia und Nigel und Jamie, die helfen mir.« Als würden sich in ihrer dürftig ausgerüsteten Küche lauter Promiköche gegenseitig vom Herd wegschubsen.
Freitag, 14. Juli
Mrs Wormington ist mit den Ludlows nach Mablethorpe gefahren. Sie haben einen Wohnwagen mit acht Schlafkojen auf einer Wiese nicht weit vom Meer stehen. Sie wollten auch William mitnehmen, aber ich musste Nein sagen. Der Junge ist so leicht zu beeinflussen und übernimmt allzu bereitwillig die unglückselige Ausdrucksweise der Ludlows. Gestern war er zum Spielen bei ihnen, und als er nach Hause kam und ich sagte, es sei Zeit fürs Bett, antwortete er: »Erzähl das doch’ner Parkuhr. Hier hast du zehn Pence. Sprich nach dem Piepton.« Peggy Ludlow berichtete, dass die Jerry Springer Show im Fernsehen lief, während William auf dem Teppich mit Vince Ludlows Steckschlüsselsatz spielte.
Samstag, 15. Juli
Heute Abend habe ich mir die Doku Hinter den Kulissen von Downing Street angesehen. Welch stattliche Erscheinung er doch ist. Er ist gebieterisch, charmant, klug und hat einen üppigen Haarschopf. Alles in allem sehr imposant. Alastair Campbell ist genau der Mann, der ich gerne wäre. Mr Blair hingegen wirkt im Vergleich dazu glanzlos. Seit Leo darauf beharrt, mit im Ehebett zu schlafen und Euan, der älteste Blair-Sprössling, zur Flasche greift, ist er wie verwandelt. Ja, man könnte sagen, Tony hat eine Verweiblichung vollzogen: Sein Haar ist flaumiger geworden, seine Stimme weicher, sein Ausdruck ist mädchenhaft, die Hände bewegen sich so anmutig wie die einer Geisha. Hat er eine Hormontherapie begonnen, die ihn letztlich zu Toni transformieren wird – dem ersten weiblichen Labour-Premier? Das Land muss gewarnt werden. Wir werden Zeit brauchen, um uns an die Veränderung zu gewöhnen.
William Hague hingegen strotzt in letzter Zeit vor Testosteron. Als Nächstes wird er noch ein parlamentarisches Charter der Hell’s Angels gründen, wenn er seinen Hormonspiegel nicht unter Kontrolle bekommt. Freut sich Ffion über diesen neuen zupackenden Mussolini-artigen Mann in ihrem Bett oder schläft sie bereits im Gästezimmer, wie die Frau von Prince Edward?
Sonntag, 16. Juli
Die Ludlows sind mit Unterkühlung von einem Spaziergang über die Promenade in Mablethorpe zurückgekehrt. Mrs Wormington musste ins Krankenhaus von Skegness gebracht werden. Man hat sie in eine silberne Rettungsdecke gewickelt.
Als Tante Susan mich auf meinem Handy anrief und ärgerlich fragte, warum ich nicht wie versprochen in der Gefängnisbücherei vorgesprochen habe, erwiderte ich wahrheitsgemäß, dass ich mit einem Trauerfall
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