Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
rechne.
Mittwoch, 19. Juli
Arthur Askey Way
Das Sommerwetter in Mablethorpe hat Mrs Wormington umgebracht. Sie war eine topfitte 97-Jährige, als sie mein Haus im Arthur Askey Way am Freitag, den 14. Juli, um 13:15 Uhr verließ. Ich gehe deswegen so ins Detail, weil Eunice, Mrs Wormingtons Schwiegertochter, gerade dieses Haus verlassen hat. Sie war gekommen, um die Habseligkeiten der Verstorbenen abzuholen und warf mir vor, eine »gebrechliche Frau zum Sterben an die Ostküste« geschickt zu haben.
Erst als sie in ihrem dreirädrigen Reliant Robin davongefahren war, begriff ich, dass sie mich praktisch des Mordes bezichtigt hatte. Sofort rief ich meine Mutter an, die eine anerkannte Expertin in Sachen Rechtsstreitigkeiten ist (sie ist der Schrecken der Zivilgerichte). Sie riet mir, den Rat ihres Anwalts Charlie Dovecote einzuholen.
Es kostete mich 50 £ zuzüglich Mehrwertsteuer, von Dovecote zu erfahren, dass es zwar tollkühn gewesen sein mag,
eine knapp Hundertjährige in einer steifen Ostbrise auf einem Esel reiten zu lassen, dies aber nicht den Tatbestand des Mordes erfülle.
Als ich Mrs Wormingtons Bett abzog, fand ich ein Bündel alter Briefe unter der Matratze. Ich war froh, dass die furchtbare Eunice sie übersehen hatte.
2. Oktober 1917
Lieber Sergeant Palmer,
ich hoffe, Sie haben sich gut in Ihrem neuen Quartier in Ypern eingelebt und das Wetter ist angenehm. Wir lesen ganz wunderbare Berichte von General Haigs Führerschaft in der Zeitung. Ich bin froh, dass Sie sich in so guten Händen befinden. Danke, dass Sie mich baten, Sie Cedric zu nennen. Jedoch glaube ich, dass unsere Freundschaft noch viel zu jung ist für solcherlei Vertraulichkeiten. Wir kennen uns ja erst seit einem Jahr.
Mit den besten Wünschen verbleibe ich Ihre
Miss Broadway
Das, so nehme ich an, war Mrs Wormingtons Mädchenname. Der gesellschaftliche Umgang jener Tage war noch von solcher Feinfühligkeit geprägt. Kein Wunder, dass Mrs Wormington schockiert über Denise Van Outens schmuddelige kleine Frühstückssendung im Fernsehen war. Selbst mir, einem Bewunderer der weiblichen Brust, werden die Busen zur Hauptsendezeit langsam zu viel.
Donnerstag, 20. Juli
William wollte wissen, wohin Mrs Wormington gegangen sei. Ich sagte, sie sei auf einer langen Reise an einen Ort, an dem sie Frieden fände. Ich schmückte das noch ein bisschen aus – dass Mrs Wormington über die Hügel laufe und Blumen unter den wärmenden Sonnenstrahlen pflücke usw. usf. Vielleicht habe ich es mit der Idylle ein klein wenig übertrieben, denn als William Glenn dabei zusah, wie der seine Rollerblades putzte, hörte ich ihn sagen: »Mrs Wormington ist gar nicht tot, Glenn. Sie ist ins Teletubbyland gezogen.«
Freitag, 21. Juli
Ein Auto, das Jack Straw beförderte, wurde von der Polizei mit 176,7 Stundenkilometern angehalten. Ich hoffe doch, dass der Übeltäter die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommt. Mir brennen heute noch die Ohren von der Schimpftirade, die ich von einem Verkehrspolizisten zu hören bekam, weil ich in der Tempo-30-Zone der Foxglove Avenue 32 km/h fuhr. Als ich humorvoll anmerkte, ich sei ja nicht gerade Jeremy Clarkson, höhnte der Polizist: »Das stimmt, der ist größer, hat mehr Haare und ist mit Sicherheit reicher und berühmter als Sie, Sir.« Ich erwog, ihn dem Beschwerdeausschuss der Polizei zu melden, war aber nicht sicher, ob Sarkasmus als tätlicher Angriff zählt – obwohl ich die Verletzung heute noch spüre.
Samstag, 22. Juli
Heute war ich in Pandoras Abgeordnetensprechstunde. Ich wollte mit ihr über meine Theorie sprechen, dass Mr Blair heimlich eine Hormontherapie begonnen hat, die ihn von Tony zu Toni umwandeln wird. Ich erinnerte sie daran, dass er kürzlich erklärt hatte, nur ungern Anzüge zu tragen.
»Sei nicht immer so albern«, blaffte sie. »Verzieh dich und mach deinen Platz für einen Bürger mit echten Problemen frei.« Ich wies darauf hin, dass niemand sonst darauf warte, sie zu sprechen. »Apathische Penner«, wütete sie über ihren Wählerkreis. »Wenn ich in London geblieben wäre, hätte ich mir meine Prada-Bowlingtasche abholen können.«
Ich hatte ja keine Ahnung, dass sie einen so langweiligen Sport für Menschen mittleren Alters angefangen hat.
Montag, 24. Juli
Arthur Askey Way
Mrs Wormingtons Beerdigung heute Morgen war überraschend gut besucht. Ich wusste gar nicht, dass sie Mitglied in so vielen Vereinen und Klubs gewesen war. Da waren Trauergäste im Namen
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