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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Townsend
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von Amnesty International, des Foxand-Ferret-Damen-Dartsteams und des Britischen Kaktusklubs. Auch war mir nicht bewusst gewesen, dass sie einen solchen Hang zum Katholizismus hatte. Während der Zeit, die sie bei mir wohnte, drehte sich das Gespräch meist um Kekse, wobei sie sich gegen Ende ihres Lebens fast zwanghaft mit dem Zustand des Gebisses der Königinmutter beschäftigte.

    William bettelte, mit zur Beerdigung zu dürfen; ich gab meine Erlaubnis, untersagte ihm aber, in der Kirche zu sprechen. Der Junge hat eine Stimme wie ein Marktschreier. Er verstieß nur ein einziges Mal gegen meine Auflage, als er in der Pause zwischen einer Hymne und einem Gebet fragte: »Dad, warum riechen alte Leute so komisch?« Die Kirche war gerammelt voll mit älteren Menschen, denen der Charme oder Humor in der unschuldigen Frage des Jungen zu entgehen schien. Ein alter Bursche ein paar Plätze weiter brüllte seinem tauben Sitznachbarn zu: »Den sollte man mal ordentlich übers Knie legen.« Ich hatte William erklärt, was er zu erwarten hatte: Dass da eine Kiste stünde, die man Sarg nennt, und dass Mrs Wormington tot darin läge. Das schien er auch zu begreifen, doch als der Sarg dann langsam ins Grab gelassen wurde, schrie William: »Sie sollten jetzt besser rauskommen, Mrs Wormington!« Später zu Hause sagte er, er habe geglaubt, tote Menschen kämen wieder zurück ins Leben, wie Kenny in South Park .
    Auf der Trauerfeier las ich ein selbst verfasstes Gedicht vor. Es kam offenbar ganz gut an – wobei meine Mutter hinterher beim Leichenschmaus meinte, sie hätte meinen Vortrag ziemlich selbstgefällig gefunden und ich hätte den Zettel niemals aus meinem DIN-A4-Block reißen sollen.
    REQUIEM FÜR MRS WORMINGTON
    Sie war eins achtzig groß,
und nicht grade zierlich.
Ihr Lächeln war nicht gütig,
ihr Benehmen manierlich.
     
    Sie trug keine Seide,
keine Spitzenhandschuh’.

Sie erlebte zwei Kriege,
doch fand keine Ruh’.
     
    Sie versorgte sich selbst
und lebte allein,
musste arbeiten hart,
wollt keine Schuldnerin sein.
     
    Adieu, Mrs Wormington,
Sie alter Schlingel,
ich hoffe, Sie frier’n nicht mehr
oben im Himmel.
    Mehrfach wurde ich nach der Bedeutung von »frier’n nicht mehr« gefragt, da nicht alle wussten, dass Mrs Wormington nach einem Urlaub in Mablethorpe an Unterkühlung gestorben war.

Dienstag, 25. Juli
    Glenn und William haben sechs Wochen Schulferien. Was soll ich nur mit ihnen anfangen? Ich verfüge über keine finanziellen Mittel, um für Ablenkung zu sorgen. Wir haben erst den zweiten Ferientag, aber William hat bereits erklärt, ihm sei »langweilig«. Ich erzählte ihm, dass ich mich als Junge früher pausenlos selbst beschäftigt hätte. Aber in Wahrheit kann ich mich erinnern, die ganze Zeit nur aus dem Fenster gestarrt und darauf gewartet zu haben, dass die Schule wieder anfängt.

Mittwoch, 26. Juli
    Widerstrebend hob ich 50 £ von meinem Bausparvermögen ab, kaufte ein Familienticket für die Bahn und fuhr mit meinen Söhnen nach London in die Tate Gallery of Modern Art. Niemand hatte mich vor der riesigen Metallspinne in der Turbinenhalle gewarnt. William hat eine Spinnenphobie und erstarrte vor Schreck bei dem Anblick. Dann stieß er einen durchdringenden Schrei aus. Ein amerikanischer Tourist fragte mich, ob William eine »akustische Begleitung der Skulptur von Louise Bourgeois« sei. Ich verneinte und erklärte, er sei einfach nur ein kleiner Junge, der Angst vor Spinnen habe.

Donnerstag, 27. Juli
    Der Absturz der Concorde ist von den Titelseiten verschwunden; es sind keine Briten ums Leben gekommen.

Samstag, 29. Juli
    Arthur Askey Way
     
    Iwan Braithwaite ist weiterhin fasziniert von dem, was er als »Arbeiterklassenkultur« bezeichnet. Er hat uns einen, wie er es nennt, »Eimer-und-Spaten-Urlaub« mit der ganzen Familie am Strand von Skegness vorgeschlagen. Unentwegt faselte er von Zuckerwatte und Eselreiten und der »hinreißenden Vulgarität der Spielhallen«. Mir blieb nichts anderes übrig, als einzuwilligen. Den Urlaub meiner Wahl – den Besuch literarischer Schreine auf der ganzen Welt –
kann ich mir nicht leisten. Eigentlich habe ich mir überhaupt erst einen angesehen: das Haus von Julian Barnes in Leicester. Wobei er im Alter von sechs Wochen schon wieder von dort wegzog.

Sonntag, 30. Juli
    Eine Pension wurde gebucht: das Utopia. Übernachtung, Frühstück und Abendessen wird Iwan £ 13,50 pro Person pro Nacht kosten – William bezahlt den halben Preis.

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