Die Verschwörung
Butler.« Root schwieg einen Moment. »Aber denken Sie daran, Holly, wir wollen ihm nur mal auf den Zahn fühlen. Ich will nicht, dass Sie die Gelegenheit dazu nutzen, eine alte Rechnung zu begleichen.«
»Nein, Sir. Das sehe ich rein professionell.«
»Geben Sie mir Ihr Wort darauf?«
»Ja, Sir. Ich schwöre es.«
Root zermalmte den Zigarrenstummel mit dem Absatz. »Ich will nicht, dass heute noch jemand verletzt wird, nicht einmal Artemis Fowl.«
»Verstanden.«
»Nun ja«, fügte der Commander hinzu. »Außer natürlich, es ist absolut notwendig.«
Kapitel 3
Ausflug nach Erdland
St. Bartlebys School
Butler war seit dem Tag von Artemis' Geburt in den Diensten des Jungen. Die erste Nacht im Leben seines Schützlings hatte er im Gang der Entbindungsstation des Sisters of Mercy Hospital Wache gestanden. Seit über einem Jahrzehnt war Butler Lehrer, Mentor und Beschützer des jungen Erben, und sie beide waren noch nie länger als eine Woche getrennt gewesen - bis jetzt. Eigentlich sollte ihm das nichts ausmachen, das wusste er. Ein Leibwächter darf sich nie gefühlsmäßig an seinen Schützling binden, da das sein Urteil beeinflussen konnte. Doch im Stillen ertappte sich Butler immer wieder dabei, dass er in dem jungen Fowl den Sohn oder kleinen Bruder sah, den er nie gehabt hatte.
Butler parkte den Bentley Arnage Red Label in der Einfahrt zum College. Der eurasische Diener hatte, sofern das überhaupt möglich war, seit dem Beginn des Schuljahrs noch an Muskeln zugelegt. Nun, da Artemis im Internat war, verbrachte er sehr viel mehr Zeit im Trainingsraum. Wenn er ehrlich war, hatte er es satt, Hanteln zu stemmen, aber die Schulleitung wollte ihm absolut nicht gestatten, in Artemis' Zimmer ein Feldbett aufzuschlagen. Und nachdem der Gärtner sein Versteck neben dem siebzehnten Grün entdeckt hatte, war ihm das Betreten des Schulgrundstücks ganz untersagt worden.
Artemis schlüpfte durch das Tor des College, in Gedanken noch immer mit Dr. Pos Bemerkung beschäftigt.
»Probleme, Sir?«, fragte Butler, als er den grimmigen Gesichtsausdruck seines Herrn bemerkte.
Artemis stieg in den mit weinrotem Leder gepolsterten Fond des Bentley und nahm sich ein Quellwasser aus der Bar. »Nicht doch, Butler. Nur wieder einer von diesen Quacksalbern mit ihrem Psychogequatsche.«
»Soll ich mal mit ihm reden?«, fragte Butler mit gleichbleibend ruhiger Stimme.
»Nein, ist nicht so wichtig. Was gibt es Neues von der Fowl Star?«
»Heute Morgen ist im Herrenhaus eine E-Mail angekommen. Eine MPG-Datei.«
Artemis zog eine verdrossene Miene. MPG-Videodateien konnte er mit seinem Handy nicht öffnen.
Butler nahm einen Laptop aus dem Handschuhfach. »Ich dachte mir, dass Sie die Datei vielleicht gerne sofort sehen möchten, deshalb habe ich sie hierauf überspielt.« Er reichte den Computer nach hinten.
Artemis klappte den flachen Farbbildschirm auf und schaltete das Gerät ein. Zuerst dachte er, der Akku sei leer, doch dann begriff er, dass er eine Schneelandschaft vor Augen hatte. Weiß in Weiß, nur hier und da ein Hauch von Schatten, wo sich Hügel oder Senken befanden.
Artemis verspürte ein flaues Gefühl im Magen. Eigenartig, dass ein harmloses Bild wie dieses eine so üble Vorahnung auslösen konnte.
Die Kamera wanderte nach oben und zeigte einen trüben, dämmrigen Himmel. Dann ein schwarzes, zusammengekrümmtes Objekt in der Ferne. Aus den Lautsprechern erklang rhythmisches Knirschen, während der Kameramann offenbar durch den Schnee stapfte. Das Objekt wurde deutlicher sichtbar. Es war ein Mann, der auf einem Stuhl saß, nein, er war darauf festgebunden. In Artemis' Glas klirrten die Eiswürfel. Seine Hände zitterten.
Der Mann trug die zerlumpten Überreste eines einst feinen Anzugs. Narben überzogen wie Blitze das Gesicht des Gefangenen, und er schien nur ein Bein zu haben; genau war es nicht zu erkennen. Artemis atmete jetzt so schnell, als wäre er einen Marathon gelaufen.
Um den Hals des Mannes hing ein Schild. Pappe und Paketschnur. Darauf stand in krakeligen schwarzen Buchstaben: Sdrawstwui, syn. Die Kamera zoomte das Schild heran und hielt einen Moment auf die Botschaft, dann wurde es schwarz.
»Ist das alles?« Butler nickte. »Nur der Mann und das Schild. Mehr nicht.«
» Sdrawstwui, syn «, murmelte Artemis mit perfekter Aussprache. Seit dem Verschwinden seines Vaters hatte er sich selbst Russisch beigebracht.
»Soll ich es für Sie übersetzen?«, fragte Butler, der die
Weitere Kostenlose Bücher