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Die Verschwörung

Die Verschwörung

Titel: Die Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Zugdächern herumzuturnen, war ganz und gar nicht sein Ding. Was zum Glück wunderbar zu seinem Plan passte.
    Kurz bevor seine Fingergelenke nachgaben, ließ er los. Der Fahrtwind drückte ihn direkt auf den Metallrand der Dachluke zu. Ihm blieben nur noch Sekunden, bis der Wind sich unter seinen Körper graben und ihn in die eisige Steppe wehen würde. Kanonenfutter für die Kobolde.
    Artemis zerrte die Sprühflasche aus seiner Tasche und riss den Deckel mit den Zähnen ab. Ein Tropfen Säure flog an seinem Auge vorbei. Doch er hatte keine Zeit, sich deswegen Sorgen zu machen.
    Die Dachluke war mit einem schweren Vorhängeschloss gesichert. Artemis sprühte zweimal auf das Schlüsselloch; mehr konnte er nicht opfern.
    Das Zeug wirkte sofort. Die Säure fraß sich durch das Metall wie Lava durch Eis. Elfentechnik. Unschlagbar.
    Mit einem Ruck sprang das Vorhängeschloss auf. Der Wind packte die Luke, riss sie auf, und Artemis stürzte hinunter auf eine Palette voller Fässer. Nicht gerade der klassische Auftritt des galanten Helden.
    Schon das nächste Rütteln des Zugs warf ihn weiter zu Boden. Er landete auf dem Rücken und starrte direkt auf das Dreieckssymbol für radioaktive Strahlung, das auf jeden einzelnen Behälter gedruckt war. Zumindest waren die Fässer versiegelt, obwohl einige bereits ziemlich angerostet waren.
    Artemis rollte über den Lattenboden und zog sich am Türgriff hoch bis auf die Knie. Hing Captain Short noch da draußen, oder war er inzwischen allein? Zum ersten Mal in seinem Leben mutterseelenallein?
    »Fowl! Mach die Tür auf, du nichtsnutziges oberirdisches Bleichgesicht!«
    Aha. Also nicht allein. Den Unterarm schützend vor das Gesicht gelegt, besprühte Artemis das Sicherheitsschloss des Waggons mit der Elfensäure. Innerhalb von Sekunden schmolz der Stahlzylinder und floss wie ein Rinnsal aus Quecksilber zu Boden. Artemis drückte die Schiebetür auf.
    Holly klammerte sich noch immer an die Leiter. Ihr Gesicht schien zu dampfen, wo die Strahlung sich durch das Schutzgel gefressen hatte.
    Artemis packte sie am Gürtel. »Bei drei?«
    Holly nickte. Zum Sprechen reichte ihre Kraft nicht mehr.
    Artemis bewegte seine Finger. Lasst mich jetzt nicht im Stich, beschwor er sie im Stillen. Wenn er hier lebend rauskam, würde er sich einen von diesen albernen Hometrainern kaufen, die immer auf den Werbekanälen angeboten wurden.
    »Eins.«
    Sie näherten sich der Kurve. Er konnte sie bereits aus dem Augenwinkel sehen. Der Zug würde gleich abbremsen.
    »Zwei.«
    Captain Short war fast am Ende ihrer Kräfte. Ihr Körper flatterte in der Luft wie ein Windsack.
    »Drei!«
    Artemis zog mit aller Kraft, die seine dünnen Arme hergaben. Holly schloss die Augen und ließ los, fassungslos, dass sie diesem Menschenjungen ihr Leben anvertraute.
    Artemis verstand einiges von Physik. Er passte seinen Countdown so ab, dass er den Schwung, die Geschwindigkeit und die Vorwärtsbewegung des Zugs für sich nutzen konnte. Doch die Natur hält immer eine Überraschung bereit. In diesem Fall bestand die Überraschung in einer kleinen Lücke zwischen zwei Schienenstücken. Nicht genug, um den Zug entgleisen zu lassen, aber auf jeden Fall genug, um einen Ruck zu verursachen.
    Der Ruck ließ die Waggontür zurück ins Schloss knallen wie eine tonnenschwere Guillotine. Aber es sah so aus, als hätte Holly es geschafft. Genau konnte Artemis das nicht sagen, weil sie auf ihn geschleudert worden war, worauf sie beide gegen die Holzverkleidung geprallt waren. Zumindest saß ihr Kopf noch auf den Schultern, was ja schon mal gut war. Aber sie schien bewusstlos zu sein. Wahrscheinlich der Schreck.
    Auch Artemis spürte, dass er ohnmächtig wurde. Dunkelheit breitete sich vom Rand seines Sichtfelds aus wie ein bösartiger Computervirus. Er rutschte zur Seite und landete auf Hollys Brust.
    Dies hatte schwerwiegendere Folgen, als Sie vielleicht meinen. Denn da Holly bewusstlos war, schaltete ihre Magie auf Autopilot. Und unkontrollierte Magie fließt wie Strom. Artemis berührte zufällig mit dem Gesicht die linke Hand der Elfe und lenkte den blauen Funkenfluss um. Das war zwar gut für ihn, aber ausgesprochen schlecht für sie. Denn auch wenn Artemis es nicht wusste, brauchte Holly jeden Funken Magie, den sie noch im Körper hatte - nicht alles von ihr hatte es ins Innere des Zugs geschafft.
     
    * * *
     
    Commander Root aktivierte gerade die Seilwinde an seinem Gürtel, als ihn völlig unerwartet etwas ins Auge traf.
     
    * *

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