Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verschwoerung der Fuersten

Die Verschwoerung der Fuersten

Titel: Die Verschwoerung der Fuersten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
Vom Netzwerk:
was das für ein Knurren und Lamentieren geben wird?« Bandolf stand auf und streckte seinen Rücken. »Und glaubst du etwa, dass die Hohen Herren einem kleinen Burggrafen wie mir Auskunft über ihren Verbleib in der Nacht des Überfalls geben würden? Pah!«
    Er schüttelte den Kopf und seufzte. »Nicht einmal in der Angelegenheit des toten Gerbers bin ich weitergekommen«, vertraute er der Katze an, die majestätisch auf der Bank thronte, den Schwanz um ihren Leib geringelt, und ihre bernsteingelben Augen auf ihn heftete. »Am Tag seines Todes ist Schnorr weder beim Fischerwirt noch bei seinen anderen Zechkumpanen gewesen. Zumindest hat es keiner zugegeben. Seit gestern liegt der arme Kerl unter der Erde, und ich kann seiner Witwe nicht einmal sagen, wer daran schuld ist.« Bandolf schnitt eine Grimasse und zermarterte
sich wie so oft in den letzten Tagen das Hirn, ob er nicht etwas übersehen hätte, doch ihm wollte einfach nichts einfallen.
    »Der fette Adalbero wird zu Recht behaupten, ich sei unfähig, und den König wird es einen Furz kümmern, ob ich den Rest meiner Tage auf meinem Lehen versauere«, meinte er schließlich und schüttelte den Kopf.
    Penelope sprang mit einem Satz auf den Tisch. Der Federkiel schien ihr ein Dorn im Auge zu sein, denn sie stupste ihn erst vorsichtig an und fegte ihn dann schwungvoll vom Tisch. Nachdem sie auf diese Weise Platz geschaffen hatte, ließ sie sich auf der Inventurliste nieder. Der Burggraf zog eine Braue hoch, überlegte, ob er sie verscheuchen sollte, ließ es dann aber bleiben. Penelope streckte sich aus und fing an, eifrig an einer Ecke des teuren Pergaments zu kauen. Bandolf beobachtete sie mit stierem Blick, ohne ihr Einhalt zu gebieten. Die Zerstörungswut der Katze schien so gut zu seiner eigenen Stimmung zu passen. Erst, als sie die Ecke ganz durchgekaut und gefressen hatte, packte er Penelope im Genick und hob die fauchende Katze vom Tisch.
    Düster betrachtete der Burggraf seine misshandelte Liste und hielt dann der offensichtlich uninteressierten Penelope einen langen Vortrag über die Folgen der Zerstörung fremden Eigentums. Seine wohlformulierte Rede wurde jäh unterbrochen.
    »Mit wem sprecht Ihr da? Mit der Katze?« Matthäa war unbemerkt in die Halle getreten und schaute amüsiert von ihrem Gatten zu Penelope, die mit offensichtlicher Hingabe ihre Pfoten putzte.
    »Ich führe ein Selbstgespräch«, erklärte der Burggraf würdevoll. »Schon Vergil hielt das für eine angemessene Form des Dialogs«, behauptete er. Matthäa verbiss sich ein Lächeln.
    »Draußen ist ein Bote. Emeram, der Pfarrer von St. Johannes,
hat ihn geschickt«, sagte sie, und ihr Gesicht wurde ernst. »Auf seinem Kirchhof hat man einen Toten gefunden.«
    Bandolf spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Noch ein Toter? Was war nur los in seiner Stadt?
     
    Der Burggraf und sein Schreiber nahmen den Weg über den Markt zur Andreasgasse und betraten den Kirchhof durch die Pforte in der mannshohen Mauer, die den Bereich der Taufkirche von der Gasse abschirmte. Ein schmaler Pfad führte zu dem zehneckigen Baptisterium, das sich immer noch im Bau befand, seit Bischof Burchard vor einem halben Jahrhundert das Fundament hatte legen lassen. Das südliche Langhaus des Doms mit der Kapelle, die dem Heiligen Nikolaus geweiht war, bildete den eindrucksvollen Hintergrund der Taufkirche. Zur Linken, hinter der Kirchhofsmauer, befanden sich das Kapitelhaus der Domherren und die Domspeicher. Auf der anderen Seite in Richtung des Pfalzhofes lag in Mauernähe das weiß gekalkte Beinhaus.
    Die beiden Männer achteten sorgfältig darauf, auf dem Weg zu bleiben, damit sie nicht versehentlich auf ein unmarkiertes Grab traten. Nicht jedermann konnte es sich leisten, die letzte Ruhestätte seiner Lieben mit einem Kreuz oder einer Steinplatte zu schmücken. Vom bewölkten Himmel blinkten vereinzelte Sonnenstrahlen zwischen den Türmen des Doms hervor und fielen auf den Kirchhof herab. Bandolf sandte ein stummes Dankeschön an seinen Schöpfer, dass das Wetter trocken geblieben war. Wenn starke Regenfälle die Erde aufweichten, wollte so mancher Tote nicht in seinem nassen Grab verweilen. Dann konnte es passieren, dass man unversehens über ein halb verwestes Bein, einen gebleichten Schädel oder über die fahlen Knochen einer Hand stolperte, die sich Licht suchend aus gluckerndem Schlamm nach oben reckte.

    Zwischen der Kirche und dem Beinhaus hatten sich einige Männer in der Robe der Domherren

Weitere Kostenlose Bücher