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Die Verschwoerung der Fuersten

Die Verschwoerung der Fuersten

Titel: Die Verschwoerung der Fuersten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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hinter einem schmalen Durchlass zur Hafergasse. Das neue Fachwerkhaus prunkte mit dunklen Holzbalken und strahlend wei ßem Putz, und neben dem großzügigen Hof mit hauseigenem Brunnen standen Scheune und Stall.
    Bandolf holte tief Luft, dann klopfte er an die kleine, eisenbeschlagene Pforte im Hoftor. Ein Hauseigener öffnete ihm, und eine Magd führte ihn in die Halle, wo sich Ludgers Angehörige bereits versammelt hatten.
     
    In dem fensterlosen Raum herrschte eine spannungsgeladene Stille, die hin und wieder durch das bitterliche Schluchzen einer Frau unterbrochen wurde. Die Halle wirkte düster. Obgleich man ein paar Lampen aufgestellt und im Kamin
ein Feuer entfacht hatte, reichte das flackernde Licht kaum aus, um an die mit reichen Schnitzereien verzierten Balken der Decke vorzudringen.
    Bei Bandolfs Eintritt erhob sich eine schlanke dunkelhaarige Frau von der Bank und begrüßte ihn mit ausgestreckten Händen. Er wusste sofort, dass er Ludgers Mutter gegen überstand, auch wenn ihr Sohn blondes Haar und blaue Augen gehabt hatte. Elgards Ähnlichkeit mit Ludger war unverkennbar. Sie war auf herbe Weise anziehend, obwohl sie die Mitte ihres Lebens schon um eine Spur überschritten hatte. Ihre Züge spiegelten eine nur mühsam kontrollierte Anspannung wieder, und in ihren Augen schienen Tränen zu glänzen. Trotzdem wirkte Elgard auf Bandolf eigentümlich kalt und unbeeindruckt.
    »Ich weiß, warum Ihr gekommen seid, Burggraf«, sagte sie und neigte langsam den Kopf, als gewähre sie einem Bittsteller trotz widriger Umstände ihre Gunst. »Bruder Pothinus vom Domstift hat uns die Nachricht vom schrecklichen Tod meines Sohnes bereits überbracht.«
    Der Burggraf warf einen Blick in die Ecke des Raums, wo der rundliche Kämmerer herausfordernd die Nase hob. Musste sich der kleine Domtroll denn überall einmischen? Bandolfs Stirnrunzeln vertiefte sich, als er aus dem Augenwinkel auch noch die Heilerin Garsende auf der Bank sitzen sah.
    Hat sich denn halb Worms in Ludgers Halle versammelt?, fragte sich Bandolf verärgert. Die ersten Reaktionen der Angehörigen auf einen plötzlichen Todesfall konnten von Nutzen sein, doch die Gelegenheit war jetzt verpasst. Garsende schien seinen grimmigen Blick nicht zu bemerken, doch der Kämmerer stand auf und murmelte: »Jemand musste der leidgeprüften Familie den Beistand der Kirche versichern.«
    Elgard nahm seine Hand, während sie ihn unmerklich
zur Tür schob. »Wir sind dankbar für Euer Kommen, Bruder Pothinus. Doch ich fürchte, dass der Domstift Euch schon schmerzlich vermissen wird. Wir dürfen nicht selbstsüchtig sein und Euch von Euren schweren Pflichten abhalten.« Der Kämmerer machte ein verdutztes Gesicht, als er sich durch die Tür komplimentiert fand, und Bandolf dachte bei sich, dass er selten einen so eleganten Rauswurf erlebt hatte. Er erwartete, dass Elgard auch die Kräuterfrau wegschicken würde, doch sie wandte sich stattdessen an ihn: »Auch Euch danke ich von Herzen für Euer Kommen und für die Sorge um unser Wohlergehen. Aber lieber Burggraf, ich muss Euch bitten, Euren Besuch zu verschieben. Lasst uns Zeit, gebührend um meinen Sohn zu trauern.«
    Ums Haar hätte sich der Burggraf ebenso unversehens wie der Kämmerer und unverrichteter Dinge draußen vor der Tür wiedergefunden. Da rief ihm das spöttische Glitzern in den Augen des Mannes, der lässig neben Elgard an der Wand lehnte, wieder in Erinnerung, warum er gekommen war. Ärgerlich auf sich selbst, kämpfte Bandolf die Verlegenheit, die Elgard in ihm hervorgerufen hatte, nieder.
    »Ich bin nicht nur gekommen, um mein Beileid auszusprechen. Ich muss auch einige Fragen an Euch richten«, erklärte er und warf sich in die Brust.
    »Fragen? An uns? Aber warum?« Elgard schaute den Burggrafen erst verständnislos an, dann schien sie zu begreifen. »Ihr glaubt doch nicht etwa, jemand von uns hätte auch nur das Geringste mit dem Tod meines Sohnes zu tun?« Sie rang nach Atem und lehnte sich Hilfe suchend an den Mann neben sich.
    »Ich denke nichts dergleichen, das versichere ich Euch, gute Frau«, sagte Bandolf beschwichtigend. »Es würde mir aber sehr helfen, wenn ich wüsste, was Euer Sohn gestern den Tag über gemacht hat.«
    »Also wirklich, Burggraf. Hätte das nicht Zeit bis morgen
gehabt?« Der Mann neben Elgard war Sigurt von Siersberg. Bandolf kannte Elgards Bruder nur vom Sehen und musterte ihn interessiert. Sigurt war dunkelhaarig und ähnelte seiner Schwester, doch sein Gesicht

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