Die Verschwoerung der Fuersten
überraschten Gattin mit, dass er selbst zur Heilerin gehen würde, um die Medizin für Hildrun zu holen.
»Ihr müsst Euch nicht bemühen«, wandte Matthäa ein. »Garsende wollte zur Sext in die Stadt kommen. Und Hildrun geht es schon viel besser.«
Der Burggraf warf einen kurzen Blick auf die junge Magd, die auf ihrem Lager beim Herdfeuer lag, unlustig auf einem trockenen Kanten Brot kaute und Filiberta einen blumigen Bericht ihrer erbarmungswürdigen Verfassung gab. Seit dem gestrigen Abend ging es ihr wieder gut genug, um aller Welt zu verkünden, wie elend sie sich fühlte.
»Gleichwohl«, brummte der Burggraf und war aus der Tür, bevor Matthäa weitere Einwände hervorbringen konnte.
Nieselregen begleitete Bandolfs Weg in Richtung Roxheim und seine Gedanken. Er wusste selbst nicht genau, weshalb er es plötzlich eilig hatte, mit der Heilerin zu sprechen. Der mühselige Versuch, sein Mosaik um Ludgers Tod, den des Gerbers und des Überfalls auf den Erzbischof von Bremen zusammenzusetzen, hatte ihn lange wach gehalten.
Immer wieder waren seine Überlegungen an denselben Punkten steckengeblieben. Was hatte ein alter Trunkenbold wie Schnorr mit einem Edelmann von Ludgers Schlag zu schaffen? Hing sein Tod mit der Ermordung Ludgers zusammen, oder war es nur ein Zufall, dass der Gerber am Tag seines Todes mit Ludger gesprochen hatte?
Nach seinem zweiten Besuch beim Fischerwirt hatte Prosperius berichtet, dass der Gerber nach seinem Gespräch mit Ludger schnurstracks in die Schänke getrabt war und dort seine Zeche mit einem Teil von Ludgers Münzen bezahlt hatte. Nach etlichen Humpen Bier und einem gerüttelt Maß seiner üblichen Prahlerei war er schließlich gegangen. Um was zu tun?
Schnorr musste in der Nacht des Überfalls auf Adalbert von Bremen in der Nähe des Pfalzhofs gewesen sein. Dessen war Bandolf sich sicher. Seine Witwe hatte gesagt, Schnorr wäre in jener Nacht abgängig gewesen, und Alfrads Beschreibung des Stoffs, den der Gerber Ludger gezeigt hatte, konnte sehr wohl zu dem Loch in Adalberts Dalmatika passen. Prahlhans, der Schnorr war, lag der Gedanke nahe, dass er womöglich versucht hatte, sein Wissen in klingende Münzen umzusetzen.
Ein kalter Regentropfen fiel von einem Baum in Bandolfs Halsbeuge, als er in den schmalen Waldpfad einbog, der vom Weg nach Roxheim abzweigte und zu Garsendes Hütte führte. Angewidert schüttelte er sich.
Wie war der Gerber aber an das Stück Stoff gelangt? Hatte er es dem bewusstlosen Erzbischof ausgerissen? Unsinn! Er hatte es gefunden. Und dann? Zeigte er es Ludger. Doch warum nur? Aus welchem Grund hatte er sich damit ausgerechnet an den Herrn von Blochen gewandt? War Ludger gar selbst der Attentäter? Seufzend schüttelte Bandolf den Kopf. Bruder Goswin hatte ihm erzählt, dass Ludgers Familie vom Aufstieg des Erzbischofs von Bremen profitiert hatte.
Welchen Grund sollte Ludger da gehabt haben, ihm ans Leder zu wollen? Nein. Ludger hatte seine junge Edelnase ins Geschmeiß auf dem Kirchhof gesteckt, und dort musste Schnorr ihm begegnet sein. Vielleicht dachte der Gerber bei sich, Ludger wäre der rechte Mann, ihm zu raten, wie er seinen Fund in Münzen umwandeln konnte. Doch Ludger riet ihm davon ab. Er warnte, Schnorr würde sich in Schwierigkeiten bringen, und das könnte schlimm für ihn enden.
Ludger hatte Recht gehabt. Der Gerber war tot. »Warum, zur Hölle, ist aber nun auch Ludger tot?«, fragte Bandolf laut, doch die nass glänzenden Bäume um ihn herum gaben keine Antwort.
Womöglich musste er den Grund für Ludgers Ermordung doch woanders suchen, womöglich in der Hafergasse. Das brachte Bandolfs Gedanken zurück zu Garsende. Seinem Empfinden nach steckte die Heilerin ihre Nase weit über Gebühr in diese Angelegenheit. War sie gar selbst in Ludgers Ermordung verstrickt, und war ihr deshalb so daran gelegen? Und wenn sie unschuldig war, würde ihr Geschwatze mit den Frauen sie vielleicht in Gefahr bringen, und er, der Burggraf, trüge die Verantwortung dafür. Schließlich hatte er der Heilerin zugeredet, sich umzuhören.
Weiter kam der Burggraf nicht mit seinen Überlegungen. Er hatte die Lichtung bei Garsendes Haus erreicht. Bandolf stieg ab, führte seinen Braunen zur Rückseite der Hütte und band ihn am Pferch von Garsendes Ziege fest.
Just kehrte er von dort zurück, als die Tür zur Hütte aufgestoßen wurde, eine kleine Gestalt heraushuschte und schnell auf den Waldrand zulief. Plötzlich blieb sie stehen und warf einen Blick
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