Die Verschwoerung der Fuersten
Tuchschläger Eginhard geschickt, doch Prosperius hatte sich mit seiner Rückkehr Zeit gelassen. Als er endlich aufgetaucht war, schwankte er bedenklich
und roch, als hätte man seinen Kittel in ein Bierfass getaucht.
Nun stand er kleinlaut vor dem Burggrafen in der Diele und schien in seinem vernebelten Gehirn nach einer Entschuldigung zu suchen, die seinen ergrimmten Herrn beschwichtigen würde.
»Da waren die Wachleute vor dem Martinstor …«, stammelte er. »… Diensteinteilung, Ihr wisst schon … und dann gab‘s da ein Würfelspiel … wollte nur eben einen winzigen Wurf machen, und dann …«
Bandolf ließ ihn nicht weiter zu Wort kommen. »Das nächste Mal prügle ich dich, bis dir Hören und Sehen vergeht, merk dir das wohl«, schrie er. »Und jetzt geh und steck deinen Kopf in einen Eimer Wasser. Dann machst du dich gleich auf den Weg zum Markt und lässt dir vom Büttel Bericht erstatten.«
»Und das Vesper?«, wagte Prosperius einzuwerfen und verstummte vor dem drohenden Blick des Burggrafen. Mit hängendem Kopf schlich er nach draußen.
Bandolf war just im Begriff, in die Halle zurückzukehren, als Pater Emeram unerwartet durch die Tür trat. Die Kutte des Priesters war regenfeucht. Er stand mit eingezogenen Schultern im Eingang und lächelte entschuldigend. »Gott zum Gruß, Burggraf. Ich hatte in Eurer Nachbarschaft zu tun und war auf dem Nachhauseweg, als es anfing zu regnen. Ich dachte, ich könnte mich in Eurer Halle wohl ein wenig aufwärmen?«
»Herein mit Euch, Pater«, rief Bandolf aufgeräumt. »Ihr seht ja aus wie ein Bettelmönch. Mein Weib wird Euch einen Becher Würzwein bringen. Der wird Euch guttun.«
Der Priester folgte ihm in die Halle und ließ sich schwer auf die Bank sinken. Matthäa erhitzte einen Krug Wein mit Hilfe einer heißen Eisenstange, die sie in das nach Kräutern duftende Nass tauchte, und füllte den Becher des Priesters.
Dann zog sie sich eilig wieder an die Feuerstelle zurück, wo Hildrun um Aufmerksamkeit heischte und Filiberta mit der Zubereitung des Abendbrots beschäftigt war.
Emeram räusperte sich. »Gibt es schon Neuigkeiten? Neuigkeiten über Ludgers Tod?«
Bandolf schüttelte den Kopf.
»Ich mache mir die größten Vorwürfe, Burggraf«, sagte der Priester leise.
Erstaunt musterte der Burggraf seinen blassen Gast. »Nur weil die Tat auf Eurem Kirchhof geschehen ist, müsst Ihr Euch doch keine Vorwürfe machen. Wie hättet Ihr so etwas verhindern wollen?«
»Und dennoch. Wenn ich …«, Pater Emeram verstummte und schüttelte trübsinnig den Kopf. Das Feuer im Kamin wärmte seinen Rücken, doch er zog, immer noch fröstelnd, die Schultern zusammen. Bandolf warf ihm einen scharfen Blick zu. »Wenn Ihr was? Heraus damit, Pater. Ihr verschweigt mir doch etwas?«
Emeram setzte zu einer Erwiderung an, doch dann presste er plötzlich die Lippen aufeinander, senkte den Kopf und starrte schweigend in seinen Becher.
Bandolf unterdrückte einen lästerlichen Fluch, der ihm vor Ungeduld auf der Zunge lag.
Endlich schüttelte Emeram den Kopf. »Alles, was ich Euch sagen könnte, wisst Ihr bereits. Ludger war ein leichtsinniger junger Mann, der sich seinen sündigen Gelüsten unterwarf. Und am Ende haben ihn seine Sünden wohl eingeholt. Aber ich hätte niemals geglaubt …«, er ließ auch diesen Satz unbeendet, stürzte hastig den heißen Wein hinunter und stand auf.
»Ihr meint, Ludgers Hang zu den Weibern und zum Spiel hätten ihn das Leben gekostet?«, fragte Bandolf stirnrunzelnd. Emeram antwortete nicht. Stattdessen beugte er sich zu Bandolf hinunter und raunte: »Ihr müsst wachsam sein.
Der Teufel schlüpft in jedes Gewand: Bettler, Priester, Bischof, Edelmann.«
Bevor Bandolf noch eine Erwiderung auf seine kryptischen Worte einfiel, hatte Emeram sich umgedreht, Matthäa und den Mägden ein »Gott befohlen« zugerufen und war aus der Halle gestürmt.
Der Burggraf blieb verblüfft zurück. Was bei allen Heiligen hatte dieser Auftritt zu bedeuten gehabt? Wusste Pater Emeram irgendetwas über den Mord? Oder trug der Priester am Ende gar selbst die Schuld an Ludgers Tod?
KAPITEL 12
D er nächste Morgen fand Bandolf zu ungewohnt früher Stunde auf den Beinen. Schlecht gelaunt und ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte trommelnd, wartete er auf sein Frühstück, das er dann hastig hinunterschlang. Kaum hatte er den letzten Rest aus der Schüssel mit einem Bissen Brot ausgewischt und in den Mund gesteckt, stand er auf und teilte seiner
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