Die Verschwörung des Bösen
Sellerie und Koriander serviert wurden. Die größten Barsche waren zwei Meter lang und an die hundertfünfzig Kilo schwer. Von Natur aus starke Kämpfer, ließen sie sich nicht leicht fangen, waren aber jetzt im Winter leichtere Beute, weil sie dann dicht unter der Wasseroberfläche schwammen. Ihr Rücken war olivbraun, ihr Bauch silbrig und ihr Fleisch überaus zart. Der Legende nach musste der Barsch den Bug der Sonnenbarke beschützen und die göttliche Besatzung vor dem Schlangenungeheuer warnen, das die Wasser des Nils austrinken wollte. General Nesmontu verspeiste genüsslich eine Meeräsche mit rundem Kopf und großen Schuppen, die aus den Salzsümpfen oder dem Nildelta stammte. Schnell und geschickt wie sie war, entkam sie oft den Netzen der Fischer. Sehotep ließ sich das köstliche weiße Fleisch einer silbrig glänzenden Barbe schmecken. Die Ägypter fingen die Barben mit dreifachen Angelhaken; als Köder verwendeten sie entweder Datteln oder Kügelchen aus Gerstenkeimen. General Sepi aß mit großem Vergnügen einen sehr kostbaren Fisch, einen Nilhecht mit kurzem Maul und großen Augen, der sich für gewöhnlich in den Ufergewässern aufhielt. Dieses nachtaktive, sehr scheue Tier kommt fast nie an die Wasseroberfläche, und nur ausgefuchsten, erfahrenen Fischern gelang es manchmal, diesen Fisch zu fangen. Sobek schließlich verzehrte eine erlesene Citharine mit silberweißem Bauch und graublauem Rücken. Und keiner ließ sich dann zweimal bitten, als die Platten mit Seebarben, Aal, Karpfen und Schleien herumgereicht wurden.
Die Fischeier aus mehrmals in Salzwasser gewaschenem, zwischen Specksaiten gepresstem und anschließend getrocknetem Meeräschenrogen waren ausgezeichnet. Dieser Botargo genannte Kaviar begleitete die Hauptgerichte, die ausnahmslos großen Beifall fanden. Gesteigert werden konnte dieser Genuss nur noch durch Weine mit dem Prädikat
»achtfach gut«, der höchsten Auszeichnung. Sogar General Nesmontu musste zugeben, dass die Meisterwinzer des Gazellengaus denen aus dem Nildelta in nichts nachstanden. Als sich nun alle in entspannter Atmosphäre angeregt unterhielten, wandte sich Chnum-Hotep erneut an den König.
»Majestät, darf ich Euch jetzt um eine Erklärung für die schrecklichen Fragen bitten, die Ihr mir gestellt habt?«
Der Pharao nickte und begann: »Der Baum des Lebens, Osiris’ Akazie in Abydos, unterliegt einem bösen Zauber. Wenn sie stirbt, stirbt ganz Ägypten. Nur ein ganz bestimmtes Gold vermag sie zu heilen. Außerdem müssen wir unbedingt den Schuldigen ausmachen, der Seths Kräfte gegen Osiris einsetzt.«
»Und Ihr habt wirklich geglaubt, ich wäre der Schuldige?«, fragte Chnum-Hotep entsetzt.
»Wir mussten jeden Provinzfürsten verdächtigen, der an seinen Vorrechten festhalten wollte. Kam der Kampf gegen die Einheit des Landes nicht dem gegen die Wiederauferstehung von Osiris gleich? Heute sind die Zwei Länder wieder vereint, und deine Unschuld steht fest – so wie im Übrigen auch die der anderen Provinzfürsten.«
»Wer ist dann der Schuldige?«
»Solange wir das nicht wissen, schweben wir in großer Gefahr.«
»Ich werde Euch mit aller Kraft bei der Suche nach dem Übeltäter unterstützen.«
»Ohne Fehl und Tadel?«
»Befehlt nur, ich werde gehorchen.«
Es war bereits tiefe Nacht, als köstliche Honigkuchen gereicht wurden. Und als sich der Pharao erhob, standen auch alle anderen Gäste auf, um sich eine Erklärung anzuhören, die ihnen von vornherein wichtig vorkam.
»Es gibt keine Provinzherren mehr, die alten Zwiste sind beseitigt. Ober-und Unterägypten finden in Herz und Faust des Königs zusammen. Die Verwaltung der Zwei Länder übergebe ich einem Wesir. Er wird mir jeden Morgen Bericht erstatten und sein Vorgehen erläutern, unterstützen werden ihn Minister, und der Königliche Rat wird ihn beaufsichtigen. Seine Aufgabe sieht beschwerlich, hart, undankbar und gallenbitter aus. Er muss Maats Gesetz anwenden, ohne es je zu überschreiten, ohne Schwächen oder Auswüchse sein, jedes Unrecht verfolgen, dem Armen genauso viel Verständnis wie dem Reichen schenken, natürlichen Respekt einflößen, und er darf nie den Würdenträgern zu Kreuze kriechen.«
Jetzt hatte jeder nur noch einen Gedanken: Wie hieß
derjenige, der als Erster den Titel dieses erdrückenden Amts tragen sollte, wer war der Mann, der das uneingeschränkte Vertrauen des Monarchen genoss und jetzt mit dieser gewaltigen Menge an Verwaltungsaufgaben auf höchster Ebene
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