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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Blut, und es ist dann besser für einen guten Juden, sich nicht aus dem Viertel hinauszutrauen, bis die Luft wieder rein ist.«
    »Ist es nicht eine Schande«, sagte Henri, »dass wir uns so aufführen? Haben die Juden nicht das gleiche Recht auf alle diese Feste? Wir haben sie nicht erfunden! Im Gegenteil, die meisten übernahmen wir nur von ihnen.«
    »In Speyer ist es so«, erklärte Theophil, »dass die Priester eine päpstliche Bulle erlangt haben, die die Juden verpflichtet, in der Nähe des Domes in einer eigenen ummauerten Stadt zu wohnen.« Henri blickte auf den mächtigen Dom aus rotem Sandstein, dessen sechs Türme in den Himmel zu ragen schienen.
    »Wir mussten also hinter die dicken Mauern des Ghettos, das mit eisernen Ketten vor den Toren geschützt ist, um sie gegen den Pöbel abzuschirmen. Das letzte große Blutbad fand allerdings schon in eurem Jahr 1096 statt, als man zu einem Kreuzzug aufrief und manche behaupteten, die Juden stählen geweihte Hostien, die sie mit Messern durchstächen, bis das Blut herausfließe, und sie schlachteten zu Pessah kleine Christenkinder, um ihr Blut bei nächtlichen Gottesdiensten zu trinken. Seitdem gab es keinen Pogrom mehr. Und in unserer eigenen Erinnerung haben wir außer kleinen Scharmützeln, in denen allerdings auch Blut floss, nichts erlebt.«
    »Gott sei gedankt«, sagte Alma und hob gleich darauf in der jüdischen Geste des Dankes die Hände über ihren Kopf.
    »Damals starben allerdings fünfhundert Menschen, die meisten verbrannten in ihren Häusern, die Christen angesteckt hatten.«
    »Im Heiligen Land haben wir es ebenso gemacht«, erinnerte sich Henri. »Wir haben, vielleicht aus gutem Glauben, gehaust wie Barbaren. Aber wir sind es doch, die getauft sind, und wir nennen die anderen Barbaren und Ungläubige!«
    »Was wollt Ihr, Henri?«, fragte Alma und nahm wieder seinen Arm. »Ihr nicht und auch ich nicht – wir werden es nicht ändern.«
    »Und deshalb können wir nichts weiter tun, als heute Abend ein schönes Pessah zu feiern«, sagte Theophil. »Dann wirst du auch Rahel kennen lernen, unsere jüngste Tochter, die wir bereits im jüdischen Glauben erzogen haben. Sie ist zwanzig. Und sie kommt aus Frankfurt am Mainfluss herüber. Mein Gott, sie ist so schön! Und wenn ich sie nicht bei Meyer Bechach gut aufgehoben wüsste, der ihr eine fundierte Ausbildung in den Sprachen gibt, ich könnte verzweifeln, dass sie in diesem Sündenpfuhl leben will!«
    Je länger der Aufenthalt in Speyer dauerte, desto wohler fühlte sich Henri auch aus ganz persönlichen Gründen. Es war das erste Mal seit langen Jahren, dass er das Gefühl hatte, eine Familie um sich zu haben. Er dachte sehnsüchtig an seine eigene Heimat, sein Ziel Midlothian in Schottland, zurück. Vater und Mutter hatte er nie wirklich besessen, und er war früh in den Pariser Tempel aufgenommen worden, wo Ersatzväter ihn streng erzogen. Aber Theophil und Alma und auch die warmherzige Gemeinschaft der Juden in Speyer gaben ihm ein heimatliches Gefühl. Er war ihnen dankbar dafür.
    Als es Nacht wurde, zündete Alma in ihrem Haus die Lichter an. Henri sah jetzt, dass sie alle Gegenstände besaßen, die in jüdischen Häusern vorhanden waren. Sie legte das bunt bestickte Tafeltuch mit den Goldfransen über den Tisch und darauf drei ungesäuerte Brote und sechs kleine Schüsseln mit den symbolischen Speisen des Pessah, das waren Lattich, Eier, Mairettich, Nüsse, Lammknöchelchen und ein Gebäck mit Zimt und Rosinen. Und sie füllte den zeremoniellen Kidduschbecher bis zum Rand mit Wein und stellte ihn auf einen zinnernen Sederteller.
    Nach und nach trafen Rahel, die Tochter, ein jüdisches Ehepaar aus dem Ghetto namens ben Hiskia und schließlich Theophil ein. Rahel war wirklich so anmutig, wie ihr Vater erwähnt hatte, und Henri bedachte sie mit wohlgefälligen Blicken. Jeder bekam seinen vorgeschriebenen Platz zugewiesen. Alma zündete die Hawdalakerzen an und rückte die Besomimbüchse mit den Gewürzen zurecht. Die Gäste saßen da wie Kinder und sahen ihr zu.
    Theophil begann bald aus der Haggada zu lesen, einem Buch der Sagen, Wundergeschichten, Gebete und Festlieder. Die Lichter der silbernen Sabbatlampe leuchteten warm. Und als Bedienstete die Nachtmahlzeit hereinschoben, man aß und roten Wein aus Bechern trank, in die heilige Geschichten der Juden eingraviert waren, und Theophil, der bereits zur Nacht gegessen hatte, fortfuhr, mal wehmütig, mal heiter vorzulesen, da konnte Henri nicht

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