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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Reitpeitsche in der Linken, in der anderen Hand einen dunklen, stumpfen Gegenstand. Als er Henri sah, stürzte er auf ihn zu. »Du schon wieder! Was willst du? Ich werde dir…!«
    Henri spürte den Hieb mehr, als er ihn sah. Instinktiv trat er zur Seite. Ein stechender Schmerz in seiner linken Schulter zeigte ihm an, dass Ferrand mit einem Gegenstand zugeschlagen haben musste, der kein Schwert gewesen sein konnte. Henri taumelte. Als er sich wieder aufrichtete, nahm er einen fliehenden Schatten an der kleinen Hintertür wahr.
    In Henri formte und löste sich die Wut über diesen infamen Menschen zu einem Schrei. Dann folgte er Ferrand de Tours.
    Er gelangte in den Garten hinter der Kirche. Palmen umstanden den Innenhof, der von einem Kreuzgang gesäumt wurde. In der Mitte plätscherte ein Brunnen. Hinten im Gebüsch raschelte und bewegte sich etwas, aber Henri konnte nichts Genaues erkennen. Ferrand blieb verschwunden.
    Henri zog sein Kurzschwert und folgte dem Geräusch. Er wusste, dort hinten, diagonal zu seiner eigenen Position, war ein Durchgang zur Straße, die von der Rückfront zu verschiedenen Seminargebäuden des Hieronymiten-Klosters verlief. Er rannte hinüber und betrat die Straße. Ich töte dich, Ferrand, dachte Henri. Und er meinte es ernst.
    Für einen Moment blendeten ihn die Sonnenstrahlen. Niemand war zu beiden Seiten zu sehen. Er machte kehrt.
    Jetzt nahm er eine offen stehende Tür wahr. Dort befand sich die Lonja de Mercaderes, eingekeilt von zwei anderen Gebäuden, beide besaßen mehrere geschlossene Fenster, aber keinen Eingang. Der Flüchtige musste also durch das Tor verschwunden sein.
    Henri ging mit ein paar langen Schritten hinüber, die schwarze Öffnung des Durchgangs zog ihn unwiderstehlich an. Lauerte Ferrand dahinter? Dann würde er sein Schwert zu spüren bekommen. Ihm war, als flüstere ihm jemand zu, näher zu kommen, einzutreten…
    Als Henri durch die von einem maurischen Bogen gekrönte Tür trat, öffnete sich dahinter ein schmaler Gang, der mit kleinen, spitzen Steinen gepflastert war. Henri hörte seinen eigenen Schritt hallen. Als er stehen blieb, fiel im Hintergrund eine Tür zu.
    Eine Art Laubengang, wie er ihn aus verschiedenen Palacios im Süden Iberiens kannte, lag vor ihm. Der Gang wirkte wie ein Schlauch auf dem Grund eines kühlen Sees, rechts und links schien das Schilf in der Dünung des kühlen Wassers wie im Traum leise zu wogen. Das Bild des Wassers drängte sich in sein Bewusstsein. Er musste einfach diesem Gang folgen.
    Es wurde ihm bewusst, dass er mitten in Toledo war, zur belebten Mittagszeit. Doch dieser Ort hier hatte etwas Magisches, Fremdes. Und wenn Ferrand eine andere Waffe als die Reitpeitsche besaß, lauerte sogar der Tod auf ihn.
    Es war totenstill, kein Vogel sang.
    Henri befand sich jetzt auf der Südseite der Stadt. Hinter den Mauern musste rechter Hand schon der Tajo fließen.
    Am Ende des Ganges blieb er wieder stehen und warf einen Blick zurück. Niemand war zu sehen. Seitlich öffnete sich ein kleiner Garten mit einer umlaufenden Empore auf halber Höhe der quadratischen Häuserwand. Wo war Ferrand? Henri ließ die wachsamen Blicke schweifen. Die Empore stand auf dicken, gedrungenen Marmorsäulen, nach Art der Kirchenpfeiler mit Tierköpfen und Dämonen verziert. Dahinter konnte sich Ferrand verbergen. Aber als Henri vorsichtig näher ging, bemerkte er, dass der Lichteinfall den Schatten eines Versteckten verraten hätte.
    »Ferrand! Wo bist du? Zeig dich, du Feigling!«
    Henris Stimme hallte nach und verlor sich dann. Stille. Er ging weiter. Jenseits des Durchgangs betrat er den dunklen Raum der Casa des Chapiz. Er stellte sich mit dem Rücken zur Wand und versuchte, etwas zu erkennen. Kühl fühlte er den roh verputzten Stein an seinem Rücken.
    Henris Blicke konnten die Dunkelheit nicht durchdringen. Er tastete sich weiter, Schritt für Schritt. Instinktiv spürte er die Gegenwart eines anderen.
    Henri versuchte, sich den Grundriss der Casa in Erinnerung zu rufen, die er von Besuchen kannte. Er stand hier im Erdgeschoss einer kleinen Halle, die so hoch wie das ganze Haus aufragte, linker Hand führte eine Treppe in das umlaufende obere Stockwerk, in der Mitte des gefliesten Raumes musste sich ein kleines, ovales Bassin befinden, das von vier, eine Gazelle reißenden Löwen umrahmt wurde. Der ganze Raum konnte nicht mehr als dreißig Meter im Quadrat messen.
    Wo wartete Ferrand auf ihn?
    Plötzlich fiel genau gegenüber im Hintergrund

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