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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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sind.«
    Henri verknüpfte mit der Stadt der Päpste zu ungute Erinnerungen, um ihm frohen Herzens zustimmen zu können.
    »Nein!«, rief Uthman in diesem Moment, »wir feiern, wenn wir Ferrand haben. Denn schaut einmal voraus! Für was haltet ihr diesen Anblick dort?«
    Verblüfft starrten Henri und Joshua auf das, was sie in der Ferne zu sehen bekamen. Auf einer Anhöhe, dort, wo sich ein Schwarm Krähen zu sammeln schien, den Joshua ebenso fürchtete wie den Tod, denn diesen brachten die aasfressenden Vögel gewöhnlich mit sich, dort stand plötzlich, wie eine Mauer, eine Reihe von Kämpfern.
    Ihre Umrisse hoben sich gegen die Sonnenstrahlen ab. Ein Lichtkranz schien sie zu umspielen.
    »Ferrand?«
    »Wohl kaum.«
    »Wer dann?«
    »Wir werden es gleich erfahren. Sie kommen näher.«
    Die Fremden ritten in breiter Reihe heran. Sie trugen Piken und Schwerter. Und sie schienen keine Eile zu haben. Als sie auf schnaubenden Pferden vor den Gefährten hielten, ein Dutzend hagerer Gestalten mit finsteren Blicken, hob Henri die Hand zum Gruß.
    »Gott mit Euch! Auf welchen Wegen seid Ihr?«
    Ein Reiter, offenbar der Anführer, trieb sein staubbedecktes Pferd mit einem Schenkeldruck aus der Reihe nach vorn. »Wir sorgen für Ordnung. In Frankreich herrscht das Chaos, und an der Grenze fließt Blut. Die Grenzwachen sind von einer durchziehenden Horde getötet worden.«
    Ferrand!, dachte Henri. Und er sagte: »Wir verfolgen ein Dutzend Männer auf schnellen Pferden, die in Iberien Unheil unter den Judengemeinden angerichtet haben. Sie werden die Mörder gewesen sein.«
    »Wer sind diese Unholde?«
    Henri machte eine unbestimmte Geste. »Söldner der französischen Bastarde, die sich inzwischen um die Krone balgen.«
    »Das habt Ihr richtig ausgedrückt, mein Freund«, sagte der grimmige Soldat, »denn in Frankreich kämpft nach dem Tod Philipps jeder gegen jeden.«
    Dann war meine Tat nicht segensreich für das Land, musste Henri denken. Das habe ich wahrlich nicht gewollt. Ich dachte, dass nach dem Tod Philipps alles besser werden würde.
    Er fragte weiter: »Kann man sich noch immer nicht auf einen Nachfolger einigen?«
    »Der zehnte Ludwig führt die Geschäfte, aber er ist ein schwacher Kandidat, daneben ist Johann und sind Philipps Söhne auf dem Sprung. Wer es schließlich macht, bleibt offen. Und bis dahin versinkt das Land in Wirren.«
    Henri nickte. »Könnt Ihr uns den besten Weg durch die Pyrenäen zeigen? Wir sind in Eile.«
    Der Soldat wies hinter sich in die Höhen. »Den Weg dort, auf dem wir kamen, weiter bis Puigmal, es geht aber auf Ziegenpfaden über die hohen Gipfel. Anderswo sind die Pyrenäen allerdings noch gewaltiger. Dann folgt Ihr zwei Tage lang den Geröllwegen bis Saint Martin und kommt in die Ebene. Erst vor Quillan steigt die Landschaft wieder an.«
    »Ich danke Euch!«
    Man verabschiedete sich mit sparsamen Gesten voneinander. Als Henri sich im Sattel umwandte, standen die Soldaten noch immer unbeweglich da, als misstrauten sie ihnen. Die Bewaffneten waren nicht gerade vertraueneinflößend, aber immerhin eine Ordnungsmacht. Ganz ohne Gesetz war Frankreich also nicht.
    Die Wege waren so, wie der Soldat es beschrieben hatte. Und immer behielten sie Ferrands Spuren im Blick – aber der Franzose schien weiterhin wie auf Zauberrossen vor ihnen herzufliegen.
    Kurz hinter Puigmal begann der steinige Weg abschüssig zu werden. Nachdem sie mehrere Meilen zurückgelegt und dabei hässliche, primitive Weiler am Hang aus windschiefen Ställen passiert hatten, in denen sich kein Leben rührte, kamen sie in einem Ort an, der ohne Namen war. Das lag, wie sie von einem Anwohner erfuhren, daran, dass mehrere durchziehende Armeen die Bewohner immer wieder zum Umtaufen gezwungen hatten. Jetzt wollten sie lieber in einem namenlosen Ort wohnen.
    Auf dem Gipfelplateau wehte nach dem Aufstieg über Serpentinen ein eisiger Wind. Hier lag noch Schnee. Die Aussicht über Grate, Bergklüfte, weiß bestäubte Baumwipfel, hinabstürzende Bäche an den Hängen und grünbraune Ebenen zwischen den Gipfeln war so atemberaubend, dass Henri für Momente den ernsten Grund seines Hierseins vergaß. Wolkenformationen zogen rasch dahin oder quirlten in sich, Licht durchpulste die Nebelschleier wie ein inneres Herz. Etwas wie Pathos, das ihn erschauern ließ, umwehte die Höhen und senkte sich tief in Henris Geist und Gemüt. Auch seine Gefährten zeigten sich beeindruckt. Henri musste aber auch denken, dass die Berg-massive, die

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