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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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»Wir ruhen uns tagsüber aus und reiten nachts. So sind wir am besten gegen Überfälle geschützt. Wie lange brauchen wir bis Avignon?«
    »Sechs Tage«, schätzte Joshua. »Und du willst wirklich in die Stadt deiner Feinde, Henri? Glaubst du, dort Gerechtigkeit zu finden?«
    »Um zu erreichen, was zu erreichen ist, muss ich es wagen. Unser Bruder Bernhard sagte: Viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt. Er zitierte damit das Tempelgleichnis des heiligen Augustinus, in dem dieser die tief gläubigen, auserwählten Menschen Steine nannte, mit denen der neue Tempel Gottes gebaut werden würde. Wir sind solche Auserwählte, man rechnet mit uns – ob wir es wollen oder nicht. Wir dürfen keiner Gefahr ausweichen.«
    Joshua seufzte. »Dürfen Auserwählte auch Angst haben?«
    »Natürlich. Aber sie dürfen ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren.«
    »Das sagt sich leicht. Aber was heißt das in unserem Fall?«
    »Wir müssen Gefahren von Schwächeren, die sich nicht selbst verteidigen können, abwenden. Die Juderia in Toledo braucht unser Handeln. Denk daran, in welcher Gefahr sie noch immer schwebt! Denk an Theophil, an Azaria, an die Schüler der Übersetzungsschule, an wen du willst!«
    Uthman schwieg zu allem. Henri blickte den Gefährten an und sagte:
    »Wenn du, Uthman, nicht dorthin zurückwillst, wo man dich als Mörder des Papstes erkennen kann, dann trennen wir uns vor den Toren der Stadt.«
    »Mein Vater Umar ibn al-Mustansir, Allah sei ihm gnädig, sagte immer, wer davor zurückscheut, dem Feind ins Weiße des Auges zu blicken, der kann ihn nicht besiegen.«
    »Dein Vater war ein weiser Mann. Aber sein Sohn muss sich trotzdem in jeder neuen Lage frei entscheiden.«
    »Wir werden sehen. Lasst uns reiten. Es wird noch ein langer, beschwerlicher Weg.«
    Sie verstauten den gefesselten Ferrand bäuchlings auf Henris Reittier. Der Franzose wehrte sich, er biss und trat um sich wie ein gefangenes Tier. Henri musste die Fesseln fester anziehen, um ihn zur Vernunft zu bringen. Ferrand blickte ihn danach nur noch hasserfüllter an.
    Dann legten sich die Gefährten die Hände auf die Schultern und sahen sich noch einmal schweigend in die Augen. Sie brauchten keine Worte. Stumm gelobten sie sich, immer füreinander da zu sein.
    Dann schwangen sie sich auf die Pferde, gaben die Zügel frei und trabten an.

 
    9
     
     
     
    September 1315, in Avignon
     
    Der Kardinal blickte den Generalinquisitor ungläubig an, dessen Kranz schlohweißer Haare wie eine würdevolle Krone wirkte. Aber diese Krone adelte ihn nicht, denn Guillaume de Imbert hatte sie sich auch durch die Ausübung sadistischer Gewalt erworben. Er hatte sein Leben lang gebetet und gefoltert.
    »Ja, es ist wahr«, wiederholte der Großinquisitor noch einmal in das Schweigen der kleinen Versammlung hinein, die er im Dominikanerkloster einbestellt hatte. »Sie sind nicht tot. Sie rühren sich noch. Diese Charta hier schließt alle jene aus dem Orden aus, die aus Frankreich geflohen sind. Und sie macht jene zu Helden, die den Tempelorden in heimlicher Wühlarbeit weiterführen. Und an vorderster Stelle wird jener verfluchte Ketzer Henri de Roslin genannt, der den König ermordete und uns leider aus Fontainebleau entkam, was ich übrigens noch immer nicht verstehen kann.«
    »Wer verfasste diese Charta denn, die jetzt geschrieben wurde, damit Templer sie an ihresgleichen weitergeben?«, wollte der Kardinal wissen. Die anwesenden Dominikaner nickten dazu. Sie wollten alles über den verbotenen Tempel wissen, denn die domini canes, die Hunde des Herrn, waren mit seiner Ausrottung beauftragt worden. Und sie wollten diesen Auftrag gewissenhaft bis zum Ende erfüllen.
    Der Generalinquisitor rückte sein edles Hermelinbarrett, das mit goldenen Spangen geschmückt war, auf den weißen Haaren zurecht. »Wir kennen die Verfasser nicht und können sie uns auch nicht vorstellen. Der Orden ist gründlich zerschlagen. Die Großmeister längst zu Asche verbrannt. Aber Henri lebt. Nun, wir erwarten ihn bald in Avignon, eskortiert von guten Männern unter Leitung des wackeren Ferrand de Tours. Die Straßen bis zu unseren Mauern werden von Bewaffneten gesäumt sein, damit auch gar nichts passieren kann. Henri ist wieder in unserer Hand!«
    »Er ist das Haupt. Wenn wir ihn haben, zerschlagen wir auch den Körper dieser Brut!«
    »Aber diesmal machen wir es gründlich. Hier werden wir ihm offiziell den Prozess machen. Und bis zum Tag des Urteilsspruches verbleibt er in

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