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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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mehr oder weniger passte, das Haus durch den Seiteneingang betreten hatte. Jetzt rief er Leumundszeugen für Adinetts lauteren Charakter auf. An ihnen herrschte kein Mangel, was er deutlich hervorhob. Er ließ einen nach dem anderen auftreten, Männer aus den verschiedensten Lebensbereichen: Militärs, Politiker, Angehörige der höheren Gesellschaft und sogar einen Vertreter der Kirche.
    Der letzte der von ihm aufgebotenen Zeugen, der ehrenwerte Lyall Birkett, ein schlanker, blonder Herr mit klugen, aristokratischen Zügen und von zurückhaltender Art, war ein typisches Beispiel für alle anderen. Noch bevor er den Mund auftat, war jedem im Saal klar, dass seine Worte uneingeschränkt glaubwürdig waren. Er hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass John Adinett schuldlos war, ein rechtschaffener Mann, den man in ein Netz aus Intrigen und unglücklichen Zufällen verwickelt hatte.
    Pitt durfte nach dem Ende seiner eigenen Befragung im Gerichtssaal bleiben, und da er als Leiter der Polizeiwache in der Bow Street niemandem darüber Rechenschaft schuldete, wie er seine Zeit einteilte, beschloss er, sich auch den Rest der Verhandlung anzuhören.
    »Seit zwölf Jahren«, antwortete Birkett auf Gleaves Frage, wie lange er Adinett kenne. »Wir sind uns zum ersten Mal im Offiziersklub begegnet. Männer, die man dort trifft, sind in der Regel über jeden Zweifel erhaben.« Die Andeutung eines Lächelns trat auf seine Züge. Es ging weder auf Nervosität zurück, noch wollte er sich damit einschmeicheln, auch sollte es nicht lustig wirken – es war einfach ein Hinweis auf seine Umgänglichkeit. »Die Welt ist klein, nicht wahr? Auf dem Schlachtfeld erweist sich der Wert eines Mannes – da dauert es nicht lange, bis man merkt, auf wen man sich verlassen kann und auf wen nicht. Man fragt ein wenig herum und stößt ziemlich bald auf jemanden, der denjenigen kennt, um den es geht.«
    »Ich denke, das verstehen wir alle«, sagte Gleave voll Überschwang. Auch er lächelte, und zwar zur Geschworenenbank hinüber. »Auf dem Schlachtfeld, wenn es um das eigene Leben oder vielleicht um Schlimmeres geht – die Angst vor Verstümmelung, Siechtum und lebenslangen Schmerzen –, zeigt sich der wahre Wert eines Mannes, sein Mut, seine Treue und seine Ehre.« Der Ausdruck tiefen Kummers trat auf sein Gesicht. Er drehte sich so, dass ihn die Zuschauer auf der Galerie wie auch die Geschworenen sehen konnten. »Und haben Sie unter Ihren Kameraden im Offiziersklub Nachteiliges über John Adinett gehört, Mr. Birkett? Irgendetwas?«
    »Kein Wort.« Nach wie vor behandelte Birkett die Sache gelassen. In seiner Stimme lag weder Staunen noch Nachdruck. Er hielt das Ganze für nichts weiter als einen lächerlichen Irrtum, der sich spätestens in ein oder zwei Tagen aufklären würde.
    »Aber die Männer kannten Mr. Adinett?«, forschte Gleave nach.
    »Natürlich. Er hatte in Kanada gedient und sich dort glänzend bewährt. Bei einem Aufstand im Landesinneren, der mit der Hudson Bay Company zu tun hatte, hat er sich so hervorgetan, dass er eine Auszeichnung bekam. Das hat mir Fraser gesagt und erklärt, man habe Adinett wegen seiner Tapferkeit und seiner Kenntnis des Landes hinzugezogen. Immerhin ist das da eine riesige Wildnis.« Er hob die blonden Brauen. »Gewiss ist Ihnen das bekannt. Da in der Gegend um die Thunder Bay kann man mit Männern ohne grenzenlose Vorstellungskraft, Ausdauer, Loyalität, Intelligenz und Tapferkeit nichts anfangen.«
    Gleave nickte. »Und was ist mit Aufrichtigkeit?«
    Jetzt wirkte Birkett doch erstaunt. Seine Augen weiteten sich. »Die gilt als selbstverständlich, Sir. Einen unehrlichen Mann kann man nicht brauchen. Einen Fehler hier und da kann jeder einmal begehen, aber eine Lüge wäre unverzeihlich.«
    »Entsprechendes gilt vermutlich auch für Treue gegenüber Freunden und Kameraden?« Gleave bemühte sich, den Eindruck zu erwecken, als habe er diese Frage mehr zufällig gestellt und wisse die Antwort darauf nicht. Doch er lief keine Gefahr, sein Spiel zu überreizen. Mit Ausnahme Justers, Pitts und des Richters durchschaute niemand im Saal das bei einer Verhandlung übliche Theaterspiel hinreichend, um zu erkennen, worauf Gleave hinauswollte.
    »Treue ist kostbarer als das eigene Leben«, sagte Birkett schlicht. »Ich würde John Adinett alles anvertrauen, was ich besitze, mein Haus, meinen Grundbesitz, meine Frau, meine Ehre, und ich müsste keine Sekunde lang befürchten, das Geringste davon

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