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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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hob den Blick zu ihr und erkannte, wie es in ihrem Gesicht arbeitete. Wie gut sie das verstehen konnte! Ihre eigene Einsamkeit bedeutete nur einen Bruchteil dessen, was diese Frau litt. Pitt lebte, hielt sich nur wenige Kilometer entfernt in Spitalfields auf. Falls er sich dazu entschloss, die Arbeit bei der Polizei aufzugeben, könnte er nach Hause kommen, wann es ihm beliebte. Das aber wäre keine Lösung. Charlotte musste unbedingt den Beweis dafür finden, dass er mit seiner Beschuldigung Adinetts Recht hatte, musste den Grund dafür nennen können und alle von der Richtigkeit dieses Beweises überzeugen.
    Unter Umständen empfand auch Juno dies dringende Bedürfnis, vielleicht waren die Schatten auf ihrem Gesicht Ergebnis der Furcht vor dem, was sich über ihren Mann herausstellen würde. Es musste unfassbar … und zumindest für Adinett unerträglich gewesen sein.
    Und geheim! Lieber hatte sich Adinett hängen lassen, als darüber zu sprechen, nicht einmal, um sich zu verteidigen.
    »Ich glaube nicht, dass die Lösung hier liegt«, sagte Charlotte schließlich. »Trotzdem fangen wir wohl am besten in diesem Zimmer an.« Einen anderen Ort dafür hätte sie ohnehin nicht gewusst.
    Bereitwillig öffnete Juno eine Schublade des Schreibtischs nach der anderen. Da bei einer der Schlüssel fehlte, ließ sie ein Messer aus der Küche bringen, um sie öffnen zu können, wobei ein Stück Holz absplitterte.
    »Ärgerlich«, sagte sie und biss sich auf die Lippe. »Wahrscheinlich kann man das nicht reparieren.«
    Sie begannen mit dem Inhalt jener Schublade, weil Mr. Fetters sie als Einzige gesichert zu haben schien.
    Nachdem Charlotte drei Briefe gelesen hatte, begann sich allmählich ein Muster abzuzeichnen. In jedem waren die Worte sorgfältig gewählt, ein flüchtiger Blick hätte nichts Bemerkenswertes darin entdeckt – offen gestanden waren sie eher trocken. Es ging darin um die politische Reform eines nicht namentlich bezeichneten Landes, dessen Führer mit ihren Namen und nicht mit ihren Amtsbezeichnungen genannt wurden. Es waren theoretische Erwägungen, ohne jede Leidenschaft, reine Ideale. Man hätte das für die Art von gedanklicher Übung halten können, die man in einer Prüfung niederschreibt.
    Der erste Brief stammte von Charles Voisey, Richter der Berufungsinstanz.
    Mein lieber Fetters!
    Ich habe Ihren Aufsatz mit größtem Interesse gelesen. Sie sprechen darin zahlreiche Punkte an, denen ich zustimme. Über andere hatte ich bisher nicht nachgedacht, doch muss ich sagen, dass Sie mit Ihren Schlussfolgerungen Recht haben.
    Auf anderen Gebieten kann ich mich Ihnen nicht rückhaltlos anschließen, verstehe aber, warum Sie zu ihren Ergebnissen gelangt sind. Ich an Ihrer Stelle würde die Dinge möglicherweise genauso sehen, wenn auch nicht ganz so extrem.
    Danke für das Fundstück, das heil angekommen ist und jetzt mein häusliches Arbeitszimmer schmückt. Es ist einfach herrlich und erinnert mich beständig an die Großtaten der
Vergangenheit und den Geist bedeutender Männer, denen wir so viel verdanken … Ganz wie Sie gesagt haben, ist es etwas, wofür wir der Geschichte Rechenschaft schulden, auch wenn wir selbst das nicht so sehen mögen.
    Ich freue mich auf weiteren Gedankenaustausch mit Ihnen.
    In alter Verbundenheit
    Charles Voisey
    Das nächste Schreiben, das einen ähnlichen Ton anschlug, stammte von Thorold Dismore, dem Zeitungsverleger. Auch er war voll Bewunderung für Fetters’ Arbeit und ermutigte ihn, eine weitere Reihe von Artikeln zu verfassen. Der Brief war recht jungen Datums, sodass die Artikel vermutlich nicht mehr geschrieben worden waren. Dabei lag der Rohentwurf von Fetters’ Antwortbrief, mit dem er das Angebot des Verlegers annahm. Es ließ sich unmöglich sagen, ob er ihn abgeschickt hatte.
    Mit bekümmertem Blick hielt Juno einen Brief hoch, den sie aus dem Stapel herausgenommen hatte. Sein Verfasser war Adinett. Charlotte las:
    Lieber Martin,
    was für ein großartiger Artikel! Kein Lob ist zu hoch für die Leidenschaftlichkeit, die daraus spricht. Nur jemand, der nichts von dem empfindet, was den zivilisierten Menschen vom Barbaren unterscheidet, wäre imstande, sich nicht an deinen Worten zu begeistern. Sie feuern wohl jeden an, mit aller Kraft an der Schaffung einer besseren Welt mitzuwirken.
    Ich habe ihn mehreren Leuten gezeigt, die ich aus Gründen, die du dir denken kannst, hier nicht nenne, und sie sind ebenso voller Bewunderung dafür wie ich.
    Ich denke, wir haben

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