Die Verschwörung
Hochschul-Hockeymannschaft. In den vergangenen zehn Jahren hatte Renee Adams allerdings nicht das geringste Interesse gezeigt, irgend etwas mit ihrem Alten zu tun haben zu wollen - eine Entscheidung, die von ihrer Mutter uneingeschränkt begrüßt wurde, wenn nicht sogar auf ihr Drängen zurückzuführen war, wie Lee nur zu gut wußte. Dabei war seine Exfrau bei ihren ersten Verabredungen so lieb gewesen, so nett, so vernarrt in seine Marineuniform und so scharf darauf, mit ihm ins Bett zu gehen.
Um sich über den Verlust Lees hinwegzuströsten, hatte seine Verflossene, eine ehemalige Stripperin namens Trish Bardoe, einen Burschen namens Eddie Stipowicz geheiratet, einen arbeitslosen Ingenieur mit Alkoholproblemen. Lee hatte damals geglaubt, Trish würde geradewegs in eine Katastrophe schlittern, und hatte versucht, das Sorgerecht für Renee zu bekommen, da ihre Mom und ihr Stiefvater sich nicht um sie kümmern konnten. Tja, aber um diese Zeit erfand Eddie - ein hinterhältiger Hurensohn, den Lee nicht ausstehen konnte -, mehr oder weniger zufällig irgendeinen blöden Mikrochip und war stinkreich geworden. Lees Kampf um das Sorgerecht hatte daraufhin ziemlich an Schwung verloren. Um der Ungerechtigkeit und Demütigung die Krone aufzusetzen, hatten das Wall Street Journal, Time, Newsweek und eine Reihe anderer Zeitschriften ausführliche Artikel über Eddie veröffentlicht. Er war berühmt. Im Architectural Digest hatte man sogar sein Haus vorgestellt.
Lee hatte sich ein Exemplar der Zeitschrift besorgt. Trishs neues Zuhause war ein riesiger Kasten - hauptsächlich scharlachrot und auberginefarben - und wirkte so finster, daß es Lee an das Innere eines Sarges erinnerte. Die Fenster waren so gewaltig, daß sie einer Kathedrale zur Ehre gereicht hätten, und das Interieur war so gigantisch, daß man sich darin verlaufen konnte. Außerdem verfügte das Heim über genug Zierleisten, Holzvertäfelungen und Treppenhäuser, um eine durchschnittliche Stadt im Mittelwesten ein ganzes Jahr lang zu beheizen. Außerdem besaßen Trish und Eddie einen steinernen Springbrunnen mit den Skulpturen nackter Menschen darauf. Ein echter Hammer. Als Lee dann noch das doppelseitige Foto des glücklichen Paares sah, fiel ihm nur eine passende Unterzeile ein: »Herr Arschgeige und Frau Sexbombe - viel Geld und null Geschmack.«
Ein Foto jedoch hatte Lees ungeteilte Aufmerksamkeit erregt. Es zeigte Renee auf dem prächtigsten Hengst, den Lee je gesehen hatte; das Pferd stand auf einem tiefgrünen Rasen, der so makellos gemäht war, daß er wie die spiegelglatte Oberfläche eines Teichs aussah. Lee hatte das Foto sorgfältig ausgeschnitten und an einem sicheren Ort verwahrt - in seinem »Familienalbum«, wenn man es so nennen wollte. Natürlich wurde er selbst in dem Artikel mit keinem Wort erwähnt. Wozu auch?
Eins war Lee allerdings sauer aufgestoßen: Renee wurde als Eds Tochter bezeichnet. »Stieftochter«, hatte Lee beim Lesen vor sich hin gemurmelt. »Stieftochter. Das kannst du mir nicht auch noch wegnehmen, Trish.« Meist war er nicht neidisch auf den Reichtum seiner Exfrau; schließlich bedeutete dieser Wohlstand auch, daß es seiner Tochter an nichts mangelte. Aber irgendwie tat es ihm doch weh.
Wenn man jahrelang etwas besessen hat, das Teil von einem selbst war und das man mehr liebte, als vielleicht gut war, und wenn man es dann verliert ... nun ja, Lee gab sich alle Mühe, nicht zu eingehend über diesen Verlust nachzudenken. Er war zwar ein großer, starker Bursche und ein zäher Knochen, aber wenn er zuließ, daß seine Gedanken zu lange an dem klaffenden Loch in seiner Brust verweilten, endete es stets damit, daß er Rotz und Wasser heulte wie ein kleines Kind.
Manchmal war das Leben wirklich komisch. So komisch, als bekäme man eine Bombengesundheit attestiert, und am nächsten Tag fällt man tot um.
Lee musterte die verschlammten Hosenbeine, massierte sein müdes Bein, in dem ein schmerzhaften Krampf wütete, und verjagte gleichzeitig einen Moskito von einem Auge. Ein Haus, so groß wie ein Hotel. Bedienstete. Springbrunnen. Rassepferde. Schnittiger Privatjet ... Es war nicht auszuhalten.
Er drückte sich den Fotoapparat an die Brust. Er hatte einen 400er-Film eingelegt, den er »turbolud«, indem er die ISOGeschwindigkeit auf 1600 einstellte. Ein schneller Film brauchte weniger Licht; außerdem sorgte die kürzere Öffnungszeit der Blende dafür, daß die Fotos schärfer wurden, denn die Wahrscheinlichkeit, daß es
Weitere Kostenlose Bücher