Die Verschwörung
dann will ich dich die ganze Nacht festhalten.«
»So wunderbar sich das auch anhört, ich weiß nicht, ob ich dem letzten Teil schon gewachsen bin.«
Er blickte sie an. »Ich meine es wörtlich, Faith. Ich will dich einfach nur festhalten. Mehr nicht. An mehr hab’ ich all die Monate nicht gedacht. Dich einfach nur halten.«
Faith schien jeden Augenblick in Tränen auszubrechen. Statt dessen wischte sie die eine Träne weg, die Lees Gesicht hinabgerollt war.
Lee warf einen Blick in den Rückspiegel. »Aber das steht wohl nicht in Agentin Reynolds’ Dienstanweisung, oder?«
»Wahrscheinlich nicht.«
Er schaute sie wieder an. »Faith«, sagte er leise, »warum hast du dich in den Weg der Kugel geworfen? Ich weiß ja, daß dir viel an Buchanan liegt, aber ...«
Sie atmete ganz flach ein. »Wie ich schon sagte, Danny Buchanan ist einzigartig, und ich bin ein ganz gewöhnlicher Mensch. Ich konnte ihn nicht sterben lassen.«
»Ich hätte es nicht getan.«
»Hättest du es für mich getan?« fragte sie.
»Ja.«
»Man opfert sich für Menschen, an denen einem was liegt. Und mir liegt sehr viel an Danny.«
»Ja. Du hättest einfach verschwinden können. Falsche Ausweise, ein Bankkonto in der Schweiz, ein Strandhaus als Versteck. Statt dessen bist zum FBI gegangen, um Buchanan zu retten. Daran hätte ich’s erkennen müssen.«
Sie umklammerte seinen Arm. »Aber ich habe überlebt. Ich habe es geschafft. Vielleicht macht mich das irgendwie ein ganz klein wenig außergewöhnlich?«
Er legte ihre Hände an seine Wangen. »Jetzt, da du hier bist, möchte ich wirklich nicht, daß du wieder gehst, Faith. Ich würde alles geben, was ich habe, alles tun, was ich kann, damit du mich nicht verläßt.«
Sie zeichnete seinen Mund mit den Fingern nach, küßte seine Lippen, schaute ihm in die Augen, hinter denen selbst im Dunkeln die blendende Hitze der Sonne zu lodern schien. Faith hatte lange Zeit geglaubt, sie würde diese Augen nie wieder sehen. Möglicherweise hatte allein der Gedanke sie am Leben gehalten, daß sie diese Augen vielleicht doch noch einmal sehen würde, falls sie durchkam. Im Moment wußte sie nicht genau, wofür sonst sie noch leben konnte. Abgesehen von der offensichtlich endlosen Liebe für diesen Mann. Und im Augenblick bedeutete das alles für sie.
»Laß den Motor an«, sagte sie.
Er schaute sie verwirrt an, sagte aber nichts. Er drehte den Schlüssel im Zündschloß, legte den Gang ein.
»Fahr los«, sagte Faith.
Er fuhr an, und der Wagen hinter ihnen tat es ihnen gleich.
Sie fuhren weiter, und das andere Fahrzeug folgte ihnen.
»Reynolds wird sich die Haare raufen«, sagte Lee.
»Sie wird darüber wegkommen.«
»Wohin?« fragte er.
»Wieviel Benzin hast du im Tank?« fragte Faith.
Er schaute verwundert auf. »Ich war gerade auf Posten. Der Tank ist voll.«
Faith lehnte sich an ihn, ihr Arm schmiegte sich um seinen Oberkörper, ihr Haar kitzelte in seiner Nase; sie roch so wundervoll, daß Lee sich ganz benommen fühlte.
»Wir können auf den Parkplatz am GW-Parkway fahren, da haben wir einen tollen Ausblick.« Sie schaute zum Himmel. »Ich könnte dir die Sternbilder zeigen.«
Er schaute sie an. »Jagst du in letzter Zeit Sternen nach?«
Sie lächelte ihm zu. »Immer.«
»Und danach?«
»Sie können mich nicht gegen meinen Willen im Zeugenschutzprogramm behalten, oder?«
»Nein. Aber du wärst in Gefahr.«
»Wie wär’s, wenn wir beide in Gefahr wären?«
»Nichts lieber als das, Faith. Aber was passiert, wenn wir keinen Sprit mehr haben?«
»Fahr erst mal einfach weiter.«
Und genau das tat er.
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