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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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mir.
    »Ich weiß, dass Sie da hinten sind, Warshawski, ich höre Sie. Ich zähle jetzt bis fünf. Wenn Sie dann nicht rauskommen, verpasse ich dein Alten eine Kugel.«
    »Alles in Ordnung, Schätzchen, machen Sie sich wegen mir keine Sorgen, ich packe das schon. Aber bitte seien Sie mir nicht böse, dass ich den Kerl reingelassen habe. Sie wissen, dass es noch nie jemanden wie Sie in meinem Leben gegeben hat, in den ganzen neunundsiebzig Jahren, und ich möchte nicht, dass Sie sich erschießen lassen, bloß damit ich achtzig werde.«
    Baladine wies ihn mit zorniger Stimme an, den Mund zu hatten, aber der alte Mann war entweder so aufgeregt, dass er ihm überhaupt nicht mehr zuhörte, oder er gab mir bewusst Geräuschdeckung. Jetzt begann er, von unserer ersten Begegnung zu erzählen, damals habe ich ein rotes Top und eine abgeschnittene Jeans getragen und sei hinter einem Typ von der Straße her gewesen, einem richtig üblen Subjekt, aber lange nicht so schlimm wie dieses Schwein hier - Verzeihung wegen seiner Ausdrucksweise.
    Baladine versetzte ihm einen Schlag, ich glaube, mit seiner Pistole. Als Mr. Contreras zu reden aufhörte, fing Vater Lou zu singen an, mit lauter, unmelodischer Stimme, etwas Lateinisches. Ich riskierte es, mich aufzurichten und auf Baladine zuzurennen. In der einen Hand hatte er die Taschenlampe, in der anderen die auf Mr. Contreras gerichtete Waffe. Baladine brüllte Vater Lou an, er solle sofort den Mund halten, sonst erschieße er ihn. Da erreichte ich ihn und schlug ihm von hinten mit aller Wucht auf den Kopf.
    Er ließ die Taschenlampe fallen. Die Knie knickten unter ihm weg, und ich packte seinen rechten Arm mit aller Kraft. Als er sich aus meinem Griff befreite, ging die Waffe los. Ein Fenster zerbarst. Vater Lou kickte die Taschenlampe weg, und ich rang im Dunkeln weite r mit Baladine. Lemour brüllte den dritten Mann an, er solle endlich das Licht anmachen, denn wenn es erst einmal hell wäre, würde er dieser verdammten Warshki endlich zeigen, was Sache war.
    Baladine versuchte, den Arm zu verdrehen, um auf mich schießen zu können, doch ich blieb hinter ihm und hielt seinen linken Arm so fest, dass er nur die Hand mit der Waffe bewegen konnte. Wenn er kämpfen wollte, musste er die Waffe fallen lassen. Er holte mit der rechten Hand nach hinten aus. Ich presste ihm das Knie in den Rücken und zog seine linke Schulter zu mir heran. Er ließ die Waffe fallen, die wieder losging, und zog mich seinerseits dicht an sich heran, um mich über seinen Kopf zu schleudern. Doch ich ließ nicht los, und so landeten wir beide auf dem Boden. Er rappelte sich schneller hoch als ich, setzte sich auf mich und legte beide Hände um meinen Hals. Ich ließ ein Knie in seinen Unterleib schnellen. Nun lockerte sich sein Griff so weit, dass ich wieder Luft bekam und einen Versuch unternehmen konnte, die Waffe aus der Jeans zu ziehen.
    Da hörte ich in der Dunkelheit neben mir ein tiefes, zorniges Knurren und spürte einen schweren, weichen Körper, der sich gegen mich lehnte. Baladine stieß einen lauten Schrei aus und ließ meinen Hals los. Ich rollte von ihm weg und sprang auf die Füße. Dann trat ich heftig um mich, ohne ihn in der Dunkelheit zu sehen. Ich zielte hoch, um nicht den Hund zu treffen. Mein Fuß erwischte ihn, und Baladine fiel auf mich. Ich wich zurück, bereit, ihm einen neuerlichen Tritt zu versetzen, aber er bewegte sich nicht. Offenbar hatte ich ihn k. o. geschlagen. Ich kroch unter die Kirchenbank und holte die Taschenlampe.
    Mitch lag über Baladines Beinen. Mitch, blutend, aber am Leben. Ich hatte keine Zeit zu überlegen, was passiert war, wo er Baladine gebissen hatte, denn ich musste mich noch um Lemour und seinen Partner kümmern. Ich richtete den Strahl der Taschenlampe au f Vater Lou und Mr. Contreras. Die beiden waren immer noch aneinander gefesselt, doch ich konnte sie jetzt nicht befreien.
    Vater Lou rief mir eine Warnung zu, denn Lemour hatte sich mittlerweile auf meiner Seite zu mir vorgearbeitet. Ich schleuderte ihm die Taschenlampe ins Gesicht und rannte zurück zum Altar.
    Eine Kugel schlug in den Altar ein, und ich roch Rauch. Ich rannte hinter den Altar. Lemour feuerte noch einmal, diesmal direkt vor mir. Plötzlich erfüllte Licht den Raum, und ich war geblendet. Auch Lemour, der auf mich zugerannt kam, sah einen Moment lang nichts. Er stolperte über die offene Tür zur Krypta und fiel mit dem Kopf zuerst die Wendeltreppe hinunter. Glas splitterte, als er unten

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