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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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während sie auf eine weitere verdächtige Spitze starrte.
    Sie war begeistert davon, was ihre Experimente enthüllten – und begeistert davon, zur »wachsenden kritischen Masse« von Pionierinnen zu gehören. Die Sexualforschung, diese erst im späten 19. Jahrhundert gegründete wissenschaftliche Disziplin, war immer eine Männerdomäne gewesen. Selbst jetzt waren weniger als ein Drittel der Mit glieder der angesehensten Organisation des Fachs, der International Academy of Sex Research, Frauen. Und auch von den Mitarbeitern der Redaktionsleitung der Fachzeitschrift dieser Akademie – der auch Chivers angehörte – waren weniger als ein Drittel weiblich. Vielleicht war deshalb die weibliche Lust nicht mit annähernd so viel Energie erforscht worden wie die männliche. Eine von Chivers’ Heldinnen und eine der älteren Wissenschaftlerinnen auf diesem Gebiet, Julia Heiman, war Direktorin des Kinsey Institute an der Indiana University. Sie berichtete mir, dass die Sexologie sich noch dazu viele Jahrzehnte lang eher der Dokumentation von Verhalten widmete, als die Gefühle zu erforschen, die diesem Verhalten zugrunde liegen, wie zum Beispiel Lust. Das Werk von Alfred Kinsey offenbarte, ihrer Aussage nach, Mitte des Jahrhunderts nicht besonders viel zum Thema Verlangen. Kinsey hatte seine Karriere als Insektenforscher begonnen und zunächst Wespenspezies katalogisiert; er hütete sich eher davor, Emotionen zu erforschen. William Masters und Virginia Johnson filmten zwar Hunderte von Probanden beim Sex in ihrem Labor, doch ihre Schlussfolgerungen konzentrierten sich eher auf die konkrete Tätigkeit als auf das Verlangen. Erst ab den Siebzigerjahren begannen Sexualforscher, sich von Grund auf damit zu beschäftigen, was Frauen wollen, anstatt damit, was sie tun. Danach zog freilich AIDS die Aufmerksamkeit der Fachrichtung auf sich. Prävention wurde zum Hauptthema. Erst in den späten Neunzigern nahm man die umfassende Erforschung des Verlangens wieder auf.
    In ihrem neuen Experiment spielte Meredith Chivers heterosexuellen Probandinnen anstelle von Videos pornografische Tonaufnahmen vor. Gewissenhaft wie immer und stets darauf bedacht, ihre Ergebnisse aus einer anderen Perspektive zu bestätigen, wollte sie zum einen erfahren, ob erzählte Geschichten eine andere Wirkung auf die Durchblutung, auf das Bewusstsein und auf die Abweichung zwischen Plethysmograph und Selbsteinschätzung hätten.
    Â»Sie treffen den Immobilienmakler vor dem Haus. Er zeigt Ihnen das leere Appartement …«
    Â»Sie bemerken eine Frau im hautengen schwarzen Kleid, die Sie beobachtet … Sie folgt Ihnen. Sie schließt die Tür und sperrt sie ab …«
    Die Szenen, die sich die Probandinnen anhörten, variierten nicht nur insofern, als ein Mann oder eine Frau die Verführerrolle übernahmen, sondern es handelte sich entweder um Unbekannte, um Freunde oder um einen langjährigen Geliebten bzw. eine Geliebte. Da gab es die Freundin im tropfenden Badeanzug neben dem Pool, den Mitbewohner oder die fremde Frau in der Umkleidekabine. Alle wurden als attraktiv beschrieben, die auffallenden Details waren vergleichbar: das Tempo der Neunzig-Sekunden-Geschichten, das plötzliche Hartwerden der Schwänze oder der Brustwarzen.
    Als man das Material analysierte, war die Diskrepanz wiederum dramatisch: Die Probandinnen gaben an, von den Szenen, in denen Männer vorkamen, sehr viel stärker angesprochen zu werden als von denen mit Frauen; der Plethysmograph bestätigte das nicht. Chivers war von den Resultaten begeistert, diesmal jedoch aus einem anderen Grund.
    Die vaginale Durchblutung verstärkte sich, wenn Szenen mit Freundinnen geschildert wurden – bei weiblichen Fremden war sie jedoch doppelt so intensiv. Männliche Freunde lösten, obwohl sie breitschultrig waren, quasi gar nichts aus; die vaginale Erregung lag de facto bei null. Männliche Fremde sorgten für eine acht Mal so starke Durchblutung.
    Die Testpersonen behaupteten trotzdem, die Fremden hätten sie unter allen Männern am wenigsten erregt. Der Plethysmograph bewies das Gegenteil. Langzeitgeliebte, egal ob Männer oder Frauen, wurden von unbekannten Männern und Frauen ausgestochen – und das, obwohl die Langzeitpartner als traumhaft und perfekt geschildert wurden. Sex mit Fremden löste dagegen die heftigsten Wallungen aus.
    Das passte nicht besonders gut zu der

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