Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
Frauen Bilder von männlichen und weiblichen Genitalien betrachten. Es gab vier Arten von Fotos: eines mit einem schlaff herabhängenden Penis, eines mit einer strammen Erektion, ein drittes zeigte eine »züchtige« Vulva, die von Oberschenkeln halb verdeckt war, das vierte Bild war ein »Schuss« zwischen die gespreizten Beine einer Frau, wie Chivers mit dem für sie typischen trockenen Humor bemerkte. Bei allen vier Bildern handelte es sich um Nahaufnahmen, auf denen vom restlichen Körper praktisch nichts zu sehen war. Und diesmal verstärkte sich die Durchblutung der Testteilnehmerinnen nicht wahllos. Vielmehr erhöhte sie sich sehr, sehr deutlich, wenn der erigierte Penis auf dem Bildschirm auftauchte. Damit war nun paradoxerweise der Beweis dafür erbracht, dass Frauen eben doch typentsprechend empfinden. Und es stimmte auch mit dem überein, was Rebecca mir erklärt hatte, nämlich dass sie sich selbst nicht für bisexuell hielt; sie verspürte eine eindeutige Präferenz für Männer, obwohl sie zugleich ein deutliches Verlangen nach Frauen hegte. Und nicht zuletzt passte dieses Ergebnis auch zu den schwachen Reaktionen der Probandinnen in Chivers’ früherem Experiment auf den Adonis, der mit baumelndem Penis am Strand entlangspaziert war. Offenbar hatte die sichtbare Schlaffheit die Attraktivität seines übrigen Körpers neutralisiert. Eindeutiges Ergebnis also, am stärksten bringt der isolierte harte Phallus die vaginalen Blutgefäße zum Schwellen, lässt die rote Linie des Plethysmographen steil ansteigen, erledigt Details und kratzt an Konventionen: Die Lust der Frauen ist nichts anderes als durch und durch animalisch.

3
_____
    Das Märchen von der
weiblichen Sexualität
    Die Geschichte der Sexualität, insbesondere die der weiblichen Sexualität, ist eine Disziplin der Bruchstücke. Bis auf wenige Ausnahmen sind es zudem überlieferte Äußerungen von Männern, durch die wir uns ein fragmentarisches Bild von weiblicher Lust in der Antike, im Mittelalter und in der frühen Neuzeit machen. Solche Bruchstücke sind nur bedingt aussagekräftig. Aber man kann doch sagen, dass sie sich in der Summe zu einer Art Gleichgewicht – oder auch Ungleichgewicht – fügen: zwischen Akzeptanz und sogar einer Verherrlichung von Verlangen und Trieb auf der einen und einer schier überwältigenden Furcht auf der anderen Seite.
    So äußert sich eine Frau im biblischen Hohelied Salomos:
    Ich schlief, doch mein Herz war wach.
    Horch, mein Geliebter klopft:
    Mach auf, meine Schwester und Freundin,
    meine Taube, du Makellose!
    Mein Kopf ist voll Tau
    aus meinen Locken tropft die Nacht.
    […] Mein Geliebter streckte die Hand durch die Luke;
    da bebte mein Herz ihm entgegen.
    […] die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt.
    Ihre Gluten sind Feuergluten,
    gewaltige Flammen.
    Von Angst ist hier nichts zu spüren, stattdessen herrliches, ja heiliges Eindringen und Erbeben. Auch im Exodus (2. Buch Mose) wird weibliches Verlangen anerkannt: »Gibt er ihm aber noch eine andere, so soll er an ihrer Nahrung, Kleidung und Eheschuld nichts abbrechen.« Im Klartext heißt das: Auch wenn es eine zweite Frau gibt, steht der ersten außer Essen und Kleidung auch sexuelle Intimität zu.
    Paulus schreibt im 1. Brief an die Korinther: »Der Mann leiste dem Weib die schuldige Freundschaft.« Modern ausgedrückt: Der Ehemann soll seine Frau sexuell befriedigen.
    Beständige Erregung und Verlangen liest man aus den in alter Sprache überlieferten biblischen Geschichten. Ebenso aus Lyrik, Sagen und Legenden sowie medizinischen Texten der Antike. »Eros quält mich von Neuem mit Allgewalt, mit süßbitterem Zauber, der Wüterich«, schrieb Sappho. Und Ovids Teiresias, der erst als Mann und dann als Frau gelebt hat, erklärt, Frauen empfänden in der Liebe neunmal mehr Lust als die Männer. Galen von Pergamon, Leibarzt römischer Kaiser und großer Anatom der Antike, behauptet sogar, der weibliche Orgasmus sei für die Empfängnis nötig: Das beim Höhepunkt ausgestoßene Sekret der Frau müsse sich mit dem des Mannes mischen. Die genaue Beschaffenheit dieser Substanz scheint nicht weiter spezifiziert worden zu sein, aber Ekstase – der Moment, der auch unserer gegenwärtigen Definition entspricht – war in Galens Augen unerlässlich.
    Die nächsten anderthalb

Weitere Kostenlose Bücher