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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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müsste …« Sie verstummte. War es überhaupt möglich, so fragte sie sich, beides zu haben? Das, was sie von Michael bekommen hatte, bei dem das Räuberische zum Hypnoseprogramm gehört hatte, und das, was sie von Eric erhielt, tiefste Aufrichtigkeit, absolute Präsenz. Würde sie sich verstellen müssen, wenn sie mit ihm zusammenblieb? Oder sollte sie sich befreien, egal, wie schwer ihr das fallen würde?
    Zu Beginn ihres zweiten gemeinsamen Winters traf ein schwerer Schneesturm New York. Alles war dick verschneit. Man konnte kaum noch Auto fahren, und geparkte Wagen verschwanden sofort unter einer Schneedecke. Der Blizzard erzeugte eine allgemeine Hochstimmung, zumal es nur noch wenige Tage bis Weihnachten waren. Sie und Eric hatten ihren Baum bereits aufgestellt und geschmückt. Als sie eine rote Kugel an einen hohen Ast hängte, waren ihr unvermittelt die Tränen gekommen, so dankbar war sie dafür, dass sie das hier mit ihm erleben durfte.
    Es war Samstagnachmittag, es schneite immer noch, und sie war vom Weihnachts-Shopping zurück. In der Küche erzählte sie ihm, was sie alles erstanden hatte, doch er sagte nicht viel, wirkte irgendwie abwesend. Schließlich ging er auf den Flur, machte sich einen Moment zu schaffen und kam zurück. Sie merkte, dass er etwas hinter seinem Rücken versteckte. Vielleicht ein verfrühtes Geschenk, dachte sie. Da trat er auf sie zu und kniete vor ihr nieder.
    Â»Was tust du da?«
    Â»Ich halte um deine Hand an.«
    Â»Wirklich? Einfach so?«
    Ganz offensichtlich, denn vor ihr, auf seiner ausgestreckten Hand, lag ein Ring. Sie überlegte trotzdem noch, ob er sich vielleicht einen Spaß erlaubte, weil er so plötzlich vor ihr kniete, noch dazu in der Küche.
    Â»Wirst du dazu was sagen?«, fragte er.
    Sie schwieg.
    Â»Sagst du Ja?«
    In dieser Frage lag so viel Hoffnung, die ja auch sie in sich trug. Und sie hegte doch den innigen Wunsch, zu bewahren, was sie mit ihm hatte.
    Â»Ja«, erwiderte sie. »Ich sage Ja.«
    Dann setzte sie sich zu ihm auf den Küchenboden. Er steckte ihr den Ring an den Finger. Einen Diamanten in einer sechseckigen Art-déco-Fassung. Er hatte ihn ganz allein ausgesucht. Und ihren Geschmack wie immer perfekt getroffen. Er erzählte ihr, dass er vor ein paar Stunden mit ihrem Vater und ihrer Mutter telefoniert und sie um ihren Segen gebeten hatte. Auch das gefiel ihr.
    Auf dem Linoleum umarmten sie sich und tranken die Flasche Champagner, die er kalt gestellt hatte. Sie hörte sich alle Gründe an, aus denen er sein Leben mit ihr verbringen wollte, und irgendwann standen sie doch auf und verließen die Küche. Sie gingen nicht ins Schlafzimmer, sondern nach draußen, in die Abenddämmerung und den nicht nach lassenden Schneefall. Die Polster auf Dächern und Autos wuchsen und wuchsen. Alles wurde zugedeckt, begraben.

6
_____
    In einem dunklen Hinterhof
    An ihrem 24. Geburtstag traf sich Ndulu mit einigen Freunden in einem Restaurant in der Innenstadt. Es war ein ganz normales, unspektakuläres Lokal, und Ndulu lebte ein ganz normales, unspektakuläres Leben. Aber einige ihrer Freunde waren schwul und kümmerten sich deutlich weniger als sie darum, was man tut oder eben nicht. Außerdem wurde zum Abendessen auch ein bisschen etwas getrunken.
    Gegen Ende der Mahlzeit rief David ihren Kellner zu sich und ließ ihn wissen, dass Ndulu einen Geburtstagskuss brauche. Er war mit seiner Erklärung noch nicht mal zur Hälfte fertig, da hatte sie schon den Kopf gesenkt und die Hände vors Gesicht geschlagen. David hatte keine Ahnung davon, wie perfekt das Aussehen des Kellners sich mit Ndulus Sehnsüchten deckte. Und weder David noch Ndulu hätten wissen können, dass auch dessen eigene Wünsche ihren Fantasien entsprachen.
    Als er jetzt hinter ihr stand, lachte er nicht über Davids Ansinnen. Er sagte nicht Nein, gab Ndulu aber auch nicht den erbetenen Kuss. Stattdessen beugte er sich über ihre Schulter, brachte seine Lippen nah an ihr Ohr und flüsterte: »Geh auf die Toilette.« Dabei sprach er gerade laut genug, sodass ihre Freunde sich seine Worte zusammenreimen konnten.
    Sie blieb sitzen. Ihre Freunde – allen voran David, ein aufstrebender Musiker, der an jede Menge sexueller Eroberungen gewöhnt war und regelmäßig über Ndulus zurück haltende Art lamentierte – frohlockten und waren außer sich über diese

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