Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)

Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)

Titel: Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Arnold
Vom Netzwerk:
flüsterte Ceela.
    Grace hob den Kopf und schaute sie verständnislos an.
    „Warum?“
    „Der Wald erwacht. Schließe die Augen und konzentrier dich. Du kannst
es hören. Versuch es.“
    Ungläubig schloss Grace die Augen und seufzte. Sie hörte nichts, außer
dem lauten Knattern des Motors.
    „Gib dir Mühe, du kannst es. Du musst nur daran glauben!“
    Okay. Dachte sie. Sie konzentrierte sich.
    „Blende den Bus aus. Konzentrier dich auf den Wald.“
    Sie versuchte es. Sie hörte genau hin. Sie ließ alles in sich
übergehen, nahm die Geräusche in sich auf. Da spürte sie es. Da war das Leben,
sie hatte es gefunden. Der Wald erwachte und sie hörte es. Sie verlor sich in
dem sanften beruhigenden Rauschen des Baches. Der Wind wog das Wasser in seinen
Armen. Genauso die Blätter, sie tanzten mit dem Wind hin und her und hin und
her. Die Ruhe, trotz der Geräusche. Es machte sie wie benommen. Dieser Moment
hätte die Ewigkeit sein können. Wundervoll. Erfüllt öffnete sie wieder die
Augen. Ceela musste gewusst haben, was das für eine Wirkung hatte. Natürlich
hatte sie es gewusst.
    „Danke.“, flüsterte Grace und schenkte ihr ein Lächeln. Das bedeutete
viel für Ceela. Das erste Lächeln nach dem Tod von Hope.
    „Du musst dich nicht bedanken“, flüsterte Ceela.
    Danach fragte sie:
    „Warum flüstern wir eigentlich?“, es war einen Versuch wert. Ceela
grinste. Wenn einer anfing zu flüstern, flüsterten lustiger weise alle mit.
Woher kamen diese eigenartigen Verhaltensmuster von Menschen wohl?
    Es klappte. Das erste Lachen. Warm und wahrhaftig vorhanden.
    „Ich weiß es nicht.“ Grace lachte immer noch.
    In der ersten Reihe drehte Jay sich um. Er sah sie beide, sah das
Lachen. Er wusste wessen Verdienst das war. Ceela. Ihr Gefühl mit Menschen
umzugehen war beeindruckend. Er lächelte anerkennend. Auch wenn sie es nicht
sah, es war ihm egal. Es war mehr symbolisch gedacht. Doch sie spürte es. Sie
spürte es jedes Mal, wenn er sie ansah. Sie wusste nicht warum, sie spürte es
einfach, wenn Menschen sie anschauten. Es war so ein Gefühl. War dieses Gefühl
mit Kälte verbunden, waren die Menschen traurig oder wütend oder enttäuscht.
Doch sie empfing Wärme, pulsierende liebevolle Wärme. Er lächelte. Er hatte sie
gesehen, hatte das Lachen gesehen. Sie war ein wenig stolz.
    „Kann ich dich kurz alleine lassen?“, fragte Ceela freundlich.
    „Aber natürlich. Ich höre dann mal weiter dem Wald zu.“ Sie grinste und
zog das ganze absichtlich ein wenig ins Lächerliche, es hörte sich ja schon ein
wenig so an. Sie lachte, aber als Ceela weg war, blickte sie wieder auf den
Boden und versank in Trauer.
    Ceela ging durch den Gang im Bus. Sie tastete sich an den Sitzlehnen
der anderen Plätze entlang nach vorne, bis Jays Herzschlag direkt vor ihr war.
    Er stand auf.
    „Danke.“, sagte er freundlich.
    „Ich bewundere es, wie du dich um sie kümmerst. Du hilfst ihr gut über
den Verlust hinweg. Das ist toll. Weiter so.“ Er lächelte.
    „Ich weiß nicht, ob ich ihr eine Hilfe bin, aber ich versuche es“, sagte
sie ernst.
    „Ich denke, sie weiß es zu schätzen, was du für sie tust.“ Er nahm ihre
Hand und drückte sie einmal kurz. „ Ich weiß, was du für sie tust.“
    „Ich will sie nicht zu lange alleine lassen, okay?“, fragte Ceela.
    „Natürlich, wir sehen uns später.“
    Dann ging sie, schlenderte langsam und vorsichtig über den alten
Blechboden des Busses. Sie zählte die Sitzlehnen, die sie berührte, sie wusste,
in welcher Grace saß. Wenn man nicht mehr sah, was um einen herum war, musste
man Methoden suchen, um sich trotzdem zurechtzufinden. Das Zählen von
unmittelbaren Dingen war eine Hilfe, um die Entfernung zu etwas zu kalkulieren.
Sie hatte sich noch weitere Methoden überlegt, wie auf den Herzschlag von
jemandem zu hören, um diesen zu orten.
    „Bin wieder bei dir“, sagte Ceela mit einem Lächeln.
    „Wann sind wir da, was glaubst du?“, fragte Grace. Sie ließ ihren Blick
nicht von dem Ausblick aus dem Fenster abschweifen.
    „Ich weiß es nicht, ich denke aber, dass es bald soweit ist.“
    „Ich habe Angst.“ Ihre Stimme war schwach, zittrig, aber dennoch
gefasst.
    „Ich auch, unvorstellbare Angst. Aber zusammen können wir das
durchstehen, okay? Alleine sind wir schwach, alleine sind wir angreifbar, wir
müssen stark sein, ein Team sein.“
    „Ich weiß, ich bin froh, dass du da bist.“ Sie drehte endlich ihren
Kopf und lächelte.
    „Wie stellst du dir die

Weitere Kostenlose Bücher