Die Versuchung
ein Beweis von – von was auch immer … aber ich bin jedenfalls sehr glücklich, dass es so ist“, sagte Hamilton mit erzwungener Ruhe und fühlte sich in diesem Moment zutiefst unglücklich.
„Denken Sie nicht, dass es besser wäre, wenn Sie uns freiwillig lassen – ehe Ihre Familie es von Ihnen verlangt?“, fragte Isabelle.
„Nein“, antwortete Hamilton entschieden.
„Aber – würden Sie noch länger bleiben, wenn ich nicht hier wäre?“, fragte sie und drehte ihren Kopf zur Seite, um ihre verräterische Röte zu verbergen.
„Zweifeln Sie daran?“, fragte Hamilton ironisch. „Wie könnte ich jemals freiwillig diesen idyllischen Ort verlassen wollen? Mit all seiner landschaftlichen Schönheit? Und der gesellschaftliche Umgang, der wie geschaffen ist, um ...“
„Genug, genug!“, rief Isabelle, indem sie ihre Schreibfeder ergriff und mit glühenden Wangen, aber ohne zu zittern, einen Brief schrieb, während Hamilton sie, im Eingang der Laube stehend, mit einer Mischung aus Zorn und Bewunderung beobachtete. Er wartete, bis sie den Brief unterschrieben hatte und fragte dann, ob das Schreiben ihn etwas angehe.
„Ich könnte leicht ausweichen und Nein sagen, da Sie darin weder direkt noch indirekt erwähnt werden, aber das wäre nicht die Wahrheit. Der Brief ist an Mademoiselle Hortense, denn ich habe beschlossen, von hier fortzugehen – ich werde meine Stiefmutter und das Eisenwerk verlassen.“
„Darf ich ihn lesen?“
„Wenn Sie darauf bestehen ...“
Er nahm den Brief, der auf Französisch geschrieben war. Während er ihre Zeilen las, presste Hamilton die Lippen zusammen. Als er den Brief sinken ließ, zitterten seine Hände und ohne selbst recht zu wissen, was er tat, zerknüllte er ihn und riss ihn dann in kleine Stücke.
„Mein Brief!“, rief Isabelle und sprang auf. „Wie können Sie es wagen ...“ Dann hielt sie inne und sank schwer atmend wieder auf ihren Stuhl.
„Oh, seien Sie wütend auf mich, ich bitte darum! Sagen Sie etwas Beleidigendes, tun Sie irgendetwas – sonst kann ich nicht auf Ihre Verzeihung hoffen. Seien Sie gnädig mit mir!“
„Es war unnötig, diesen Brief in Ihrer Gegenwart zu schreiben … Ich darf mich über Ihre Reaktion nicht beklagen.“
In diesem Moment kam Madame Rosenberg in den Garten.
„Ich komme, um Sie an ein Versprechen zu erinnern, das Sie einer Dame, hoffentlich mit Zustimmung ihres Ehemannes, gegeben haben, Herr Hamilton.“
„Ich kenne keine Dame, die mich an ein Versprechen erinnern könnte, außer vielleicht Madame Berger.“
„Ganz recht. Der Doktor wird morgen nicht zuhause sein und da das Wetter so schön ist, beabsichtigt sie, einen Tag hier bei uns zu verbringen.“
„Nun ...“, sagte Hamilton.
„Nun, und Sophie und der Major lassen fragen, ob Sie sie auch in Ihrer Kutsche mitnehmen würden, wenn Sie Olivia in München abholen.“
„Aber natürlich“, antwortete Hamilton. „Und zwar früh am Morgen.“
„Früh am Morgen?“, lachte Frau Rosenberg. „Sie meinen also gegen zehn Uhr.“
„Nein, ich meine um fünf Uhr.“
„Sie tun so, als ob Sie um vier Uhr aufstehen könnten!“
„Ich kann es und ich werde es. Ich werde bei Sophie frühstücken und hoffe, um sieben München schon wieder zu verlassen – aus verschiedenen Gründen.“
„Wegen des Staubes?“
„Ja, natürlich vor allem wegen des Staubes … Wenn Madame Berger nicht so früh aufstehen will, werde ich Johann später mit dem Wagen schicken, um sie zu holen. Wobei es mir allerdings lieber wäre, wenn sie zuhause bliebe.“
„Das kann ich kaum glauben“, sagte Madame Rosenberg, „Sie haben sich doch immer bestens mit Madame Berger unterhalten. Wenn ich der Doktor wäre, würde ich ihr nicht erlauben, hierher zu kommen.“
„Das würde ich an seiner Stelle auch nicht tun“, sagte Hamilton lachend.
„Soll ich Sophie antworten?“, fragte Isabelle.
Ihre Mutter nickte und verließ den Garten. Isabelle schrieb und Hamilton lehnte wieder an der Laube und sah ihr zu.
„Warten Sie auch auf diesen Brief?“, fragte sie.
„Auf diesen weniger“, antwortete er. „Ich hoffe, dass Sie mir wenigstens glauben, dass es mir lieber wäre, wenn Olivia Berger morgen nicht hierher käme.“
Isabelle antwortete nicht, sondern kritzelte auf dem Löschpapier herum.
„Also glauben Sie mir nicht.“
„Doch, teilweise. Ich glaube, dass Olivia alles tun würde, um Sie … aber ich habe oft Ihre Selbstbeherrschung bewundert.“
„Ich muss mich bei
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