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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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ich mir nichts kaufen. Falls ich mich bei meiner Stiefmutter nicht wohl fühle, bleibt mir nur die Möglichkeit, eine Stelle als Gouvernante anzutreten, denn als solche bin ich ausgebildet worden.“
    „Denken Sie ernsthaft daran, zu unterrichten?“
    „Ich habe mir vorgenommen, irgendwann in eine andere Stadt zu gehen, vielleicht sogar in ein anderes Land. Mademoiselle Hortense, meine frühere Lehrerin, würde mir wohl eine Stelle im Elsass besorgen können, wo ihre Familie lebt; ich würde dann wahrscheinlich in Straßburg wohnen.“
    Sie schritten schweigend und in Gedanken versunken nebeneinander her, bis sie das Haus erreicht hatten.
    „Das ist der letzte Abend, an dem du meine Haushälterin bist, Isabelle“, sagte Herr Wolf, Frau Rosenbergs Vater. „Du hast deine Sache wirklich gut gemacht, ich kann mich nicht beklagen. Sie wird einmal eine gute Hausfrau abgeben, was meinen Sie, Herr Hamilton?“
    Isabelle lächelte und gab ihren Brüdern Milch und Brot, half der ungeschickten Magd, das Abendessen aufzutragen, bereitete den Salat, zerlegte das Huhn und reichte jedem mit ruhigen Bewegungen seinen Teller, so dass man nur hin und wieder das Klappern des großen Schlüsselbundes hörte, den sie am folgenden Tag an ihre Mutter abgeben würde.
     
    Madame Rosenberg nahm ohne großes Aufhebens Besitz vom Haus ihres Vaters. Sie ließ sich aber nicht davon abbringen, es in einen ordentlichen Zustand zu versetzen, und so begann nach einigen Tagen ein allgemeines Scheuern, Waschen, Putzen und Anstreichen, das Herrn Wolf für einige Tage in das Wirtshaus des Dorfes und Hamilton nach München trieb. Er fuhr ansonsten regelmäßig in die Stadt, kehrte aber stets am Abend wieder zurück. So vergingen drei Monate bis zur Jakobidult in München. Madame Rosenberg nutzte den großen Markt, um einige Besorgungen zu machen und versprach Sophie, am letzten Markttag noch einmal zu kommen und bei ihr zu Mittag zu essen. Unglücklicherweise litt sie an diesem Morgen an einer starken Migräne, so dass sie beschloss, Isabelle und Gustel allein zu schicken. Obwohl sie zunächst darauf bestand, dass sie mit der kleinen klapprigen Kutsche ihres Vaters fahren sollten, ließ sie sich schließlich von Hamilton dazu überreden, die Beiden mit ihm in seiner Kutsche reisen zu lassen.
    Sophie empfing sie mit ihrer üblichen kindlichen Begeisterung. Sie wollte auch unbedingt mit auf den Markt, denn ihr Mann hatte ihr Stoff für neue Kleider bewilligt. Sie schlenderten gemeinsam beinahe zwei Stunden zwischen den Buden umher und Hamilton folgte den Schwestern gelangweilt in einigem Abstand, in der Hand kleine Pakete mit Isabelles Einkäufen, als er plötzlich von der Seite an der Schulter gefasst und angesprochen wurde. Er drehte sich überrascht um und erkannte zwei seiner Cousins, die auf der Heimreise von Italien nach England waren und für einige Tage in München Station machten.
    „Mensch Alexander, wo hältst du dich denn versteckt? Wir waren schon an deiner angeblichen Adresse, aber dort konnte uns niemand nähere Auskunft geben, wo du steckst. Es hieß, dass deine Briefe regelmäßig abgeholt werden, was uns etwas merkwürdig vorkam, denn die Post schickt Briefe sicher auch nach Wien oder Berlin. Wolltest du nicht eigentlich im Sommer nach England zurückkehren?“
    Hamilton fühlte sich einigermaßen überrumpelt und murmelte etwas Unverbindliches.
    „Aber du wirst doch sicher den Abend mit uns verbringen?“
    In diesem Augenblick erschien sein Reitknecht und verkündete, dass die Kutsche bereit sei. Hamilton befahl ihm, bei den Buden auf der anderen Seite zu warten und antwortete dann etwas verlegen: „Den Abend mit euch verbringen? Natürlich – aber ich habe versprochen, eine Dame nach Hause zu bringen, die außerhalb von München wohnt.“
    „Ah – es geht um eine Dame?“
    „Sie macht mit ihrer Schwester ein paar Einkäufe.“
    „Dann ist das hier vielleicht ein Teil davon“, rief sein Cousin Harry und spähte in eines seiner kleinen Pakete. „Bänder und Haarnadeln! Wo ist sie?“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Hamilton gespielt gleichgültig und blickte die Budenreihe entlang.
    „Ist es nicht vielleicht das hübsche schlanke Mädchen dort drüben, das zu uns herüberblickt?“
    „Ja, erraten“, sagte Hamilton leicht verlegen. „Je eher ich sie jetzt nach Hause gebracht habe, desto schneller werde ich wieder bei euch sein.“
    Die Cousins dachten jedoch nicht daran, ihn so einfach zu entlassen, sondern

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