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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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ist.“
    „Aber vielleicht würde Wasser ihr helfen ...“
    „Hören Sie auf mit diesem Unsinn. Wir müssen sie nach oben in ihr Zimmer bringen; ihre Schwester wird sie nicht verraten und kann sich um sie kümmern.“
    Zu zweit trugen sie Sophie durch den Gang und die Treppe hinauf. Hamilton gab Zedwitz ein Zeichen, er möge leise an die Tür des Zimmers klopfen, das sich die beiden Schwestern teilten. Er klopfte jedoch vergebens, Isabelle schien tief und fest zu schlafen, und so bot Zedwitz schließlich an, hinein zu gehen und sie zu wecken. Hamilton hörte zunächst eine schläfrige und dann eine erschrockene weibliche Stimme, die Fragen stellte und schließlich sagte: „Warten Sie draußen.“
    Kurz darauf ließ Isabelle sie ein, und während Hamilton Sophie auf das Bett legte, zündete Zedwitz Licht an.
    „Sagen Sie mir endlich, was passiert ist“, sagte Isabelle eindringlich zu ihm.
    „Es war wohl meine Schuld – sie hat im Mondlicht meinen Mantel gesehen und mich für ein Gespenst gehalten“, sagte Zedwitz ausweichend.
    „Sie hat sie im Mondlicht gesehen? Wann? Wo? Ach, gehen Sie alle beide“, sagte sie heftig. „Ich muss mich um Sophie kümmern.“
    Sie verließen das Zimmer, blieben jedoch am Ende des Korridors stehen. Kurz darauf erschien Isabelle, die Zedwitz ein Zeichen gab und dann eine Weile mit ihm tuschelte, so dass Hamilton nichts verstehen konnte. Als Isabelle wieder im Zimmer verschwunden war, fragte er leise: „Und, wie geht es ihr?“
    „Besser, eigentlich ganz gut. Sie hat wohl anfangs gedacht, sie habe alles nur geträumt.“
    „Ich fürchte, Sie haben Isabelle alles Mögliche erzählt und die Sache unnötig aufgebauscht. Sie wird jetzt Gott weiß was denken.“
    „Überhaupt nicht! Aber irgendetwas musste ich ja erzählen. Haben Sie gesehen, wie hübsch sie mit dem Nachthäubchen aussah?“
    „Also, wenn Ihnen solche Häubchen gefallen, dann empfehle ich Ihnen, nach London zu gehen. Sie können dort in jeder Straße zu jeder beliebigen Stunde des Tages ein halbes Dutzend solcher Häubchen auf den Köpfen bayrischer Mädchen sehen, die den ganzen Tag rufen: 'Besen, kauft Besen!'“
    „Was erzählen Sie da? Ich glaube kaum, dass diese Mädchen aus Bayern kommen. Wahrscheinlich sind es Holländerinnen.“
    „In London nennt man sie Bavarian girls. Ich muss gestehen, dass ich nie einen Besen gekauft und nie Nachforschungen angestellt habe, woher die Mädchen eigentlich kommen.“
    „Also wissen Sie es nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Bayern ihr Heimatland nur sehr ungern verlassen, dass die meisten Mädchen nicht völlig mittellos sind und dass London sehr weit von Bayern entfernt ist, während man von Holland aus mit einem Dampfboot sehr leicht dorthin gelangt. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass es sich um Holländerinnen handelt und nicht um Bayerinnen.“
    „Wie eifrig Sie Ihre Landsmänninnen und ihre komischen Hauben verteidigen!“, rief Hamilton lachend. Sie standen mittlerweile vor seinem Zimmer und traten ein. „Also meinetwegen sind es Holländerinnen – aber hübsch sind die Häubchen nun wirklich nicht.“
    „Es kommt ganz darauf an, wer die Haube trägt“, erwiderte Zedwitz voller Überzeugung. „Isabelle sah darin bezaubernd aus.“
    „Vermutlich haben Sie recht, Zedwitz“, sagte Hamilton. „Isabelle ist selbst mit Häubchen und in Hausschuhen noch hübsch. Es ist nur schade, dass sie mitunter ein kleiner Feuer speiender Drachen ist.“
    „Ein Drachen? Wie kommen Sie denn auf so einen Unsinn?“
    „Das ist kein Unsinn. Ich rate Ihnen, sich in Acht zu nehmen, falls Sie vorhaben, ihr einen Antrag zu machen. Es könnte Ihnen sonst passieren, dass Sie Ihnen eine Ohrfeige verpasst.“
    „Eine Ohrfeige? Was reden Sie da?“
    „Angeblich hat sie den Major Stutzenbacher ins Gesicht geschlagen, als er so dreist war, ihr einen Heiratsantrag zu machen.“
    „Das denken Sie sich aus, Hamilton – Sie wollen sich einen Scherz erlauben.“
    „Keineswegs, es ist mein voller Ernst. Sophie hat es mir erzählt; sie war bei der Szene allerdings nicht dabei.“
    Zedwitz setzte sich an den Tisch, trommelte mit den Fingern darauf und sah Hamilton an, als erwarte er, mehr zu hören.
    „Vielleicht ist sie nur ein bisschen hitzig“, sagte dieser. „Man sagt ja, dass reizbare Menschen oft ausgesprochen liebenswürdig sind – sofern man sie nicht reizt.“
    „Wer hätte das gedacht“, sagte Zedwitz nachdenklich. „Mit einem solchen

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