Die Versuchung
auf dem Schoß von Graf Zedwitz unterbrachte. Hamilton genoss die zweifelhafte Auszeichnung, als Begleiter für sie reserviert zu sein. Weder Sophie noch Isabelle hatten vorher schon einmal in einem Boot gesessen und schienen sich innerlich darauf vorzubereiten, mit Mann und Maus unterzugehen. Sie landeten jedoch wohlbehalten auf der Fraueninsel, um sich das Nonnenkloster anzusehen. Während sie darauf warteten, eingelassen zu werden, wanderten sie über den Friedhof und in die Kirche. Es erschien ein großer magerer Mann in dunklem Priestergewand. Zedwitz trat auf ihn zu und fragte höflich, ob die Damen wohl einen kurzen Rundgang durch das Kloster machen dürften, obwohl sie nicht als Besucherinnen angemeldet seien. Madame Rosenberg beeilte sich, sich vorzustellen und versuchte sogar, irgendeinen Scherz anzubringen. Vielleicht lag es an dieser offensichtlichen Taktlosigkeit, dass der Priester ihre Bitte entschieden ablehnte und darauf verwies, er könne sie ohne besondere Erlaubnis des Ordinariats in München nicht einlassen. Der Besuch Fremder störe die Nonnen und verstoße gegen die Regeln des Ordens.
Sophie bemerkte leise im Gehen, dass sie froh sei, hier keine Nonne zu sein, bei einem so strengen Beichtvater.
„Sie haben doch hoffentlich keine Absichten, ins Kloster zu gehen?“, fragte der Major etwas erschrocken.
„Ich hätte gegen einen solchen Beichtvater keine Einwände“, erklärte Isabelle. „Ich finde, ein Mann in einer solchen Position muss eine imposante Erscheinung sein. Das gibt mir das Gefühl, dass er über die Schwächen der menschlichen Natur erhaben ist.“
„Welchen Unsinn du wieder redest, Isabelle!“, rief Madame Rosenberg mit affektierter Gereiztheit. „Es ist nur dein Widerspruchsgeist, der dich dazu bringt zu behaupten, dass du diesen Mann bewunderst, der so unhöflich zu uns gewesen ist.“
Isabelle ging langsamer und Zedwitz schloss sich ihr augenblicklich an.
„Sie lieben also streng aussehende Männer?“, fragte er leise.
„Ich habe gesagt, dass ich einen Beichtvater vorziehe, der etwas Imposantes hat.“
„Also nur bei einem Beichtvater? Aber als Freund, als Liebhaber oder als Ehemann – da ziehen Sie etwas ganz anderes vor?“
„Mag sein“, erwiderte sie unbeteiligt.
Hamilton, der direkt hinter ihnen ging, konnte es sich nicht verkneifen, spöttisch zu bemerken: „Vielleicht ziehen Sie es ja in Erwägung, nur aus Bewunderung für diesen strengen Mann ins Nonnenkloster zu gehen. Über Geschmack soll man nicht streiten.“
„Ich habe nicht vor, den Schleier zu nehmen, ehe Sie Mönch geworden sind“, erwiderte sie schnippisch.
„Falls ich Mönch werden sollte, dann auf keinen Fall hier. Ich würde mir einen gastlicheren Ort aussuchen. Die Unhöflichkeit Ihres Freundes mit dem strengen Gesicht ist nicht mein Fall.“
Das Klostergebäude auf der anderen Insel war sehr eindrucksvoll. Die Kirche war dagegen in ein Brauhaus verwandelt worden und nicht lange nach ihrer Entweihung niedergebrannt. Eine breite Marmortreppe führte hinauf in das obere Stockwerk. Die schönen Holzschnitzereien an einigen Türen im Refektorium erregten ihre Aufmerksamkeit.
„Das ist ein Ort, wo man mit einer angenehmen Gesellschaft gerne ein paar Wochen verbringen würde“, sagte Hamilton zu Zedwitz, als er aus einem der Fenster hinaus auf den See blickte.
„Oder allein mit Isabelle und ihrer Schwester“, antwortete Zedwitz leise.
„Wenn die hübsche Sophie nur nicht so naiv und kindlich wäre“, seufzte Hamilton.
Als sie draußen unter den Bäumen ihre Picknickkörbe auspackten, vermied Hamilton den direkten Kontakt mit Sophie. Sie versuchte daraufhin, ihn dadurch zu ärgern, dass sie Major Stutzenbacher freundliche Blicke zuwarf. Sie lachte und ermunterte ihn, ihren Brüdern Bier zu geben, wenn ihre Mutter nicht hinsah. Da die Knaben sonst nur Wasser und Milch bekamen, reichten einige Schlucke schon aus, um sie in einen leichten Rauschzustand zu versetzen. Auf dem Rückweg zum Boot sang und schrie Franz aus Leibeskräften, während sein Bruder Gustel ihn ständig knuffte. Vergebens drohte Madame Rosenberg mit Strafen. Die Brüder rauften und rangelten auch weiter, als sie bereits im Boot saßen. Gustel riss Franz die Mütze vom Kopf und warf sie ins Wasser, worauf dieser sich über den Rand des Bootes lehnte, nach seiner Mütze fischte – und über Bord ging. Die Damen schrien vor Entsetzen laut auf.
Zedwitz wurde blass und stammelte, dass er nicht schwimmen
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