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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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gern!“
    „Das wäre toll.“
    „Okay.
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, spielt John das nächste Lied. Dann das übernächste. Und dann noch eins.
    Als ich eine Stunde später wieder aufwache, spielt er noch immer für mich.
    Und ich fühle mich gar nicht mehr einsam.

 
Kapitel 6
     
    Am nächsten Morgen werde ich davon geweckt, dass jemand gegen meine Tür klopft.
    Müde ziehe ich mir die Decke über mein Gesicht, drehe mich um und beschließe, das nervige Geklopfe einfach zu ignorieren.
    „Dornröschen, aufwachen!“ Valeries hoher Sopran klingt durch die Tür seltsam verzerrt, aber ich erkenne sie trotzdem sofort. Ich weiß, dass ich nicht den Hauch einer Chance haben werde, einfach weiterzuschlafen. Widerwillig, aber umgehend schiebe ich die Bettdecke zur Seite, schlüpfe in meine Hausschuhe und schlappe, mir die Augen reibend, zur Tür.
    Mit verschränkten Armen steht Val davor und lächelt. Ihre dunklen Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihre Wangen sind rosig, ihre blauen Augen strahlen, Make-up und Kleidung sind perfekt aufeinander abgestimmt und gerade hasse ich sie.
    Wie kann man nur um diese Uhrzeit schon so aussehen und auch noch so gute Laune haben?
    „Soll ich dich mit nach Hause nehmen?“ Gut gelaunt lächelt sie mich an.
    „Komm rein“, murmle ich, nachdem ich sie noch einen Moment länger griesgrämig gemustert habe. Ich putze mir die Zähne, während Val es sich auf meinem Bett bequem macht. Nachdem sich der Geschmack in meinem Mund von verwestem Pelztier auf minzfrisch verändert hat, drehe ich das kalte Wasser an und schaufle es mir mit beiden Händen ins Gesicht. Ich habe die Hoffnung, dass meine Wangen dann wenigstens annähernd den rosa Farbton annehmen, den die von Valerie aufweisen. Ein Blick in den Spiegel verrät mir aber, dass auch das kalte Wasser heute Morgen nicht viel ausrichten kann.
    „Habe ich Zeit für eine Dusche?“ Ich habe das Gefühl, ohne diese gleich wieder einschlafen zu müssen.
    „Klar. Ich habe dreißig Minuten für dich eingeplant. Reicht dir das?“
    Nickend suche ich ein paar Sachen aus meinem Schrank, während Val ein Buch aus ihrer kleinen Reisetasche zieht, die sie wohl fürs Wochenende gepackt hat.
    Ich ziehe meinen alten, hässlichen rosa Bademantel über, den meine Oma mir zu Weihnachten geschenkt hat, als ich vierzehn war. Zu meinem Leidwesen war er zu diesem Zeitpunkt eine Nummer zu groß für mich und ich bin auch nicht mehr wirklich viel gewachsen, sodass mir das hässliche Mistding immer noch passt. Und wer gibt schon Geld für einen neuen Bademantel aus, wenn er einen passenden hat, der seinen Zweck völlig erfüllt?
    Zumindest ist er warm. Und bei warm fällt mir ein, dass unter dem Bett auch meine Häschenpantoffeln stehen müssen. Unter Vals ungläubigem Blick, der von einem Kopfschütteln begleitet wird, ziehe ich mir die Dinger an die Füße.
    „So wirst du wirklich noch das coolste Mädchen des Jahrgangs …“ Beinah angewidert betrachtet sie die süßen, rosa Häschen an meinen Füßen.
    „Zumindest werde ich so nicht das erkältetste Mädchen des Jahrgangs!“ Leicht gereizt gehe ich zur Tür und knalle sie hinter mir zu.
    Weit komme ich nicht. Denn während ich entzückt die kleinen Hasis an meinen Füßen betrachte, die bei jedem Schritt mit ihren rosa Öhrchen wackeln, schiebt sich plötzlich ein Hindernis in meinen Weg.
    Ich bin ein wenig verärgert, als mein Blick von meinen Plüschhausschuhen zu den abgewetzten Militärstiefeln meines Gegenübers wechselt. Größer könnte der Kontrast kaum sein. Mein Blick wandert weiter hinauf, zu einem Paar Jeans, einem Nietengürtel, einem schwarzen Shirt mit einem mir unbekannten Bandlogo und einer Lederjacke. Bereits bevor ich beim Kopf der Gestalt angekommen bin, die mir den Weg versperrt, merke ich, dass mein Gesicht vermutlich gerade feuerrot anläuft.
    „John … Was machst du denn hier?“ Völlig verlegen zupfe ich an meinem Bademantel herum. Wenigstens habe ich meine Zähne schon geputzt!
    Er mustert mich und lacht kurz auf.
    „Ich halte Ausschau.“
    „Wonach denn?“ Ich höre mich an wie ein erbarmungsloser Trottel.
    Grinsend streift sein Blick meine Pantoffeln.
    „Ich halte Ausschau nach kleinen Häschen.“ Nach einem Blick in mein Gesicht setzt er deutlich ernster hinzu: „Nach ziemlich heißen, um genau zu sein.“
    Einen kurzen Augenblick lang halte ich die Luft an. Dann überkommt mich ein plötzlich auftretender Anfall völlig übersteigerten

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