Die Versuchung
Entschluß, als er den Gang einlegte: Er würde LuAnn Tyler folgen.
KAPITEL 9
LuAnn hielt an einer Tankstelle und wusch sich, so gut es ging. Sie säuberte die Wunde am Kinn, nahm ein Pflaster aus Lisas Tasche und klebte es über den Schnitt. Während Lisa zufrieden an der Flasche nuckelte, kaufte LuAnn im nächsten Geschäft das Lotterielos und Salbe. Bei den zehn Ziffern, die sie wählte, brauchte sie nicht lange zu überlegen.
»Die Leute drängen sich hier rein wie ’ne verdammte Rinderherde«, sagte der Verkäufer. Er war ein Freund LuAnns und hieß Bobby.
»Was is’n da passiert?« fragte er und deutete auf das große Pflaster.
»Bin hingefallen und hab’ mich geschnitten«, erwiderte sie rasch. »Na, wie hoch ist denn der Jackpot?«
»Lockere fünfundsechzig Millionen, Tendenz steigend.« Bobbys Augen glänzten erwartungsvoll. »Ich hab’ selbst zwölf Lose gekauft. Diesmal hab’ ich ein verdammt gutes Gefühl, LuAnn. He, kennst du den Film, wo der Bulle der Kellnerin die Hälfte von seinem Lotteriegewinn schenkt? Ich sag’ dir was, LuAnn, Schätzchen, wenn ich diesen dicken Pott gewinne, geb’ ich dir die Hälfte ab. Ich schwör’s.«
»Vielen Dank, Bobby. Das ist wirklich nett. Und was muß ich für das Geld tun?«
»Na, mich heiraten – logisch.« Bobby grinste, als er ihr das Los gab, das sie gekauft hatte. »Na, wie sieht’s aus? Die Hälfte von dir, wenn du gewinnst? Und wir heiraten trotzdem.«
»Ich glaube, diesmal spiele ich allein. Außerdem habe ich keine Lust zu heiraten. Und überhaupt – bist du nicht mit Mary Anne Simmons verlobt?«
»War ich, aber nur bis vorige Woche.« Bobby musterte LuAnn mit unverkennbarer Bewunderung. »Ich sag’ dir, Duane ist dumm wie Affenscheiße.«
LuAnn stopfte das Los in die Jeanstasche. »Hast du ihn in letzter Zeit oft gesehen?«
Bobby schüttelte den Kopf. »Nee, hält sich seit neuestem ziemlich abseits. Ich hab’ gehört, daß er viel Zeit drüben in Gwinnett County verbringt. Hat da irgendwelche Geschäfte laufen oder so.«
»Was für Geschäfte?«
Bobby zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Will’s auch gar nicht wissen. Ich weiß mit meiner Zeit Besseres anzufangen, als mich um Typen wie Duane zu kümmern.«
»Hast du eine Ahnung, ob Duane zu Geld gekommen ist?«
»Hm, na ja, neulich hab’ ich gesehen, wie er mit ein paar Scheinchen gewedelt hat. Ich habe gedacht, vielleicht hat er in der Lotterie gewonnen. Wenn das stimmt, würde ich mich am liebsten auf der Stelle umbringen. Verdammt, sie sieht genauso aus wie du.« Bobby streichelte sanft Lisas Wange. »Falls du deine Meinung änderst, wegen dem Jackpot mein’ ich, und doch die Hälfte abhaben und mich heiraten willst, sag mir bald Bescheid, ja? Um sieben hab’ ich Feierabend.«
»Bis dann, Bobby.«
LuAnn wählte von einem öffentlichen Telefon wieder Jacksons Nummer. Und wieder nahm Jackson nach dem ersten Klingelzeichen ab. LuAnn gab ihm die zehn Ziffern ihres Loses durch. Sie hörte, wie am anderen Ende Papier raschelte, als Jackson die Zahlen notierte.
»Lesen Sie mir die Zahlen noch mal langsam vor«, sagte er. »Sie werden gewiß verstehen, daß wir uns jetzt keine Fehler leisten können.«
LuAnn las die Zahlen vor, und Jackson wiederholte sie sicherheitshalber noch einmal.
»Gut«, sagte er. »Sehr gut. Damit wäre der schwierige Teil erledigt. Steigen Sie in den Zug, bringen Sie die kleine Pressekonferenz hinter sich, und segeln Sie hinein in den Sonnenuntergang.«
»Ich mache mich jetzt auf den Weg zum Bahnhof.«
»An der Penn Station wird jemand Sie abholen und ins Hotel bringen.«
»Penn Station? Ich dachte, ich soll nach New York fahren?«
»So heißt der Bahnhof in New York, LuAnn«, erklärte Jackson ungeduldig. »Die Person, die Sie abholt, hat Ihre und Lisas Beschreibung.« Er machte eine Pause. »Ich nehme an, daß Sie die Kleine mitbringen.«
»Ohne Lisa mache ich keinen Schritt!«
»Das habe ich nicht gemeint, LuAnn. Selbstverständlich können Sie Lisa mitbringen. Aber ich gehe davon aus, daß Sie Duane nicht in Ihre Reisepläne miteinbezogen haben.«
LuAnn schluckte, als sie an die Blutflecken auf Duanes Hemd dachte und wie er von der Couch gefallen war und sich nicht mehr gerührt hatte. »Duane kommt nicht mit«, sagte sie.
»Ausgezeichnet«, sagte Jackson. »Ich wünsche Ihnen eine gute Reise.«
Der Bus setzte LuAnn und Lisa am Bahnhof in Atlanta ab. Nach dem Anruf bei Jackson hatte sie in der Drogerie noch die wichtigsten Sachen
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