Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
Vom Netzwerk:
für Lisa gekauft und alles in einem Beutel verstaut, den sie über der Schulter trug. Ihre zerrissene Bluse hatte sie durch eine neue ersetzt. Ein Cowboyhut und eine Sonnenbrille verdeckten ihr Gesicht. Sie hatte die Messerwunde auf der Damentoilette sorgfältig gereinigt und mit einem Pflaster verklebt. Danach fühlte sie sich viel besser. Anschließend ging sie zum Schalter, um die Fahrkarte nach New York zu kaufen. Und da beging LuAnn einen Riesenfehler.
    »Den Namen, bitte«, sagte der Mann.
    LuAnn hatte alle Hände voll zu tun, die quengelnde Lisa zu beruhigen, und antwortete daher automatisch: »LuAnn Tyler.« Kaum hatte sie es gesagt, stockte ihr der Atem. Sie blickte auf die Frau hinter dem Schalter. Diese tippte den Namen in den Computer. LuAnn konnte es nicht mehr ändern, sonst hätte sie die Frau mißtrauisch gemacht. Sie betete inständig, daß dieser Fehler ihr in der Zukunft nicht schaden möge. Die Frau empfahl den Schlafwagen De Luxe, da LuAnn mit einem Baby reiste. »Es ist noch ein Abteil frei. Sie haben es da sehr bequem, sogar eine eigene Dusche«, erklärte die Frau.
    »In Ordnung«, sagte LuAnn. Während die Fahrkarte ausgestellt wurde, holte sie unter Lisas Matratze mehrere Dollarnoten hervor, um zu bezahlen. Die Frau hinter dem Schalter zog die Brauen hoch.
    LuAnn bemerkte den skeptischen Blick, als sie sich die restlichen Scheine in die Tasche stopfte. Sie legte sich blitzschnell eine Erklärung zurecht und lächelte. »Mein Notgroschen. Aber ich hatte in letzter Zeit viel Arbeit und möchte endlich mal was anderes sehen … nach New York fahren und mir die Stadt anschauen.«
    »Na, dann wünsche ich Ihnen viel Spaß«, sagte die Frau. »Aber seien Sie vorsichtig. Sie sollten in New York nicht so viel Bargeld bei sich tragen. Mein Mann und ich haben den Fehler gemacht, als wir vor ein paar Jahren dort waren. Fünf Minuten nachdem wir den Bahnhof verlassen hatten, waren wir ausgeraubt. Ich mußte meine Mutter anrufen und sie bitten, uns Geld für die Heimfahrt zu schicken.«
    »Vielen Dank. Ich werde aufpassen.«
    Die Frau schaute LuAnn über die Schulter. »Wo ist denn Ihr Gepäck?«
    »Ach, ich nehme nie viel mit. Außerdem haben wir Familie in New York. Nochmals vielen Dank.« LuAnn drehte sich um und ging zu den Bahnsteigen.
    Die Frau blickte ihr nachdenklich hinterher. Dann zuckte sie zusammen, da ein Mann in dunkler Lederjacke plötzlich vor dem Schalter stand. Er schien aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Der Mann legte die Hände auf den Schalter.
    »New York City. Einfach, bitte«, sagte Anthony Romanello höflich und warf einen verstohlenen Blick in LuAnns Richtung. Er hatte durch die Schaufensterscheibe der Drogerie beobachtet, wie LuAnn das Lotterielos gekauft hatte. Anschließend hatte sie vom öffentlichen Fernsprecher aus telefoniert. Er hatte es nicht gewagt, sich nahe genug heranzupirschen, um das Gespräch zu belauschen. Die Tatsache, daß sie jetzt auf dem Weg nach New York war, hatte seine Neugier auf die Spitze getrieben.
    Außerdem hatte er Gründe genug, diese Gegend so schnell wie möglich zu verlassen. Obgleich sein Auftrag erledigt war, reizte es Romanello ungemein, herauszufinden, was LuAnn Tyler vorhatte und warum sie nach New York fuhr. Dabei kam ihm zustatten, daß er in New York wohnte. Vielleicht, sagte er sich, läuft die Frau bloß vor den beiden Leichen im Wohnwagen davon. Aber es konnte auch mehr dahinterstecken. Viel mehr. Er nahm die Fahrkarte und ging zu den Bahnsteigen.
    Als der Zug lärmend und mit leichter Verspätung in den Bahnhof einfuhr, stand LuAnn ein Stück von der Bahnsteigkante entfernt. Mit Hilfe des Schaffners fand sie ihr Abteil. Im Schlafwagen De Luxe mit Aussichtsfenstern gab es zwei Betten, übereinander, einen Armsessel, ein Waschbecken, eine Toilette und eine Dusche. In Anbetracht der späten Stunde bat der Schaffner LuAnn um Erlaubnis, die Betten aufzudecken. Nachdem er fertig war, schloß LuAnn die Tür ab, setzte sich in den Sessel, holte die Flasche heraus und begann Lisa zu füttern.
    Eine halbe Stunde später rollte der Zug gemächlich aus dem Bahnhof und wurde rasch schneller. Durch die beiden großen Fenster sah LuAnn die Landschaft vorübergleiten. Als Lisa die Flasche leergetrunken hatte, hielt LuAnn die Kleine an die Brust, bis sie ein Bäuerchen gemacht hatte. Danach spielte LuAnn »Backe, backe Kuchen« mit ihr und sang ihr Kinderlieder vor, in die das kleine Mädchen fröhlich krähend einstimmte. Nach einer guten

Weitere Kostenlose Bücher