Die Versuchung
er den Weg aus dem County finden würde, selbst mit Polizei-Eskorte.«
»Bitte, Mr. Jackson. Wenn Sie es so regeln könnten, wie ich gesagt habe, wäre ich Ihnen ewig dankbar. Aber wenn es zu schwierig für Sie ist, habe ich Verständnis dafür.« LuAnn hielt den Atem an und hoffte inständig, daß Jackson den Köder schluckte.
»Selbstverständlich ist es möglich«, antwortete er gereizt. »Es ist sogar einfach, wenn man die richtigen Verbindungen hat, und die habe ich. Aber ich nehme an, Sie haben sich noch nicht überlegt, wie Sie heißen möchten, oder?«
Zu Jacksons Erstaunen nannte sie sofort einen Namen, dazu noch den Ort, aus dem die fiktive Person stammte.
»Ich habe den Eindruck«, sagte er, »Sie haben schon länger mit dem Gedanken gespielt, Ihren Namen zu ändern. Ob Sie nun in der Lotterie gewinnen oder nicht, stimmt’s?«
»Sie haben Geheimnisse, Mr. Jackson. Warum nicht auch ich?«
Sie hörte ihn seufzen. »Gut, LuAnn, bisher hat zwar noch niemand eine solche Bitte geäußert, aber ich werde mich darum kümmern. Jetzt muß ich nur noch wissen, wohin Sie fahren wollen.«
»Verstehe. Darüber muß ich noch nachdenken. Ich sage es Ihnen aber sehr bald.«
»Warum mache ich mir plötzlich Sorgen, daß ich es noch bedauern werde, Sie für dieses kleine Abenteuer ausgesucht zu haben.« In seiner Stimme lag plötzlich ein Beiklang, bei dem es LuAnn kalt über den Rücken lief. »Ich werde mich nach der Ziehung mit Ihnen in Verbindung setzen und Ihnen die letzten Einzelheiten mitteilen. Das wäre fürs erste alles. Genießen Sie Ihren Besuch in New York. Falls Sie etwas brauchen, sagen Sie es …«
»Charlie.«
»Ja, Charlie, genau.« Jackson legte auf.
LuAnn ging sofort zur Minibar und machte sich eine Flasche Bier auf. Lisa wurde unruhig. LuAnn setzte sie auf den Fußboden. Dann beobachtete sie glücklich lächelnd, wie ihre Tochter im Zimmer umherkrabbelte. Erst in den letzten Tagen hatte ihr kleines Mädchen richtig gelernt, wie man krabbelte, und jetzt erforschte es mit beträchtlicher Energie die Suite. Schließlich ging auch LuAnn auf Hände und Knie und krabbelte eine halbe Stunde mit Lisa herum, bis die Kleine müde wurde und LuAnn sie schlafen legen konnte.
Anschließend ging sie ins Bad und ließ Wasser in die Wanne, während sie im Spiegel die Schnittwunde am Kinn betrachtete. Sie heilte recht gut, aber es würde wahrscheinlich eine Narbe bleiben. Es störte sie nicht; es hätte sehr viel schlimmer kommen können.
Sie holte sich noch ein Bier und stieg ins heiße Wasser, ehe sie den ersten Schluck trank. Dann dachte sie nach. Sie würde wohl noch viel Alkohol und heißes Wasser brauchen, um die nächsten Tage zu überstehen.
Punkt zwölf Uhr traf Charlie mit mehreren Einkaufstüten von Bloomingdale’s und Baby Gap ein. In der nächsten Stunde probierte LuAnn verschiedene Kleidungsstücke an, bei denen sie eine Gänsehaut bekam, so gut paßten sie zu ihr.
»Die Sachen stehen Ihnen wirklich ausgezeichnet. Ja, einfach spitze«, sagte Charlie bewundernd.
»Danke. Vielen Dank, daß Sie das alles besorgt haben. Sie haben genau die richtige Größe erwischt.«
»Kein Wunder. Sie haben die Größe und die Figur eines Models. Solche Sachen sind für Frauen wie Sie gemacht. Haben Sie schon mal daran gedacht, als Mannequin zu arbeiten?«
LuAnn zuckte mit den Schultern und zog eine cremefarbene Jacke zu einem langen schwarzen Faltenrock an. »Ab und zu, als ich jünger war.«
»Jünger? Mein Gott, Sie sind doch fast noch ein Teenager.«
»Ich bin zwanzig. Aber wenn man ein Baby hat, fühlt man sich älter.«
»Wird wohl stimmen.«
»Nein, ich bin nicht dafür gemacht, anderen Leuten schicke Klamotten vorzuführen.«
»Warum nicht?«
Sie schaute ihn an und sagte nur: »Ich mag’s nicht, wenn man mich fotografiert, und ich mag mich nicht im Spiegel anschauen.«
Charlie schüttelte nur den Kopf. »Sie sind wirklich eine seltsame junge Frau. Die meisten Frauen in Ihrem Alter und mit Ihrem Aussehen kann man nicht mal mit Gewalt vom Spiegel wegschleppen, so selbstverliebt sind sie.« Er holte eine Schachtel Zigaretten hervor. »Stört es Sie?«
LuAnn lächelte. »Machen Sie Witze? Ich arbeite in einer Fernfahrerkneipe. Da läßt man Sie ohne Zigaretten gar nicht rein. Abends sieht’s da aus, als ob es brennt.«
»Na, ab jetzt gibt es keine Fernfahrerkneipen mehr für Sie.«
»Wahrscheinlich nicht.« Sie drückte sich einen weichen Hut mit breiter Krempe aufs Haar. »Wie sehe ich
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