Die Verwandlung - Blutsbande 1
Gelegenheit dazu. Ich durfte sie nicht verpassen.
Clarence kam in mein Wohnzimmer, genau als die Uhr zum fünften Mal schlug. Er hatte einen nüchternen Gesichtsausdruck, als er mich den Flur entlangführte. Wir standen vor der großen Flügeltür und warteten, bis sie von innen geöffnet wurde.
Cyrus’ Räume waren viel größer als meine. Der Salon strotzte vor Fresken mit Engeln, die aus einem sonnigen Himmel herablächelten. Sie bildeten einen starken Kontrast zu den weißen Marmorstatuen, die nackte Frauen in den Fängen von Dämonen darstellten und rechts und links vom Kamin standen. Cyrus saß mitten im Zimmer an einem kleinen Tisch. Es gab tatsächlich keine Leichen, so wie er versprochen hatte. Zwei Champagnerflöten und eine große Karaffe mit Blut standen vor ihm. Als ich hereinkam, stand er auf.
„Schau dich an.“ Seine Augen strahlten vor echter Wertschätzung. „Jedes Mal, wenn ich dich ansehe, wirst du hübscher.“
„Du siehst auch ziemlich gut aus.“ Es war kein hohles Kompliment, obwohl nun wirklich alles besser gewesen wäre als sein Piratenkostüm zuvor. Er trug ein schlichtes schwarzes Oberhemd mit Button-down-Kragen und eine schwarze Hose. Seine Haare hatte er zu einem Zopf gebunden. Er sah erstaunlich modern aus und es war schwer vorzustellen, dass er der Mann sein sollte, der mein Leben zerstört hatte.
Vielleicht war es genau das, was ich zu tun hatte. Das Schlechte verdrängen, um überhaupt leben zu können. Aber das hatte ich schon mein ganzes Leben lang gemacht.
Ich räusperte mich. „Ich freue mich zu sehen, dass die Lederhosen nicht noch einmal in Erscheinung treten.“
Meine Bemerkung nahm er offensichtlich persönlich. „Entschuldige bitte? Leder ist sehr modisch.“
„Das war 1997.“ Ich setzte mich auf den Stuhl, den Clarence für mich hervorzog. Ich nahm meine Serviette und legte sie auf den Schoß. „Und ich muss dir ehrlich sagen, diese ganze ‚Satan besucht Versailles-Show‘ finde ich nicht wirklich ansprechend.“ Er ignorierte mich und schenkte mir ein Glas Blut ein. Es sprudelte ein wenig im Kelch.
„Lass mich raten, Gift?“ Ich wusste es natürlich besser und nahm einen kleinen Schluck. Die Flüssigkeit rann langsam meine Kehle hinab, und ich genoss den süßen Geschmack.
„Champagner. Stell dir einfach vor, es sei eine Bloody Mary.“ Er lachte über seinen Scherz, bevor er fortfuhr. „Ich dachte, wir hätten heute Abend einen Grund zum Feiern?“ Er schenkte sich ein und nahm einen großen Schluck.
Ich sah ihn eindringlich an. „Und was genau feiern wir?“
Ein gehässiges Lächeln huschte ihm über die Lippen. „Deinen Sündenfall.“
„Moment mal, mein Lieber, bisher habe ich noch nichts verbrochen.“ In der Vergangenheit hatte ich gelernt, dass er versuchen würde, mich zu verführen, um das Monster in mir anzusprechen. Ich wusste außerdem, dass ich mittlerweile viel anfälliger dafür war als früher. Aber das brauchte er nicht zu wissen. Auf der anderen Seite – wahrscheinlich wusste er es bereits sowieso.
Cyrus nahm noch einen Schluck, ohne mich aus den Augen zu lassen. „Ich mag dein Kleid wirklich. Du solltest es öfter tragen.“
„Ich weiß nicht recht.“ Ich strich über den seidigen Stoff. „Wenn es sich ergibt, vielleicht. Es ist nicht wirklich etwas, was ich im Haus tragen würde.“
„Warum nicht?“
Ich lachte, erst dann stellte ich fest, dass er seine Frage ernst meinte. „Nun, ich hätte das Gefühl, ich sei unpassend angezogen.“
„Niemand würde etwas sagen.“ Er hielt das Champagnerglas mit den Fingerspitzen, als er sich im Stuhl zurücklehnte. „Es passt zu deinem Status.“
Das nahm ich ihm übel. „Mein Status. Weil du gesagt hast, du könntest mich zu einer Königin machen?“
„Ich kann dich nicht zu einer Königin machen, das war ein bisschen gelogen. Eher zu einer Prinzessin.“ Das sagte er ohne eine Spur von Humor. „Du hast Das Sanguinarius gelesen?“
„Nur die Hälfte. Mein Buch verbrannte zusammen mit meiner Wohnung.“
„Wie schade. Also, wenn ich dir den Namen Jakob Seymour nenne, dann sagt er dir nichts?“ Cyrus betrachtete mein Gesicht eingehend, als wolle er sich nicht die kleinste Reaktion entgehen lassen.
Damit konnte ich nicht dienen. „Keine Ahnung, wirklich nicht. Warum, ist er wichtig?“
„Ja, das könnte man so sagen. Er war mein Vater.“
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, also wartete ich einfach, bis er weitersprach.
„Mein Vater hatte zu Lebzeiten
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