Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
Partnerin. Da heute immer mehr Verwöhnte mit ihrem ausgesprochenen »Ja« zum gemeinsamen Lebensweg unausgesprochen substanzielle Glückserwartungen an den anderen richten, wird so ein Scheitern geradezu provoziert. Hier scheint Ehe mit der Ticketbuchung einer Traumreise verwechselt zu werden, wo im aktiven und gut abgestimmten Zusammenspiel von Reisebüro, Fluggesellschaft, Hotel und Fremdenführer wirklich etwas Tolles erwartet werden kann. Im Gegensatz zur Schule sind hier Abschauen und Kopieren erlaubt: Lernwilligen Paaren eröffnen sich ebenfalls durch ein aktives und gut abgestimmtes Zusammenspiel die tollsten Perspektiven für ein harmonisches und dauerhaftes Zusammenleben. 91
Wer sich also der Verwöhnung hingibt, verhindert partnerschaftliche Zuwendung und echte Hingabe. Die »Lust will Ewigkeit, will tiefe Ewigkeit«, schrieb Nietzsche. 92 Sie kann nicht ertrotzt, erbettelt, gekauft oder vertraglich geregelt werden. In und mit Lust kann sich Lust dann entfalten, wenn sie kraftvoll und verantwortungsbewusst miteinander entfacht wird. Somit ist eine ›Selbstherausforderung aus Lust‹ in der Kombination mit ›zeitlich befristetem Verzicht‹ der Schlüssel gereifter Menschen zur Erlangung genussvoller Lust.
Konsequenzen für das Zusammenleben in einer Konsumgesellschaft
»Müßiggang ist aller Laster Anfang«, so der Volksmund. Die übermächtigen Römer wurden, als der Gaumenkitzel einen höheren Stellenwert als die Verteidigungsbereitschaft erhielt, so stark in die Defensive gedrängt, dass sie schließlich den Kürzeren zogen. Andere, fleißigere, kraftvollere und ideenreichere Völker bzw. Länder haben dem ehemals weltweit anerkannten Signum ›Made in Germany‹ schon einen kräftigen Wertverlust beschert. Eine Gesellschaft von Verwöhnlingen hat letztlich keine Zukunft und wird unter menschlich-sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zugrunde gehen. Ob im großen Sozialsystem, in einer Nachbarschaft oder in der Familie: ›Nehmen, ohne zu geben‹ verhindert Zukunft.
Echte Sozialpolitik fördert durch eine kombinierte Wirkung mentaler, rechtlicher, ökonomischer, ökologischer und pädagogischer Maßnahmen. Sie vollzieht sich in den Schritten Klimaverbesserung, Ressourcenausbau, Stabilisierungshilfen und in Krisenzeiten durch adäquate Interventionen personeller und materieller Art. Damit würden originäre Hilfen gegeben, um mit sich und anderen förderlicher zusammenzuleben. Gleichzeitig könnten reichlich Abwehrkräfte gegen verwöhnende Versuchungen mobilisiert werden. Auf die Arbeitswelt bezogen forderte vor einigen Jahren eine Autorengemeinschaft: Gebt uns das Risiko zurück – Strategien für mehr Arbeit.
Ein kritischer Blick auf unser Sozialsystem offenbart: Sozialpolitik droht immer mehr zur Mittelverteilung für finanzschwache Menschen zu verkommen. Sie hat jedoch den Auftrag, Menschen zu befähigen, möglichst eigenständig und verantwortlich in Familie, Beruf, Freizeit und Gemeinwesen leben zu können. Denn solange unterschiedlichste Notsignale in den entsprechenden Dienststuben einen warmen Geldsegen auslösen, kann dies zu einem kontraproduktiven Reaktionsmuster führen.
In der Stadt Neuss wurde die Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen vor etlichen Jahren an folgende Bedingungen geknüpft: Die Antragsteller mussten für zwei Wochen jeweils werktäglich beim Arbeitsamt und einer Zeitarbeitsfirma nachfragen, ob eine kurz- oder längerfristige Beschäftigung möglich sei. Erst bei einem entsprechenden Nachweis wurde der Antrag bearbeitet. Die nach einem Jahr erfolgte Zwischenbilanz offenbarte, dass die Anträge auf Sozialhilfe um knapp 30 Prozent zurückgegangen waren. Entweder hatten die Betroffenen eine Arbeit gefunden oder der Aufwand des Suchens war zu groß.
Die normale Abfolge bei Arbeitslosigkeit ist: persönliche Not > Unterstützung durch den Staat > Geld. Damit wird indirekt die Botschaft vermittelt, dass z. B. mit finanzieller Hilfe Arbeitslosigkeit behebbar wäre. Problemlösend kann aber nur sein, die konkreten Gründe für den Verlust des Arbeitsplatzes zu analysieren, um dann entsprechende Abhilfeschritte einzuleiten. Läge der Grund in zu häufigem Krankfeiern, müsste hier angesetzt werden. Würde sich herausstellen, dass bestimmte fachliche Fähigkeiten nicht reichen, wären Qualifikationsmaßnahmen notwendig. Hat ein unguter Umgang zwischen den Kollegen, ein zu gering ausgeprägtes Sozialverhalten zur Kündigung geführt, sind wiederum an dere Schritte
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