Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
Verwöhnung eröffnet neue Horizonte, ob als Erfolg oder Zufriedenheit!
❯ Bei allem gilt: ›Den Schlaf der Trägheit weckt der Schmerz!‹ Wir bewegen uns meist dann in eine neue oder bisher zu meiden gesuchte Richtung, wenn das bisherige Verhalten richtig wehtut.
Wie erfolgreich Ihre Bemühungen auf dem Weg zu einer eigenständigeren – und damit weniger verwöhnten – Persönlichkeit sind, kann der folgende Selbsttest verdeutlichen; konkret geht es um eine Mini-Sprachanalyse:
Verwöhnte Zeitgenossen scheuen Selbstverantwortung ›wie der Teufel das Weihwasser‹. In Äußerungen wie »Es hat leider nicht geklappt!« – »Vom Grundsatz könnte es vielleicht möglich sein!« wird keinesfalls eigene Verantwortung oder Beteiligung zum Ausdruck gebracht. Verwöhnte schaffen es meisterlich, Probleme als von außen gesetzte Ereignisse darzustellen. Damit wird impliziert, dass es für sie auch nichts zu ändern gibt. Irgendeine Macht hat ›es‹ zu vertreten. So wird der Boden dafür bereitet, dass möglichst keine Handlungsaufforderung entsteht. »Es ist halt hinzunehmen!«
Die Sprache Nicht-Verwöhnter grenzt sich deutlich davon ab: »Ja, weil ich die Zeit aus dem Auge verlor, bin ich zu spät gekommen!« – »Ich werde meinen mir möglichen Anteil einbringen, um das Vorhaben zu realisieren!« So drückt sich Selbst- bzw. Mitverantwortung für Zurückliegendes oder Kommendes aus.
Eine weitere Praxishilfe bezieht sich auf eine Selbsteinschätzung zum eigenen Erziehungsverhalten. Hier drei Schlüsselfragen:
❯ Ahnden Sie jedes Fehlverhalten gleichermaßen sofort und unnachgiebig nach dem Grundsatz ›Wehret den Anfängen!‹?
❯ Schauen Sie großzügig über Fehlverhalten hinweg, frei nach der Devise ›Es soll Spaß machen, wir waren ja auch mal jung!‹?
❯ Versuchen Sie sich erst ein Bild über Ursachen und Zusammenhänge zu machen und ziehen Sie dann die sinnvollen bzw. notwendigen Konsequenzen?
Bewegen Sie sich vornehmlich in der ersten Kategorie, zeigen Sie ›Hardliner-Verhalten‹. Im zweiten Fall orientieren Sie sich an einer ›Weich-Ei-Mentalität‹. In beiden Fällen – ob Verbot oder Nachgiebigkeit – liegt die Ursache im Angstbereich. Der dritte Erziehertyp erhält durch seine eigene klare Positionierung die Souveränität zur Umsetzung angemessener Reaktionen, ob bestätigend oder ablehnend.
Falls das Ergebnis Ihrer Selbsteinschätzung große Zufriedenheit auslösen sollte, werden Sie womöglich einer Selbsttäuschung erlegen sein. Für solche Fälle empfehle ich sicherheitshalber: Bitten Sie die Ihnen Anvertrauten in einer passenden Situation um echte Rückmeldung oder befragen Sie Partner und Freunde.
Strategien zur Verwöhn-Entwöhnung
Entwöhnung basiert auf Einsicht, benötigt Geduld und braucht klare Regeln. Je länger oder intensiver Verwöhnung praktiziert wurde, desto umfangreicher muss der Kurswechsel geplant werden. Da befinden sich Kleinkinder dauernd auf dem Arm, erhalten eine Sonderstellung bei Krankheiten, werden beim Zähnekriegen ins Elternbett geholt, zeigen Protesttränen im Kindergarten, frönen später einem ungeregelten Fernsehkonsum oder erfahren eine zu große Selbstüberlassung im Jugendalter. Konflikte ergeben sich schneller, als uns lieb ist. Ebenso schnell werden aber auch in diesen Situationen vielfältige Fehlentwicklungen eingeleitet.
Orientierten sich die bisher in diesem Buch zusammengetragenen Gedanken und Anregungen in erster Linie an dem Ziel, möglichst keine verwöhnenden Rahmenbedingungen zu schaffen bzw. zuzulassen, so sollen nun einige Hilfestellungen zum Einlegen des ›Rückwärtsganges‹ angeboten werden. So wie es technisch nicht möglich ist, von ›volle Kraft voraus‹ sofort ebenso kraftvoll in die Gegenrichtung zu schalten, so können auch eingefahrene Verwöhn-Gleise nicht von jetzt auf gleich verlassen werden. Besonders sind vor dieser Wende die eigenen Kräfte und Vorgehensweisen genau unter die Lupe zu nehmen, da das Einleiten von Veränderungen angemessene Erfolgsaussichten haben sollte. Hier nun einige Detailstrategien zum Kurswechsel:
Ein wichtiger Schritt besteht darin, den jeweiligen Entscheidungsraum zwischen ›Ja‹ und ›Nein‹ in den Blick zu nehmen. Wenn keine Anhaltspunkte für erkennbare Störungen existieren, liegt der Handlungsspielraum bei schreienden Kleinkindern beispielsweise zwischen Selbstüberlassung und sofortigem Hochnehmen. Dazwischen läge aber: keinesfalls sofort hingehen; nach einiger Zeit
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