Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
Überreaktionen‹, weil so verlorenes Partnerglück zu kompensieren oder zu sichern gesucht wird. Fehlende Geschwister und nur begrenzt vorhandene Eltern machen andere Sparringspartner erforderlich. Fehlen diese, kann auch kein soziales Verhalten wachsen, ob es dabei um Rücksicht, Einfühlungsvermögen, Akzeptanz oder die Fähigkeit zur Konfliktlösung geht. Besonders Einzelkinder und Erstgeborene brauchen Gleichaltrige, um nicht dauernd im Zentrum des Interesses von Erwachsenen zu stehen. Auch Jüngste haben mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil sie häufig doppelt beeinträchtigt groß werden. Einerseits leiden sie unter der Vormachtstellung der Älteren, bis hin zur Entwicklung von Minderwertigkeitsgefühlen, andererseits nehmen ihnen häufig die Großen – meist nett gemeint – viele Aufgaben und Herausforderungen ab.
Ob länger allein lebende Erste, Einzige oder Letzte, alle sind durch ihre Sondersituation gefährdet, in einer Mischung aus Entmutigung und übergroßem Ehrgeiz Verhaltensstörungen zu produzieren. Kindergruppen, Sportverbände, Jugendeinrichtungen und die Unterstützung von Freundschaften mit Gleichaltrigen erhalten daher eine wichtige Ausgleichsfunktion in der Mischung von elterlicher ›Überversorgung‹ und ›Kontaktmangel‹ mit Gleichaltrigen.
Wer Konsequenzen oder Strafen verkündet, sie aber nicht Wirklichkeit werden lässt, drückt damit eigene Angst aus. Meistens hat das damit zu tun, die angedrohten Folgen selbst nicht ertragen zu können. Entweder wird ein Entzug an Zuwendung oder eine Eskalation der Situation befürchtet. Auch könnte die selbstgefällige Eitelkeit eine Trübung erfahren. Neben dieser Erziehungsunfähigkeit wird an Kinder oder Jugendliche aber auch ganz subtil die Botschaft gerichtet, ihnen keine Veränderungskraft zuzutrauen. Je intensiver das Geschimpfe, je höher die Androhung, desto mehr beherrschen Angst und Vermeidung die Situation. Übrigens: Ärger macht’s ärger!
Ein mehrfaches Praktizieren dessen führt dazu, häufig in der Kombination mit überzogenem Lamentieren, nicht mehr ernst genommen zu werden. »Dann tanzen die Mäuse unter der Käseglocke«, so ein Vater. Der Praxistipp einer Kollegin für solche Fälle: »Überlege, was du jetzt sagst, denn das musst du auch tun!« Die eigentliche erzieherische Herausforderung besteht jedoch nicht in der Abwehr von Ungutem, sondern in einer Konzentration der Kräfte auf das Sinnvolle.
Dass es gar nicht so schwer sein muss, sinnvoll zu handeln, wird durch das folgende Beispiel deutlich: »Ich weiß nicht, wie ich mit dem dauernden Herumweinen und Plärren meiner Kinder umgehen soll. Nehme ich z. B. unsere Britta dauernd hoch, kommt sie nicht zur Ruhe, ignoriere ich die Situation, finde ich keine Ruhe.« Eine Mutter von drei Töchtern antwortete am Rande eines Gartenfestes darauf: »Früher, als unsere Kinder noch klein waren und irgendwie zu schreien anfingen, stellte ich mir immer drei Fragen: Ist das Kind satt? Hat es frische Windeln? Kann dem Kind sonst was fehlen? Gab es daraufhin keinen Anlass zum Handeln, dann ließ ich das Kind normalerweise schreien. Diese Leitfragen hatte ich von einer Frau übernommen, die ihre Kinder schon größer hatte. Und bis heute prägt dieser Grundsatz im übertragenen Sinne mein Verhalten, selbst wenn unsere Älteste mit ihren 16 Jahren herummosert.«
Abschließend einige praktische Konsequenzen zur Erziehung:
Selbsterziehung ist die Grundlage für jegliche Erziehung; Selbst- und Partnerkontrolle der sicherste Weg zur Vermeidung von Fehlern.
Wer etwas für Kinder tut, was diese selbst tun könnten oder lernen sollten, schadet ihnen zeitlebens.
Kinder sind mit ihren Problemen so ernst zu nehmen, wie wir dies bei uns auch möchten. Ernst nehmen heißt aber nicht, automatisch das Gewollte zuzulassen.
Erziehung erfordert Zuneigung und Verständnis bei gleichzeitiger Festigkeit und Standhaftigkeit.
Vor bestimmten Situationen lassen sich besser Regeln aufstellen als anschließend, z. B. bei der Anschaffung von Computerspielen, in Bezug zur Fernsehnutzung und Zimmerordnung oder bei der Frage, wie die Urlaubsreise durchgeführt werden soll.
Das Verschieben oder Ignorieren anstehender Konflikte führt in der Regel zu ihrer Verschärfung.
Die größte Freiheit und Ich-Stärke erwachsen aus erfolgreich durchlebten Herausforderungen.
Grundlegendste Voraussetzung für ein stabiles Kinder-Selbst ist ein stabiles Eltern-Selbst.
Pflegen Sie den Kontakt zu Ihren Kindern so
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