Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit
einzuleiten. Geschieht dies aber nicht und findet gleichzeitig eine finanzielle Absicherung aus staatlichen Mitteln ohne Gegenleistung statt, wird Verwöhnung praktiziert.
Je länger dies andauert, desto mehr werden eventuell anfänglich vorhandene Anstrengungen zur Verbesserung der Voraussetzungen für einen neuen Arbeitsplatz ausgeblendet. Gleichzeitig wird sich das Denken in Anspruchskategorien rasant entwickeln. In der meist genervt zum Ausdruck gebrachten Aussage »Ich habe zig Bewerbungen losgeschickt und immer noch keine Stelle erhalten« entlarft sich diese Verhaltensweise. Selten bis nie ist zu hören: »Mir ist klar geworden, woran es lag, dass nicht meinem Kollegen, sondern mir gekündigt wurde. Zwischenzeitlich habe ich kräftig an meinen Defiziten gearbeitet, sodass ich mich bald wieder – hoffentlich erfolgreich – bewerben kann.«
Es wird zu selten aufgegriffen oder verstanden: Arbeitslosigkeit hat mannigfache Ursachen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland innerhalb globaler Verflechtungen, die momentane Konjunktur, das wirtschaftspolitische Klima, viele Faktoren kommen da zusammen. Die Arbeitslosigkeit des Einzelnen hat daneben aber in der Regel auch ganz persönliche Ursachen. Denn die meisten anderen Menschen haben – von Ausnahmen abgesehen – nicht nur zufällig ihren Arbeitsplatz behalten. Anders sieht es natürlich aus, wenn Entlassungen die Folge von Konkursen oder der Auflösung von Unternehmensbereichen sind.
Werden solche Gedanken aufgegriffen, hätte dies eine drastische Reduzierung von Programmen zur bloßen Finanzumverteilung zur Folge, um so nicht vorschnell Geld von Leistenden an manchen Nicht-Leistungsbereiten zu geben. »Das soziale Netz ist keine Hängematte, sondern eher ein Trampolin«, so brachte es unlängst ein Sozialpolitiker auf den Punkt. Es soll auffangen, auf die Beine helfen und nicht zum Dauerverweilen einladen.
In Großbritannien kündigte die Regierung vor etlichen Jahren ein Programm gegen Sozialbetrug an. Niemand hätte ein »Recht mehr auf bedingungslose Sozialhilfe«, wurde landauf, landab verkündet. »Die Kultur des Nehmens aber Nicht-Gebens« müsste aufhören. Wer sich nicht um Arbeit bemühte, erhielt auch keine Unterstützung mehr. Hauptzielgruppe waren die vielen Alleinerziehenden, wovon 60 Prozent staatlich unterstützt wurden. Tendenz steigend. Abhilfe kann folgender Ansatz schaffen: Wer zum Gesprächstermin bei der staatlichen Jobvermittlung nicht erscheint, erhält kein Geld.
In den USA wurden die Rahmenbedingungen schon vor vielen Jahren einschneidend verändert. Drei Jahre nach der Sozialhilfereform durch Präsident Clinton im Jahre 1996 hatte sich die Zahl der Sozialhilfeempfänger fast halbiert. Die Eckdaten: Es gab höchstens für zwei Jahre am Stück finanzielle Unterstützung durch den Staat, auf die Lebenszeit insgesamt bezogen fünf Jahre. Der Protest der Gegner war deutlich, die positiven Folgen waren überdeutlich. Damit dieses System funktionieren konnte, haben Behörden und Betriebe viele neue Arbeitsplätze geschaffen. In New York beispielsweise wurden diese Kräfte in der Abfallbeseitigung sowie zur Säuberung von U-Bahnen und Parks eingesetzt. Eine Befragung in Massachusetts ergab, dass es 86 Prozent der Betroffenen ein Jahr nach dem Ende der staatlichen Fürsorge gleich oder besser ging als zuvor. 93
Ein solcher Prozess orientiert sich an dem Axiom, dass vor einem Anspruch gegenüber einer Gemeinschaft die Pflicht kommt, sich in diese – je nach Begabung und Art unterschiedlich – entsprechend einzubringen. »Es ist Zeit, von den Pflichten zu sprechen!«, so der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt in der ZEIT . »Statt weiterhin über die Menschenrechte zu streiten, sollen die Völker sich über die Pflichten der Menschen verständigen.« 94 Die Sozialpolitik muss eine Wende einleiten, da die immer größer werdende Zahl verwöhnter Abzapfer das für Notfälle geschaffene Versorgungssystem zusammenbrechen lässt. Es muss wieder neu ins Bewusstsein rücken, dass es eine Grundpflicht des Menschen ist, für sich selbst zu sorgen. »Wir haben uns jahrzehntelang an eine fatale Vollkasko-Mentalität gewöhnt. Das kann unser Sozialsystem nicht mehr schaffen«, so der frühere deutsche Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Der Ausweg heißt schlicht: ›Besinne dich auf deine Kräfte, schaffe es selbst!‹
Das Leben ist kein ruhiger Fluss, stattdessen ist mit Stromschnellen, Untiefen oder Hochwasser zu rechnen. Besonders
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