Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
es Ihnen denn etwas aus, meine Neugierde zu befriedigen?«
Diane wollte ihn unbedingt ablenken. Bisher hatte er bewiesen, dass ersich gerne reden hörte, aber das würde nicht ewig so bleiben.
»Everett Littleton war ein selbsternannter Richter mit einem Hang zu möglichst komplizierten Bestrafungsmethoden. Als wir in Georgia ankamen, schlug er uns einen vor den Latz, flößte uns irgendwelche Drogen ein, bis wir praktisch Zombies waren, und pferchte uns dann wie Sardinen auf dem Rücksitz seines Lastwagens zusammen. Er koppelte den Anhänger ab und fuhr mit seinem kleinen Lastwagen in den Wald. Als Erstes knüpfte er dann alle diese Schlingen an die Äste. Scheiße, dieser Typ hatte einen Schlag – alle diese vielen Stricke! Es schien ihm Spaß zu machen, Knoten zu knüpfen. Er ging dabei immer ganz methodisch vor.«
In diesem Moment gelangten sie zum »Hier gibt es Drachen«-Weg. Neva bog dort ein und schaute auf ihren Kompass.
»Was machen Sie da?« Er zog an der Kompassschnur, die sie um den Hals trug.
»Ich bestimme mit dem Kompass unsere Position. Sie wollen doch auch hier raus, oder? Ich tue das schon die ganze Zeit, seit wir vorhin aufgebrochen sind.«
Er ließ die Schnur los. »Warum Ihnen das hier Spaß macht, ist mir völlig unerfindlich.«
LaSalle redete weiter. Er hatte die Richtungsänderung nicht bemerkt. Sie hatte das auch nicht erwartet. Alle diese Gänge sahen für ihn wahrscheinlich gleich aus.
»Everett holte sein erstes Opfer aus dem Wagen und erklärte ihm, warum er es jetzt hinrichten werde«, setzte LaSalle seine Erzählung fort. »Dann schnitt er ihm die Fingerspitzen ab und hievte es mit einer Winde in die Höhe. Die ganze Zeit schrie es dabei wie ein wildes Tier. Während es schreiend und um sich tretend in der Luft hin- und herschwang, kletterte er auf das Führerhaus seines Lkw und legte ihm die Schlinge um den Hals. Dann band er das Seil los, mit dem er es hochgezogen hatte, so dass sein erstes Opfer jetzt endgültig an seinem Hals baumelte. Danach sagte der kranke Bastard ein Gebet auf. Dann kamen die beiden anderen Kids dran. Jeder von ihnen musste zuschauen, was er dem, der direkt vor ihm exekutiert wurde, antat. Mittlerweile war ich längst wieder nüchtern und bei Sinnen. Es war mir gelungen, mit einer Feile, die ich auf dem Rücksitz gefunden hatte, die Fesseln durchzuschneiden. Während er mit dem dritten Opfer beschäftigt war, sprang ich aus dem Wagen und rannte in den Wald. Er suchte wohl noch lange nach mir, aber ich fand die Straße und lief auf ihr, so schnell ich konnte, weg von diesem schrecklichen Hinrichtungsort. Ich knackte ein Auto, das vor einem der ersten Häuser stand, an denen ich vorbeikam, und fuhr damit in die Stadt. Aber ich konnte mich dann später für all das revanchieren, als ich diesem Hurensohn die Kehle durchschnitt.«
Diane suchte nach einem Ort, an dem sie im Vorteil sein würde. Sie würde nur diese einzige Chance bekommen, und deshalb musste alles klappen. Sie musste ihn überrumpeln. Wenn sie versagte, würde er sie und die anderen töten. Ihr war klar, dass er sie niemals gehen lassen würde. Wenn er seine Diamanten hatte, würde er sie umbringen und dann hierher zurückkehren und die anderen ermorden. Aber sie musste den richtigen Platz finden.
Dieser Gang sah ganz anders als die bisherigen aus. Er war größer, und auf dem Boden lagen mehr herabgestürzte Gesteinsbrocken. Die hydrologischen Prozesse, die diesen Gang hatten entstehen lassen, waren wohl andere gewesen. Auch der Gangquerschnitt war völlig anders. Würde er das bemerken? Diane versuchte, ihn noch weiter in ein Gespräch zu verwickeln.
»Und was geschah mit Steven Mayberry?«
»Der Bastard wäre fast davongekommen. Auch er hatte versucht, mir meine Diamanten vorzuenthalten. Irgendwann einmal werden ihn wohl ein paar Jäger finden.«
»Wie haben Sie eigentlich von Steven Mayberry und Chris Edwards erfahren?«
»Da war auch Glück dabei. Ich sah zufällig im Fernsehen, wie sie interviewt wurden. Ich wusste, dass Everett den Beutel mit den restlichen Diamanten irgendwo in den Wald geworfen hatte. Ich ging dorthin zurück, um nach ihm zu suchen, aber er war verschwunden. Ich dachte mir, dass diese Jungs ihn vielleicht gefunden haben könnten. Und dann habe ich diese Möglichkeit mit ihnen diskutiert …«
Plötzlich blieb LaSalle stehen und richtete seine Taschenlampe auf die Wände und die Decke des Ganges.
»Wollen Sie mich ablenken? Ich erkenne diesen Ort nicht
Weitere Kostenlose Bücher