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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Geld, und ganz gewiss hat sie ihn nicht deswegen umgebracht.«
    »Ganz meine Meinung. Eins allerdings ist doch vielleicht von Interesse : Ellerbee hat in seinem Letzten Willen verfügt, dass denjenigen Patienten, die ihm noch Honorare schuldeten, diese Schulden erlassen werden sollten. Offenbar hat er unwillige Zahler behandelt, mag sein auch solche, die überhaupt nichts zahlten. Durch sein Testament sind die alle Sorgen los. Das finde ich sehr anständig von ihm.«
    »Anständig schon«, sagte Delaney nachdenklich, »aber ist es nicht auch etwas ungewöhnlich?«
    »Finde ich nicht. Alle Welt ist sich darin einig, dass Ellerbee ein sehr großzügiger Mensch war. Und von einer außerordentlichen Hilfsbereitschaft. Da scheint mir der Schuldenerlass durchaus ins Bild zu passen.«
    »Tja, so betrachtet schon …, auf alle Fälle bedanke ich mich bei Ihnen herzlich, Parnell. Sie waren uns eine große Hilfe, und Suarez wird von mir entsprechend unterrichtet.«
    »So was kann nicht schaden.« Damit legte Parnell auf.
    Delaney stierte seine Notizen an, seufzte und langte wieder nach seinem ›Rätselheft‹. Unter D. fügte er an: Weshalb hat Ellerbee seinen Patienten noch ausstehende Honorarforderungen erlassen?
    Dies getan, stapfte er umdüstert in die Küche in der Hoffnung, hier die Zutaten zu einem voluminösen Sandwich zu finden, mit dem er sich trösten wollte.
    Auch Estrella dachte ans Essen. Seit seine Frau im Hospital lag, führte er ein Junggesellendasein und fand das alles andere als angenehm. Erstens missfiel ihm, dass er allein war, und zweitens hatte er, was Küche und Haushalt anging, zwei linke Hände.
    Da kam ihm ein, wie er meinte, genialer Einfall: Er rief bei Sylvia Otherton an und fragte, ob sie nicht am Freitagabend mit ihm zusammen essen wolle; schüchtern schlug er vor, er werde beim Chinesen für sie beide einkaufen, und Sylvia solle nichts weiter tun, als Tee zu bereiten. Sylvia war begeistert.
    Estrella besorgte Frühlingsrollen, Rippchen, Nudeln, Wontonsuppe, Krabben, gebratenen Reis, süßsaures Schweinefleisch, Gebäck und Pistazieneis, alles in appetitlichen Behältern, dazu auch noch Plastikbestecke und Papierservietten.
    Zusammen mit dem von Sylvia bereiteten Tee war das ein richtiges Picknick, was da auf dem niedrigen Tisch vor dem Sofa aufgebaut wurde, und beide fanden, für einen Wintertag sei das gerade das richtige Essen. Als Untermalung gab es Schneeflocken vor dem Fenster, und der Wind rüttelte an den Jalousien.
    Estrella unterließ nicht, ausdrücklich anzumerken, wie vorteilhaft Sylvia aussehe, denn sie hatte sich tatsächlich große Mühe gegeben. Ihr Haar lag frischgewaschen in kleidsamen Wellen ums Gesicht, von dem früher exzessiven Make-up war nur noch eine Spur geblieben, und statt einem ihrer abenteuerlichen Gewänder trug sie ein schlichtes Hemdblusenkleid.
    Wichtiger war noch, dass ihr Auftreten sich gründlich verändert hatte. Es zeugte jetzt von Selbstvertrauen, sie wirkte ganz entspannt, lachte viel, und überdies war sie, wie sie erzählte, nachmittags zwei Stunden durch die Geschäfte gebummelt und hatte eingekauft, was seit dem Tod von Ellerbee nicht mehr vorgekommen war.
    »Sehen Sie«, sagte Estrella, »Sie können schon, wenn Sie nur wollen. Sie sollten täglich einen Bummel machen, und wäre es nur ein kurzer Spaziergang.«
    »Das beabsichtige ich auch. Ich nehme ab jetzt mein Leben selber in die Hand, und dass ich das kann, verdanke ich Ihnen.«
    »Ach wo. Ich habe doch gar nichts dazu getan.«
    »Sie haben Anteilnahme gezeigt. Und Sie ahnen nicht, wie wichtig das für mich gewesen ist.«
    Sie verzehrten alles, was er mitgebracht hatte, und räumten die leeren Behälter weg. Sylvia erkundigte sich nach dem Befinden von Estrellas Frau, und er sagte, die Ärzte hätten keine Hoffnung mehr, doch sei Meg guter Dinge und spreche von ihrer baldigen Entlassung.
    »Dabei glaube ich, dass sie es sehr wohl besser weiß und sich nur so munter gib, um es mir nicht allzu schwer zu machen«, sagte er düster.
    »Sie muss eine wunderbare Frau sein.«
    »Ja, das ist sie.«
    Und ehe er recht merkte, wie es dazu kam, erzählte er von sich, von seiner Ehe, von dem Kind, das an Leukämie gestorben war, und er schloss damit, dass er sagte, er könne sich nicht vorstellen, für den Rest seines Lebens allein zu bleiben.
    Während des Erzählens wurde ihm klar, wie einsam er all die Zeit gewesen war, seit seine Frau im Hospital lag, und wie er sich danach gesehnt hatte, sich

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