Die vierte Todsuende
Symington, der ihm an einem Tischchen im Dorian Gray gegenübersaß und dessen Knie sich intim an den seinen rieben.
Symington hatte eine Flasche Frascati auffahren lassen, die im Eiskübel serviert wurde. Dem Detektiv war das nur recht. Symington würde gewiss zahlen. Das immerhin musste man zu seinen Gunsten anführen; Geizig war er nicht.
»Ich habe einen fürchterlichen Tag hinter mir«, klagte Symington. »Einfach grauenhaft. Ein angenehmer Tropfen dies, finden Sie nicht, Ross? Also einfach eine Krise nach der anderen. Habe ich Ihnen erzählt, dass ich in der Wall Street arbeite? Nun, der Markt brach heute total zusammen. Was machen Sie eigentlich beruflich, Ross?«
»Import-Export«, log Konigsbacher, ohne zu zögern, er war auf eine solche Frage nämlich vorbereitet gewesen. »Plastik und Lederimitate. Sehr öde.«
»Kann ich mir vorstellen. Kaufen Sie gelegentlich Aktien?«
»Leider nein.«
»Nun, sollten Sie jemals Lust bekommen, am Aktienmarkt zu spekulieren, lassen Sie es mich vorher wissen. Es könnte sein, dass ich einen Tipp für Sie habe.«
»Mache ich. Nur, meine Frau quengelt unentwegt, sie will einen neuen Pelzmantel haben, und da werde ich wohl in absehbarer Zeit weder in Aktien noch in sonst was spekulieren können.«
»Zu schade, Ross. Frauen können einem manchmal wirklich auf die Nerven gehen. Machen Sie immer noch morgens Ihre Gymnastik?«
»Ganz recht. Mit Hanteln.«
»Das klingt ja geradezu aufregend. Was macht denn Ihre Frau währenddessen?«
»Die schnarcht.«
»Wie langweilig! Lassen Sie mich noch nachschenken. Der geht einem glatt runter, nicht wahr?«
»War übrigens die Polizei noch mal bei Ihnen? Wegen Ellerbee?«
»Nein, niemand. Doch ich glaube, ich glaube, die schnüffeln mir gründlich nach. Aber mögen sie — ich habe nichts zu verbergen.«
»Hoffentlich haben Sie für die Tatzeit ein gutes Alibi.«
»Das beste«, prahlte Symington, »ich war auf einer sehr feinen Veranstaltung im Hilton. Meine Firma gab einen Geburtstagsempfang für den Firmengründer, und da haben mich ein Dutzend Leute gesehen.«
»Aber Sie waren doch bestimmt nicht den ganzen Abend da? Auf einer so langweiligen Veranstaltung? Da gähnt man sich doch zu Tode, Vince. Haben Sie sich nicht zwischendurch mal verdrückt und irgendwo ein Gläschen gekippt?«
»Sie haben wirklich ein helles Köpfchen, Ross«, bewunderte ihn Symington. »Es stimmt schon, zwischendurch habe ich mich ein bisschen verabsentiert. Das ewige Gerede über Geschäfte geht mir ja sooo auf die Nerven. Ich flüchtete mich in eine ach so übel beleumdete Bar nahe der 8. Avenue. ›Zum Hengst‹ heißt sie. Wie finden Sie das, hihi? Da geht es hoch her, aber ich hab nur zugesehen. Still im Eckchen gesessen und mein Mineralwasser geschluckt. Aber was man da zu sehen kriegt… Sie und ich, wir müssen unbedingt mal hingehen. Soviel schwarzes Leder auf einen Haufen habe ich noch nie gesehen.«
»Haben Sie interessante Bekanntschaften gemacht?« fragte der Detektiv wie nebenbei.
»Tja, wenn Sie es unbedingt wissen müssen…« Symington drehte das Weinglas zwischen zwei Fingern und fuhr neckisch fort: »Das war ein ganz, ganz reizender Junge, dem habe ich was spendiert - ausgerechnet einen Bananenbrandy, denken Sie nur! —, und wir haben uns recht angenehm unterhalten. Nick nannte er sich. Hatte eine grauenhafte Artikulation, will aber unbedingt Schauspieler werden. Ich erwähnte Hamlet, aber das sagte ihm nichts. Dennoch, ein unterhaltsames Stündchen. Danach ging ich wieder ins Hilton, und dort hatte mich bestimmt niemand vermisst.«
»Na, ich kann nur hoffen, dass Sie nicht gerade zur Tatzeit unterwegs waren, Vince. Ganz blöde sind die Polypen nämlich nicht. Die werden schon herausbekommen, dass Sie nicht die ganze Zeit im Hilton waren, und dann geben sie keine Ruhe mehr.«
Symington war sichtlich verstört. »Halten Sie das wirklich für möglich? Wenn ich es mir überlege, war ich tatsächlich zwischen neun und zehn unterwegs, aber das kann doch unmöglich herauskommen?«
»Ich weiß nicht«, versetzte Konigsbacher düster, »die haben so ihre Methoden.«
»Um Himmels willen? Was soll ich denn da machen? Soll ich mich vielleicht bei den beiden Beamten melden, die mich befragt haben, und ihnen beichten, dass ich was verschwiegen habe? Das würde doch beweisen, dass ich nichts verbergen will.«
»Das täte ich auf keinen Fall«, sagte Konigsbacher hastig. »Nur nicht dran rühren. Einfach so tun, als wäre nichts. Und
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