Die vierte Todsuende
Samstag, bestellte Delaney telefonisch Boone und Jason für 11 Uhr zu sich nach Hause. Als sie eintrafen, hatte er alles Material bereitgelegt, das seiner Meinung nach geeignet war, auf Diane Ellerbee als Täterin hinzudeuten. Er präsentierte es ihnen in etwa der gleichen Art, wie er es seiner Frau schon präsentiert hatte. Am Schluss sagte er: »Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir beweisen können, dass sie am Freitagnachmittag wie behauptet nach Brewster gefahren oder nicht gefahren ist. Es sei denn, es meldet sich ein Augenzeuge, doch das ist sehr unwahrscheinlich. Gehen wir aber mal davon aus, dass sie die Gelegenheit hatte, die Tat auszuführen. Dann müssen wir noch ihr Motiv kennen und die Methode.«
»Das Motiv dürfte klar sein, Sir. Ich habe mehr als ein Dutzend Mordfälle aufgeklärt, in denen eine abgeschobene Ehefrau die Täterin war «, sagte Boone.
»Ich weiß, Sergeant, das kommt ja alle Tage vor. Nur ist hier noch was anderes im Spiel. Wenn Sie mir mal einen Moment zuhören wollen, auch wenn es klingt wie eine Abschweifung? Also, wir haben hier eine außergewöhnlich schöne junge Frau, die alles genießt, was schönen jungen Frauen geboten wird. Nun schreibt sie sich bei Ellerbee als Hörerin ein. Er erkennt ihre Möglichkeiten und sagt ihr rundheraus: Wenn sie nicht anfängt, ihren Kopf zu benutzen, bleibt sie ihr Lebtag nichts weiter als ein schönes Standbild. Anders ausgedrückt, er gibt ihr zu verstehen, dass ihre Schönheit allein nichts wert ist, es ist eben nur ein glücklicher Zufall, dass sie schön geboren wurde. Ihre Schönheit beeindruckt ihn nicht, sagt er, beeindrucken tut ihn ihr Verstand, und er macht ihr klar, dass ihr Leben nur erfüllt sein kann, wen sie den gebraucht. Können Sie mir folgen?«
»Er will was aus ihr machen, das hatten wir ja unlängst schon, Sir.«
»Genau. Er setzt ihr auseinander, dass Schönheit etwas ist, das an der Oberfläche haftet. Sie sieht das ein, wird eine glückliche Ehefrau und außerdem eine anerkannte Kapazität auf ihrem Gebiet. Dann, plötzlich, erfährt sie, dass er anderen Frauen schöne Augen macht — achten Sie auf meine Worte: Er macht einer anderen Frau schöne Augen.«
»Deshalb hat sie ihm die zerschlagen, Sir?« fragte Boone.
»Es kann gar nicht anders sein. Er betrog sie nicht nur, er machte rückwirkend alles zunichte, was er ihr ehedem gesagt hatte. Und deshalb hat sie ihn geblendet, als er tot war. Das hieß übersetzt: Du Lumpenhund wirst jetzt nie mehr eine Frau ansehen, die schöner ist als ich.«
»Die muss doch verrückt sein«, staunte Jason.
»Kann sein, sie war nicht zurechnungsfähig, als sie das getan hat, aber sie ist dann sehr schnell wieder zu sich gekommen und hat ihre Spuren verwischt wie Einstein. Und uns hat sie mühelos an der Nase herumgeführt, die rachedurstige Witwe gespielt, die Polizei auf Trab gebracht, uns in jeder Weise demonstrativ geholfen. Das war alles wohlüberlegt, Schritt um Schritt geplant.«
»Das werden wir ihr nie anhängen können«, meinte Boone. »Was haben wir denn schon in der Hand?«
»Nichts als Indizien«, gab Delaney zu, »und reichlich dünne noch dazu. Die müssen wir ein bisschen anfuttern. Zu diesem Zweck macht ihr folgendes, und ihr könnt die Arbeit unter euch aufteilen, wie ihr wollt: Zunächst der Hammer. Stellt fest, ob in Ellerbees hiesiger Garage auch Reparaturen ausgeführt werden und, falls ja, ob den Leuten da in den vergangenen drei Monaten oder so ein Treibhammer abhanden gekommen ist. Falls dabei nichts herauskommt, sucht in Brewster nach der Werkstatt, in der Ellerbees den Jeep warten lassen, den sie da draußen haben, und fragt ebenfalls, ob ein Treibhammer fehlt. Ich selber will noch ein oder zwei Dinge aufklären, und wir können heute Abend um neun hier zusammenkommen und prüfen, wo wir stehen. Boone, Sie sehen so skeptisch drein - glauben Sie nicht, dass die Witwe die Mörderin ist?«
»O doch, nachdem ich gehört habe, was die kleine Yesell zu sagen hat, steht die Witwe für mich ganz oben auf der Liste der Verdächtigen. Bloß sehe ich nicht, wie wir sie überführen können.«
»Jason?«
»Ich glaube ebenfalls, dass sie es gewesen ist, aber wie der Sergeant schon gesagt hat: Ihr das zu beweisen, das wird schwerfallen.«
»Warten wir ab«, entgegnete Delaney unerschüttert. »Warten wir ab.«
Als die beiden abgezogen waren, ging er in die Küche. Die Frauen waren beim Einkaufen und wollten anschließend das Weihnachtsspektakel in Radio
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