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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Kopf, und damit verebbte die Welle der Raubüberfälle. Es stellte sich dann heraus, dass der Halbstarke Koks schnupfte und die Verbrechen verübte, um sich Geld zu beschaffen. Der Koks kostete ihn täglich 500 Dollar. Wichtig war noch, dass seine Pistole Kaliber 22 hatte und dass er sie nicht hätte abfeuern können, ohne sich selbst zu verletzen, denn der Lauf war total verrostet.
    Delaney und Pierce waren also genötigt, den Mord im Tante-Emma-Laden neuerlich zu untersuchen. Nachdem Erkundigungen ergeben hatten, dass der Mann der Erschossenen einen Waffenschein besaß, der auf eine 38er lautete, nahmen sie ihn ins Gebet, und er legte denn auch gleich ein Geständnis ab.
    »Sie hat dauernd an mir herumgenörgelt«, erklärte er seine Tat.
    Genau dies war es, was Delaney meinte, als er sich ermahnte, das Augenfällige nicht zu übersehen. Er und Pierce hätten damals sofort feststellen müssen, ob der Ladenbesitzer eine Waffe besaß. Es konnte niemals schaden, die einfachsten Sachverhalte gleich anfangs zu klären. Es war verkehrt anzunehmen, Verbrecher seien gewitzt -die meisten sind dumm.
    Doch alles Grübeln brachte ihn nicht weiter: er konnte und konnte nicht erkennen, dass er im Fall Ellerbee irgendetwas übersehen hatte. Es sah doch ganz so aus, als läge der Schlüssel zur Lösung des Falles im Charakter des Opfers und in dessen Beziehung zu seinen Patienten verborgen.
    Weiteres Grübeln bescherte ihm die Einsicht, zugeben zu müssen, gegen Leute voreingenommen zu sein, die mit ihren emotionellen Schwierigkeiten nicht fertig wurden. Er selbst würde, davon war er überzeugt, als Betroffener niemals fremde Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Nach dem Tod seiner ersten Frau, Barbara, war er lange Zeit schwer depressiv gewesen, doch hatte er sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen.
    Eine andere Sache schien ihm, im Fall organischer Beschwerden Hilfe zu suchen. Plagte ihn ein Virus, schmerzte die Leber, wollte eine Blessur nicht heilen, schon war er auf dem Weg zum Arzt. Warum also verachtete er Leute, die Schäden ihres Innenlebens von einem Fachmann heilen lassen wollten?
    Weil, so gestand er sich ein, sein Vorurteil nicht zuletzt auch aus Angst entstanden war. Seelenklempner befassten sich mit Dingen, die nicht zu sehen waren. Das war etwas Geheimnisvolles, Furchterregendes. Wie wenn man sein Hirn einem Zauberer ausliefern würde. Es war Delaney aber klar, dass, wollte er den Fall Ellerbee aufklären, behutsamerer Umgang mit eben jenen Kunden von Zauberern geboten war.
    Er ging zeitig aus dem Haus, ein Fußmarsch zur Residenz Ellerbee schien angebracht. Der Tag war grau, der Himmel wie mit Elefantenhaut bezogen. Es roch nach Schnee, und ein heftiger Nordwestwind nötigte ihn mehrmals, den Hut festzuhalten.
    Auf der 1. Avenue betrat er, einer Eingebung folgend, eine Werkzeughandlung. Zum Glück waren die Verkäufer beschäftigt, und er konnte ungestört in den Regalen nach einem Treibhammer suchen. Er nahm einen zur Hand, schwang ihn versuchsweise. Wie viele Werkzeuge eigneten sich nicht als Waffen? Was war wohl zuerst dagewesen? Er neigte zu der Annahme, Werkzeuge hätten sich aus Waffen entwickelt.
    Schlug man mit ausreichender Kraft zu, konnte das runde Ende des Hammerkopfes durchaus eine Schädeldecke durchschlagen. Da gab es keinen Zweifel. Nicht nur ein Mann konnte leicht einen solchen Schlag ausführen, das konnte ebenso gut eine kräftige, entschlossene Frau. Er legte den Hammer wieder ins Regal. Dieser Versuch hatte ihn nicht weitergebracht, um keinen Millimeter.
    Boone erwartete ihn auf dem Bürgersteig gegenüber Ellerbees Haus. Er hatte sich ganz in seinen Parka verkrochen, die Hände tief in den Taschen.
    »Ein elender Wind, mir fallen bald die Ohren ab«, klagte er.
    »Und mir die Füße«, bestätigte Delaney. »Typisches Polizistenleiden. Als erstes wollen die Füße nicht mehr. Haben Sie mit Suarez gesprochen?«
    »Telefoniert, Sir. Er hatte offenbar eine Menge um die Ohren.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Er war ausgesprochen höflich und geduldig. Ich soll Sie grüßen. Er hat sich ausdrücklich bedankt.«
    »Und was ist mit Parnell?«
    »Den setzt er gleich an Ellerbees Finanzen. Ich glaube, es ist ihm etwas peinlich, dass er nicht selber auf die Idee gekommen ist.«
    Delaney starrte gedankenverloren über die Fahrbahn. »Er hat wohl auch ohnedies alle Hände voll zu tun. Ist das das Haus da drüben?«
    »Ja, Sir, das graue.«
    »Kleiner, als ich vermutet hatte. Na, sehen wir uns mal etwas

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