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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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wenn er das Gefühl hatte, einem Patienten nicht wirklich helfen zu können. Er steckte sich sehr hohe Ziele, und wenn er meinte, sie nicht erreichen zu können, bedrückte ihn das.«
    »Ist Ihnen aufgefallen, ob er sich verändert hatte — sagen wir im letzten halben Jahr oder so?«
    »Verändert? Wie meinen Sie das?«
    »Nun, in seinem Verhalten, seinem Gebaren. Merkte man ihm vielleicht an, dass er Sorgen hatte, verhielt er sich wie jemand, der sich bedroht fühlt, in Lebensgefahr vielleicht?«
    Sie überlegte. »Nein«, sagte sie dann, »eine derartige Veränderung ist mir nicht aufgefallen. Auch keine andere.«
    »Etwas anderes, Mrs. Ellerbee«, fuhr Boone fort, »im Moment gehen wir daran, die Patienten Ihres Mannes zu überprüfen. Es gibt da einen Kompromiss, der zwischen der Behörde und Dr. Samuelson ausgehandelt wurde. Ich nehme an, Sie wissen darüber Bescheid?«
    »Julie, Doktor Samuelson, hat mir davon erzählt.«
    »Halten Sie es für möglich, dass der Täter einer von den Patienten Ihres Mannes war?«
    »Ja, das ist möglich.«
    »Sind Sie selber jemals von Patienten angegriffen worden?«
    »Gelegentlich.«
    »Und wie verhalten Sie sich dann?«
    »Vergessen Sie nicht, meine Patienten sind fast nur Kinder«, lächelte sie leicht. »Immerhin ist meine erste Reaktion, mich zu wehren. Und ich bin ziemlich kräftig. Auf keinen Fall lasse ich mich herumkommandieren und schon gar nicht körperlich misshandeln.«
    »Sie schlagen also zurück?«
    »Richtig. Und Sie glauben gar nicht, wir wirkungsvoll das ist.«
    »Haben Sie und Ihr Mann, wenn sie miteinander allein waren, oft Geschäftliches besprochen?«
    »Geschäftliches?« Ihr Lächeln wurde jetzt breiter und machte sie sehr anziehend. »Wenn Sie unter ›Geschäftliches‹ Berufliches verstehen, treffen Sie es. Das geschah dauernd. Er befragte mich um meine Reaktionen zu seinen Fällen und um meinen Rat, und umgekehrt tat ich das gleiche. Sie dürfen nicht vergessen, Sergeant, in unserem Beruf kann man nicht Schlag vier die Kelle aus der Hand legen und an nichts mehr denken.«
    »Ich frage aus einem bestimmten Grund. Ihr Mann hatte sehr viele Patienten, selbst wenn man mal diejenigen außer Acht lässt, die zuletzt nicht mehr in Behandlung waren. Alle zu überprüfen, ist eine zeitraubende Arbeit, und deshalb hoffen wir, Sie können uns einiges davon abnehmen, indem Sie aus unserer Liste diejenigen heraussuchen, die Sie für gewalttätig halten. Aber das können Sie eben nur, wenn Ihr Mann Ihnen davon erzählt hat. Deshalb habe ich gefragt.«
    Sie starrte beide Männer wortlos an und spielte mit ihrem Kugelschreiber. Endlich sagte sie: »Ich weiß nicht recht. Da ist die ärztliche Ethik betroffen. Ich weiß einfach nicht, wie weit ich gehen darf. Ich kann Ihnen darauf im Moment nicht antworten, ich muss mich erst beraten, in erster Linie mit Dr. Samuelson. Wenn ich meinem Impuls folgen dürfte, würde ich sagen: Nur los, ich will alles tun, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, aber ich darf mich nicht davon leiten lassen. Ich sage Ihnen in ein paar Tagen Bescheid.«
    »Je eher, desto besser, Madam.« Bonne warf Delaney einen verstohlenen Blick zu, womit er anzeigte, dass er fertig war. Delaney war sehr zufrieden mit ihm; jetzt rutschte er in seinem Sessel nach vorn, legte die Hände auf die Oberschenkel und fasste Mrs. Ellerbee ins Auge.
    »Ich möchte Ihnen eine persönliche Frage stellen, Madam, über die Sie sich womöglich ärgern werden, es muss aber sein. War Ihr Mann Ihnen treu?«
    Sie schleuderte den Kugelschreiber weg, straffte den Rücken, und ihre Kiefermuskeln traten vor. Die himmelblauen Augen verdunkelten sich, und sie stierte Delaney wütend an.
    »Mein Mann«, sagte sie dann laut, »war mir treu, vom ersten bis zum letzten Tag unserer Ehe. Ich weiß sehr wohl, dass man sagt, die Ehefrau erfahre immer erst als letzte von den Fehltritten ihres Mannes, aber ich versichere Ihnen, ich weiß, dass mein Mann mir treu war. Unsere Ehe war etwas, was wir beide gehütet haben, sie war glücklich. Ich war Simon treu und er mir.«
    »Kinder habe Sie nicht?«
    Sie verzog den Mund — war das Schmerz oder Ekel?
    »Sie streuen kräftig Salz in die Wunde, nicht wahr? Nein. Kinder haben wir nicht. Ich kann keine bekommen. Wird diese Auskunft es Ihnen leichter machen, den Mörder meines Mannes zu finden?«
    Delaney stand auf, und Boone beeilte sich, es ihm gleichzutun.
    »Ich möchte Ihnen für Ihre Hilfsbereitschaft danken, Mrs. Ellerbee«, sagte er. »Ob

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